Sie sei als Therapiepferd geeignet – so wurde Capriola im Internet angeboten. Doch stattdessen kam eine verwahrloste, traumatisierte und abgemagerte Stute mit Verletzungen an Beinen und Maul, die schließlich in der Pferdeklappe landete. Jetzt endlich hat Capriola ihr Happy End gefunden…

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Der Fall Capriola sorgte im 2021 für Schlagzeilen. Ein Ungar bot die Lipizzanerstute im Internet als sensibles Therapiepferd an. Die Beschreibung klang perfekt. Doch kurz nach dem Kauf stellte die neue Besitzerin fest: Nichts davon ist wahr. Denn vor ihr stand ein völlig verwahrlostes Pferd, abgemagert bis auf die Knochen, schwer verletzt an Beinen und Maul.

Schnell wurde klar: Der Mann war ein Betrüger, das Pferd musste schwer misshandelt worden sein. Die verängstigte Stute reagierte panisch auf Berührungen und zeigte einen sehr ausgeprägten Fluchtreflex. Die neue Besitzerin war mit dem verstörenden Verhalten überfordert und bat den "Österreichischen Tierschutzverein" (ÖTV) um Hilfe.

Die Stute lebt nun in einem großen Offenstall.
Die Stute lebt nun in einem großen Offenstall. © Foto: pixabay.com/pxel_photographer (Symbolfoto)

Bei Capriola musste das Team ganz von vorn anfangen

Die Tierschützer nahmen Capriola auf. "Pferden in Not zu helfen, gehört zu unseren Kernkompetenzen", so Geschäftsführer Alfons Hargaßner. "Erste Anlaufstelle dafür ist unsere Pferdeklappe. Der Hof ist eine über die Landesgrenzen hinaus etablierte Einrichtung für Pferdebesitzer, die sich aufgrund einer Notsituation nicht mehr um ihre Tiere kümmern können oder wie im Fall Capriola von Händlern betrogen wurden."

Als Capriola auf dem Hof ankam, war sie nervös, angespannt, ängstlich, impulsiv und traumatisiert. Die tierärztliche Untersuchung ergab, dass der anhaltende Stress auch das Herz-Kreislauf-System der Stute belastet hatte. Für Ingrid Schätzle, die die Pferdeklappe des "ÖTV" leitet, stand fest: Bei Capriola muss das Team ganz von vorne anfangen. Und das hieß: Vertrauen aufbauen, eine Beziehung entwickeln, die richtige Therapie anwenden und regelmäßig mit der Stute trainieren, um sie fitter zu machen.

Stute Mädi gab ihr Sicherheit

Die artgerechte Herdenhaltung auf dem Hof erwies sich für Capriola als Glücksfall. Zu der zehnjährigen Warmblutstute Mädi entwickelte sich unerwartet eine besondere Freundschaft. Mit ihrer großen Ruhe und Gelassenheit gab sie der Lipizzanerstute Sicherheit. Sie war immer an ihrer Seite, ob auf der Weide oder bei der Bodenarbeit.

In der großen Herde hat Capriola Freunde gefunden.
In der großen Herde hat Capriola Freunde gefunden. © Foto: unsplash.com/ Annie Spratt (Symbolfoto)

Als perfektes Begleitpferd half sie Capriola, ihre Ängste zu überwinden. Mädi machte es vor und Capriola hatte weniger Furcht, etwas zu tun. Sie lernte, Berührungen zuzulassen, an der Longe (Affiliate-Link) zu gehen, kleine Hindernisse zu überwinden und den Menschen mehr zu vertrauen. Für jede kleine Verbesserung gab es Lob und ab und zu einen Leckerbissen (Affiliate-Link).

In Oberbayern hat Capriola ihr Zuhause für immer

Auch der Allgemeinzustand von Capriola verbesserte sich. Die Stute wurde kräftiger, der Bauch wurde runder. Das machte das Team stutzig. Nach einer gründlichen Untersuchung stellte sich heraus, dass die Stute trotz ihres katastrophalen Zustands trächtig auf den Hof gekommen war. Im April 2022 brachte sie das gesunde Hengstfohlen Surprise zur Welt.

Und nun hat Capriola endlich ihr Happy End gefunden – bei Carina Lechner in Oberbayern. Die 15-jährige Stute lebt nun in einem großzügigen Offenstall. In der großen, gemischten Herde hat die Lipizzanerstute bereits Anschluss und Freundschaften gefunden.

Im April 2022 brachte Capriola ein Fohlen zur Welt
Im April 2022 brachte Capriola ein Fohlen zur Welt © Foto: pexels.com/Nachelle Nocom (Symbolfoto)

"Ich musste ihr einfach helfen"

Wie zu ihren anderen "geretteten Pferden" fühlte sich Carina Lechner auch zu Capriola sofort magisch hingezogen. "Ich musste ihr einfach helfen, koste es, was es wolle." Doch das Vertrauen der Stute kam nicht von heute auf morgen. Ein halbes Jahr lang besuchte Lechner fast wöchentlich die Pferdeklappe in Reutte und freundete sich langsam mit Capriola an. "Bevor wir ein Pferd zur Vermittlung freigeben, stellen wir sicher, dass sich das Pferd beim neuen potenziellen Besitzer überhaupt wohlfühlt", erklärt Ingrid Schätzle. "Bei Carina Lechner hat Capriola von Anfang an deutlich positive Signale gezeigt."

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Jetzt sucht Surprise noch seinen Herzensmenschen

Denn die Pferdeklappe sucht für jeden ihrer Schützlinge das "perfekte Match". "Unser Ziel ist, dass eine lebenslange Freundschaft zwischen Tier und Mensch entsteht", so Ingrid Schätzle. "Jedes Pferd hat seinen eigenen Charakter und seine eigene Geschichte. Wenn sich die neuen Besitzer damit auseinandersetzen und sich auf die Geschichte des Pferdes einlassen, kann das zu einem erfolgreichen Zusammenleben führen. So konnten wir von 99 aufgenommenen Pferden bereits 76 in ein neues, passendes Zuhause vermitteln."

Und auch für Capriolas Sohn suchen sie seinen Herzensmenschen. Mittlerweile ist Surprise über zwei Jahre alt und kastriert.  © Pferde.de

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