Jahrelang wurde der Elefant Suk Sarin in einem Tempel in Sri Lanka misshandelt und gequält. Einst ein Geschenk für die Inselnation, hat ihn die thailändische Regierung in einer beispiellosen Aktion zurück in die Heimat geholt. Aber ist das wirklich das Happy End?
Der Elefant gilt in vielen Teilen Asiens als heilig und wird von Buddhisten religiös verehrt. Aber nicht nur das: Die großen Rüsseltiere haben auch oft politische Bedeutung. Staaten in diesen Regionen schenken sich die Dickhäuter oftmals gegenseitig als vierbeinigen "Goodwill Ambassador". Eine Geste, die das gute und freundschaftliche Verhältnis zwischen zwei Ländern signalisieren soll. Natürlich wird aber erwartet, dass das beschenkte Land die symbolträchtigen Tiere auch gut behandelt.
Ein solcher vierbeiniger "Botschafter des guten Willens" ist auch der mächtige Elefant Sak Surin. Sein Name bedeutet "zu Ehren der Provinz Surin". Denn dort, im Osten Thailands an der Grenze zu Kambodscha, hat der Elefant vor 29 Jahren das Licht der Welt erblickt. 2001 kam der Dickhäuter dann als Geschenk nach Ceylon, dem heutigen Sri Lanka. Hier bekam er den Namen "Muthu Raja" (Perle des Königs).
Seine prächtigen Stoßzähne sind wie die für den Buddhismus typischen Almosenschale geformt. Die Regierung von Sri Lanka stellte Sak Surin daher in die Obhut eines Tempels, der ihn bei religiösen Umzügen einsetzte und Reliquien von Buddha tragen ließ.
Elefant Sak Surin misshandelt und gequält
Doch der wunderschöne Elefant wurde in dem Tempel schwerst misshandelt und grausam gequält. Zum Glück entdeckte die Tierschutzorganisation "Rally for Animal Rights and Environment" (RARE) vor drei Jahren den großen Dickhäuter und machte die Thailändische Regierung auf dessen katastrophalen Zustand aufmerksam. Diese startete daraufhin eine beispiellose Rückholaktion für den gequälten Dickhäuter.
Als die Tierschutzorganisation "RARE" Sak Surin zum ersten Mal entdeckte, waren die Tierschützer entsetzt über den desaströsen Zustand des Dickhäuters. Er litt untere mehreren Abszessen und tiefen Wunden an seinem Körper. Außerdem hatte er Narben von jahrelangen Einstichen des Bullenhakens. Dennoch musste er während der stundenlangen religiösen Prozessionen Stachelketten tragen und ohne Ruhepausen arbeiten. An Vollmondtagen musste Sak Surin in der Sonne stehen und die Menschen gegen Geld segnen.
Tierschützer erkennen Leid des Elefanten
Auch außerhalb seiner religiösen Einsatze kam der große Elefant nicht zur Ruhe. Entweder musste er tonnenschwere Lasten ziehen oder Touristen durch die Gegend tragen. Durch die Misshandlungen und Schläge seine Mahouts (Elefantenführer) ist das linke Vorderbein dauerhaft versteift. Weder gab es genug Futter und Wasser noch eine tierärztliche Versorgung.
"RARE" macht sowohl den obersten Mönch als auch den Mahout für den schlimmen Zustand des großen Rüsseltiers verantwortlich. "Diese Männer hätten Schande über das Land gebracht und müssten für das, was sie einem fühlenden Wesen angetan haben, vor ein Gericht gestellt werden", so die Tierschutzorganisation.
Bereits 2020 hatte "RARE" die Wildtierbehörde von Sri Lanka über die katastrophalen Lebensumstände von Suk Sarin informiert. Diese hatte aber nicht reagiert – denn das sei nicht der Zuständigkeitsbereich der Behörde.
Also wanden sich die Tierschützer an die thailändischen Behörden. Denn in kaum einem anderen Land werden die majestätischen Rüsseltiere so sehr verehrt wie in diesem Land. Die grauen Riesen sind sogar das Nationalsymbol des Königreichs.
Thailand lässt Sak Surin heimfliegen
Ohne zu zögern, stellte die Regierung in Bangkok für die Rückführung ein Sonderbudget in Höhe von 20 Millionen Baht – circa 517.000 Euro – bereit. Mit einem eigens gecharterten Fracht-Flugzeug sollte der Elefant nach Monaten der Vorbereitung dann von Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, nach Chiang Mai im Norden Thailands geflogen werden.
