Eigentlich hat sie einen Bio-Bauernhof – und ein Herz für Pferde. Genauer: für Ponys. Jetzt will Kathy Rocholl noch mehr: Die 40-Jährige will eine ganz seltene Ponyrasse retten. pferde.de sprach mit ihr über Umwege und einen Traum, den sie leben kann.

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Schon als Kind wusste Kathy ganz genau, was sie wollte. Und was sie liebte: Tiere! "Mein Opa schob mich im Kinderwagen immer an Pferdewiesen vorbei. Da muss ich mir das Pferde-Virus geholte haben", erzählt sie lachend. Und so stand bereits im Kindergarten für sie fest: Ich werde später Bauer! "Meine Oma musste mir zum Karneval ein Kostüm nähen, damit ich als Bäuerin mit Apfelkorb gehen konnte."

Doch um ihr Ziel zu erreichen, musste sie einen kleinen Umweg nehmen. "Ich wollte eigentlich Pferdewirtin werden. Aber mein Vater meinte: Lern‘ was Vernünftiges", sagt Kathy Rocholl. "Also habe ich eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin gemacht und dazu eine Ausbildung als Waldorferzieherin." Aber ohne Pferde wollte sie nicht leben. "Ich habe mit Nebenjobs Geld gespart und so konnte ich mir vor 20 Jahren mein erstes eigenes Pferd kaufen."

Mit besonderen Kindern arbeiten – und mit Pferden

Zwei Jahre arbeitete Kathy Rocholl als Erzieherin. "Dann war mir klar: Ich möchte mit besonderen Kindern arbeiten – und mit Pferden! Also habe ich die nächste Ausbildung staatlich anerkannten Motopädin und zur Hippopädagogin gemacht." Sie zog ins Bergische Land, lernte ihren Mann Sven (41) kennen und lieben. "2014 konnten wir dann unseren Hof pachten – und haben es auch relativ spontan gemacht. Dort habe ich mit einer Reitanlage angefangen."

Kathy ist gelernte Motopädin und Hippopädagogin.
Kathy ist gelernte Motopädin und Hippopädagogin. © Foto: Dirk Tubesing

Dann erfuhr das Paar, dass ihr Hof eine landwirtschaftliche Hofstelle ist "und eigentlich auch so geführt werden muss." Und so wurde aus der Reitanlage ein landwirtschaftlicher Betrieb. "Wir hatten zum Einzug Mini-Schweine und Mini-Schafe geschenkt bekommen. Nun kamen noch ‚richtige‘ Schweine dazu. Seitdem ist mein Mann auf dem Feld und dem Trecker."

Corona: Viel Zeit für neue Pläne

Ein Erlebnis bringt die nächste Idee: "Wir hatten Stadtkinder bei uns zu Besuche. Die riefen ganz begeistert ‚Oh, da sind Schweine‘ – und standen vor den Schafen. Da wurde mir klar: Sie haben kaum noch einen Bezug zu Tieren und Natur. Und das wollte ich ändern. Also entwickelten wir ein Konzept für Bauernhoferlebnispädagogik."

Kaum fertig, kam Corona. "Dadurch waren wir lange fast komplett zu", erzählt Kathy Rocholl. "Wir hatten viel Zeit, um Pläne zu schmieden." Und die ergaben sich fast von alleine – und durch ihre Kinder Tom (7) und Teo (5). "Mit ihnen haben wir viel über Nachhaltigkeit gesprochen, da war eine Bio-Landwirtschaft die logische Folge." Und beim Blick auf ihre Tiere stellten sie fest: "Wir haben lauter Rassen, die alle auf der Roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind."

Ihr Sohn Teo wünschte sich ein Wildpferd.
Ihr Sohn Teo wünschte sich ein Wildpferd. © Foto: Dirk Tubesing

Sohn Teo wünschte sich ein Wildpferd…

Nur bei den Ponys sah es anders aus. "Wir hatten Shettys und Tinker, weil sie ideal für Kinder sind", erzählt Kathy Rocholl. Und dann war da noch Gretel, eine Dülmener Stute. Dass sie auf dem Hof lebt, verdankt sie Sohn Teo. "Er wünschte sich zum vierten Geburtstag ein ‚echtes Wildpferd‘. Und so fanden wir Gretel, damals 1,5 Jahre alt. Seitdem sie bei uns ist, sind Teo und sie ein Herz und eine Seele. Der erste Gang morgens ist für ihn immer zum Pony."

Mit Gretel wuchs auch die Idee, auch bei den Ponys auf seltene Rasse zu setzen. "So kamen wir auf die Arenberg-Nordkirchener, die eigentlich schon ausgestorben sind." Die Zucht dieser Rasse begann 1923 vom Herzog von Arenberg. Er hatte eine halbwilde Herde auf seinen Gütern in Nordkirchen bei Münster in Westfalen – und wollte ein kleines und elegantes Reitpferd züchten. Dabei war sein Bestand jedoch klein, er hatte nicht mehr als etwa 40 Stuten. 1968 wurde die gesamte Herde an einen Züchter aus Nordkirchen verkauft, in den 1980er Jahren wurde die Herde aufgelöst.

Arenberg-Nordkirchener gelten als ausgestorben

Die Folge: 1985 galten die Arenberg-Nordkirchener als ausgestorben. Doch 1995 wurde eine kleine Anzahl Arenberg-Nordkirchener gefunden. Seitdem steht die Rasse auf der Roten Liste und gilt als stark gefährdet. "Der GEH machte uns auf die Arenberger aufmerksam und bat um Hilfe." Kathy Rocholl lacht. "Wir dachten, das dauert bestimmt, bis wir da die richtige Stute finden. Aber schon 14 Tage später kam ein Anruf von der GEH, dass sie ein Angebot für eine tolle Stute hätten. Sie ist acht Jahre alt, war im Sport, hatte aber eine Sportverletzung. Für uns wäre sie aber ideal. Und kurz darauf kam Dina dann auch schon zu uns…"

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Seitdem genießt die kleine Rarität auf vier Hufen ihr Leben auch dem Rocholl-Hof. "Sie ist total entspannt, steht bei den Kindern gerne im Mittelpunkt." Und ahnt nicht, dass sie helfen soll, ihre Rasse zu erhalten. "Im Frühjahr wollen wir sie von einem Hengst decken lassen, der noch 50 Prozent Arenberg-Nordkirchener Blut hat", erzählt Kathy Rocholl. Und auch Gretel soll im nächsten Jahr zu einem Dülmener Hengst. "Dann hätten wir gleich zwei seltene Fohlen bei uns."

Ihr Ziel ist aus dem Hof einen Arche-Hof zu machen
Ihr Ziel ist aus dem Hof einen Arche-Hof zu machen © Foto: privat

Ein Arche-Hof – aus Überzeugung

Doch warum schlägt ihr Herz für alte Rassen? "Wir können doch nicht einfach Tiere wie Sachen abschaffen, nur weil sie uns nicht passen. Weil sie nicht schnell genug sind, nicht genug Milch oder schnell genug Fleisch geben", sagt Kathy Rocholl. "Der Mensch hat nicht das Recht, das zu entscheiden", findet sie. Deshalb möchte sie auch ihrem Hof auch ganz offiziell einen Arche-Hof machen. Finanzielle Vorteile bringt das nicht für sie. "Wir machen das aus Überzeugung!"

Und mit ganz viel Liebe und Leidenschaft. Natürlich bedeutet der Hof auch viel Arbeit. Doch für Kathy Rocholl bedeutet er mehr: "Ich lebe meinen Traum!"  © Pferde.de

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