Manches Verhalten unserer Samtpfoten erinnert stark an Autismus. Doch was ist eigentlich eine Autismus-Spektrum-Störung und können auch Katzen autistisch sein?

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Gerade hast Du einen Bericht über Autismus gelesen. Darin stand, dass herausragende Merkmale von autistischen Menschen ihr "repetitives (bestimmte Handlungen werden immer auf dieselbe Art und Weise wiederholt) Verhalten und Interessen", "gestörte soziale Interaktion" und "beeinträchtigte Kommunikation und Sprache" sind. Aber nicht, weil sie Menschen generell nicht mögen. Sondern, weil sie Schwierigkeiten mit grundlegenden sozialen Interaktionen haben. Aufgrund ihrer Wahrnehmung haben Menschen auf dem Autismus-Spektrum manchmal Mühe, Reize aus ihrer Umwelt zu verarbeiten. Sie haben außerdem große Probleme mit Veränderungen von Handlungsabläufen oder von Details in ihrer persönlichen Umgebung.

Während Du das "sacken" lässt, streift Dein Blick durch die Wohnung und bleibt bei Deinem Stubentiger hängen, der auf der Fensterbank vor sich hin döst. "Antisoziales Verhalten"? Na ja – gelegentlich fällt es Deinem vierbeinigen Mitbewohner schon schwer, mit Dir oder anderen Tieren zu interagieren oder zu kommunizieren. Und dieses "repetitive Verhalten" legt er auch manchmal an den Tag. Veränderungen mag er auch nicht sonderlich. Und sieht er in Dir eigentlich mehr als nur seinen zweibeinigen Dosenöffner? Vermisst er Dich, wenn Du weg bist und freut er sich, wenn Du wieder da bist? Zeigt er eigentlich nicht viele autistische Verhaltensweisen? Kann es Autismus bei Katzen überhaupt geben?

Gibt es Autismus bei Katzen?

Autismus ist eine Entwicklungsstörung, die normalerweise bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen diagnostiziert wird. Wichtig: Es ist ein Spektrum, kann also von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Außerdem gibt es Abgrenzungen zum Asperger-Syndrom. So gibt es beispielsweise nonverbale Autisten oder auch Autisten, bei denen es in sozialen Interaktionen kaum bis gar nicht auffällt.

Oft verbreitet ist auch der Hyperfokus bei Menschen auf dem Autismus-Spektrum, bei dem Betroffene besonders interessierenden Aufgabenstellungen äußerst intensiv und ausdauernd widmen können. Manchmal gibt es Überschneidungen zwischen Hochbegabung und Autismus. Diese Besonderheiten betreffen jedoch nicht nur Menschen, tatsächlich können auch unsere Samtpfoten und viele andere Tiere autistisches Verhalten zeigen. Aber sind sie deshalb auch gleich autistisch?

Wir neigen ja gerne dazu, unsere tierischen Mitbewohner zu vermenschlichen und ihnen menschenähnliche Eigenschaften zuzusprechen, die wir gerne an ihnen sehen würden, erklärt "Catological". Katzen sind jedoch keine Menschen, sie sozialisieren sich nicht so wie wir, sehen nicht, was wir sehen und nehmen die Welt definitiv nicht so wahr wie wir. Und doch können sie in einigen Fällen uns Menschen ziemlich ähnlich sein. Auch wenn wir das Verhalten unserer Samtpfoten vielleicht nicht ganz einordnen können, kann es für sie aber völlig normal sein.

Katzen können nicht autistisch sein.
Katzen können nicht autistisch sein. © Foto: unsplash.com/Peter Lam CH (Symbolfoto)

Was könnte als autistisches Verhalten gedeutet werden?

Die folgenden Verhaltensweisen bei Samtpfoten erinnern zwar stark an menschlichen Autismus, sind aber in den meisten Fällen doch eher "Katzen-spezifisch":

Lautäußerung: Ein Mangel an angemessener verbaler Kommunikation kann bei autistischen Patienten genauso üblich wie übermäßige Lautäußerungen, die nur an eine bestimmte Person gerichtet sind. Wenn also Deine Samtpfote nur schnurrt oder miaut, wenn sie in Deiner Nähe ist oder überhaupt nichts "erzählt", ist das nicht automatisch ein Zeichen von Autismus. Einige Katzenrassen, wie zum Beispiel die "Orientalische Kurzhaarkatze" sind von Natur aus sehr gesprächig, andere Rassen dagegen sind eher schweigsam. Oft ist es auch eine Persönlichkeitsfrage.

Mangelnde soziale Interaktion: Samtpfoten sind unabhängige und freiheitsliebende Mitbewohner, die regelmäßig Zeit für sich benötigen. Sie können Momente haben, in denen sie sich einfach nicht für ihre Menschen und Artgenossen interessieren. Außerdem ist ihr Verhalten eine Frage des Temperaments. Auch kommt es darauf an, wie viel mit dem Stubentiger während seines Wachstums interagiert wurde. Denn je mehr Aufmerksamkeit bereits ein Kätzchen erhalten hat, desto sozialer wird es später als erwachsene Samtpfote sein.

Konzentration und außergewöhnliche Intelligenz: Wenn Dein pelziger Mitbewohner ein besonderes Interesse an einer Sache hat und sich dieser immer wieder intensiv und langandauernd widmet, ist dies kein Anzeichen von Autismus. Katzen sind launisch, über den Gegenstand, der heute der Top-Favorit ist, könnte schon in der nächsten Woche nur das hübsche Stupsnäschen gerümpft werden. Und nicht alle Katzenrassen sind neugierig auf unbekannte Menschen und Gegenstände.

Auch außergewöhnliche Intelligenz ist bei Katzen nicht automatisch ein Anzeichen für Autismus. So sind zum Beispiel "Birmakatzen" und "Abessinier" bekannt für ihre bemerkenswerte Intelligenz. Es ist wie bei uns Menschen: Die Bandbreite zwischen "Blitzbirne" und "zu doof zum Brotschneiden" ist groß.

Mangelnde Konzentration oder "sensorische Anomalien": Bei autistischen Menschen werden häufig "sensorische Anomalien" diagnostiziert. Auch einige Samtpfoten scheinen unkonzentriert zu sein, unkoordinierte Bewegungen zu haben und eine insgesamt verminderte Reaktionsfähigkeit zu zeigen.

Aber: Diese Art von Katzenverhalten wird nicht durch Autismus verursacht. Es ist dennoch ein Indikator, dass mit Deinem kleinen Vierbeiner etwas nicht stimmt und dass Du mit ihm zum Tierarzt gehen solltest. Gründe für diese Symptome könnten beispielsweise Depression, entzündete Wunden oder Organversagen sein.

Fazit

Um auf die eingangs gestellte Frage zu antworten: Katzen sind nicht auf dem Autismus-Spektrum. Denn dieser Begriff ist für die kleinen Stubentiger nicht zutreffend, da Autismus eine allein menschliche neurologische Entwicklungsstörung ist.

Doch können sich die Stubentiger in der Tat so verhalten, als ob sie an der gleichen Störung leiden wie autistische Menschen. Da jede Samtpfote jedoch ein Unikat für sich ist, ist es schwierig zu erkennen, ob ihr Verhalten für sie üblich ist oder nicht. Fallen Dir Verhaltensänderungen bei Deiner Katze auf, solltest Du lieber einen Tierarzt aufsuchen.

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