Im November 2022 schließlich kam Sak Surin aus dem Tempel in den Dehiwala Zoo in die Hauptstadt von Sri Lanka. Ein Team von Veterinären und Mahouts flog von Thailand nach Colombo, um bei der Erstversorgung zu helfen und um den Dickhäuter auf die komplizierte Reise vorzubereiten. Denn einen vier Tonnen schweren, verwundeten Elefanten in ein anderes Land zu bringen, ist im wahrsten Sinnes des Wortes eine schwere Aufgabe.
Aber zuerst durfte Sak Surin erleben, was es heißt, ohne Ketten im Wasser zu plantschen, Gras anstatt Beton und Asphalt unter den Sohlen zu spüren und ein Leben in Würde, in Respekt und in Fürsorge zu führen. Zum ersten Mal in seit seiner Ankunft in Sri Lanka vor über zwanzig Jahren.
Als Nächstes musste der große Elefant lernen, in eine eigens für ihn angefertigte, sieben Meter lange Transportbox zu steigen und dort über mehrere Stunden ruhig stehenzubleiben. Die Transportbox musste mithilfe eines Krans und Seilen in die Höhe gehievt werden – auch dafür waren mehrere Proben vonnöten. Denn ein weiteres Trauma durfte Sak Surin nicht erleiden.
Sak Surins große Reise
Nach fast acht Monaten der Vorbereitung und des Trainings wurde es dann ernst. Ein letztes Mal schritt das majestätische Rüsseltier mit einem Mahout auf seinem Rücken langsam durch den Zoo und stieg dann folgsam in seine Transportbox ein. Nach drei-stündiger Fahrt zum Flughafen von Colombo hievte man die tonnenschwere Transportbox in das bereitstehende Fracht-Flugzeug. Begleitet von einem Expertenteam der thailändischen Behörde für Nationalparks und Wildtiere, zwei Veterinärmedizinern und vier Elefantenführern trat das majestätische Rüsseltier schließlich seine große Reise in die Heimat an. Am 2. Juli um 7.05 Uhr hob das Flugzeug ab.
"Du fliegst nicht nur für Deine Freiheit, Du fliegst für die Freiheit aller in Gefangenschaft gehaltener Elefanten in Sri Lanka", jubelten Tierschützer in den sozialen Netzwerken.
Darf Sak Surin jetzt in Frieden leben?
Ist das jetzt das große Happy End? Zurzeit herrscht Unklarheit darüber, ob der gequälte Elefant zurück nach Sri Lanka muss. Die Rücknahme eines Geschenkes wirkt sich das immer negativ auf das Verhältnis der beiden jeweiligen Staaten aus. Aus diesem Grund hat Sri Lanka auch den Elefanten Kaavan – bekannt als einsamster Elefant der Welt –, den die Regierung einst Pakistan geschenkt hatte, nicht mehr zurückhaben wollen – obwohl dieser Elefant in einem pakistanischen Zoo erwiesenermaßen leiden musste.
Doch für den Premierminister von Sri Lanka ist die Sache klar, seine Regierung hat sich offiziell für die Misshandlungen entschuldigt, daher soll Sak Surin wieder zurück nach Sri Lanka. Jedoch hat Thailands Botschaft in Colombo dazu noch keine Aussage getroffen. Selbst wenn Thailand aus diplomatischen Gründen entscheiden würde, dass Sak Surin zurückmuss: Wer soll dann den Transport bezahlen? Das hochverschuldete Sri Lanka hat extreme Geldsorgen und rutschte im vergangenen Jahr in die schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.
Derzeit leben noch etwa zehn von Thailand als "Goodwill Ambassador" verschenkte Elefanten in anderen Ländern. Zwei von ihnen sind noch in Sri Lanka, sie sollen aber in einer guten Verfassung sein. Nach Protesten von Tierschützern hat die thailändische Regierung Schenkungen dieser Art mittlerweile eingestellt.
Hoffnung für gequälten Elefanten
Für Sak Surin sind diese diplomatischen Unstimmigkeiten vorerst nicht wichtig. Nach der 30-tägigen Quarantäne und eingehender medizinischer Behandlung findet der gequälte Dickhäuter sein neues Zuhause im 70 Kilometer von Chiang Mai entfernten "Thai Elephant Conservation Center". In diesem speziellen Schutzzentrum für Elefanten wird sich Sak Surin nicht nur von den Strapazen seiner Reise erholen können.
Mithilfe einer speziellen Hydrotherapie hoffen die Veterinärmediziner, das verletzte linke Vorderbein nachhaltig kurieren zu können. Und für die Genesung der Psyche des gequälten Tieres wird die artgerechte Haltung zusammen mit vielen weiteren Rüsseltieren sorgen. Zum ersten Mal nach über 20 Jahren darf der majestätische Elefant dann endlich ein Leben in Frieden und mit Würde und Respekt führen. Ganz so, wie es die Lehre Buddhas vorsieht. © Deine Tierwelt
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