Bundestierschutzbeauftragte Ariane Kari lud am gestrigen Donnerstag, 1. Februar, zum Runden Tisch ein, um die dramatische Lage der Tierheime zu diskutieren. Das sagt der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes über das Ergebnis des Spitzengesprächs.

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Schon lange schlagen die deutschen Tierheime Alarm: Die Tierheime sind überlastet, die Kosten steigen stetig und keine Entlastung scheint in Sicht. Jährlich landen laut "Deutschlandfunk" rund 350.000 Tiere im Tierheim. Immer mehr Tiere werden abgegeben, es gibt extrem lange Wartelisten, zwei Drittel aller Tierheime haben einen Aufnahmestopp verhängt. Im vergangenen Jahr richteten sie deshalb einen Brandbrief an die verantwortlichen Politiker. Über ihre Forderungen – mehr stattliche Förderungen und neue Regeln – diskutierten sie am gestrigen Donnerstag spontan mit der Bundestierschutzbeauftragten Ariane Kari.

Die Politikerin hatte die Tierheime zum Runden Tisch eingeladen, um über ihre brenzlige Lage zu sprechen. Eingeladen waren neben den Tierheimen und Tierschutzorganisationen rund 30 hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Bundes- und Landesministerien, kommunalen Spitzen- und Berufsverbänden sowie Bundestagsabgeordnete und Landestierschutzbeauftragte.

Runder Tisch mit Tierschutzbeauftragter: "Ein konstruktiver Auftakt"

Nach dem Gespräch zieht der Präsident des "Deutschen Tierschutzbundes", Thomas Schröder, eine erste Bilanz und kritisiert: "Die politische Ignoranz der letzten Jahre gegenüber dem praktischen Tierschutz ist in einer dramatischen Lage der Tierheime gegipfelt." Dennoch sei er dankbar, dass Kari nun handele: "Der Termin heute war ein konstruktiver Auftakt, ein offener und klarer Austausch über Probleme und Verantwortlichkeiten. Es ist gut, dass diese Gespräche intensiv und lösungsorientiert fortgeführt werden."

Trotzdem könne dieser Austausch erst der Anfang sein. Schröder fordert stellvertretend für die Tierheime, dass sich alle föderalen Ebenen – Bund, Länder sowie Kommunen und Landkreise – ihrer Verantwortung stellen und dem Staatsziels Tierschutz zu dienen, "anstatt diese auf den jeweils anderen abzuwälzen."

Unklar: Wer übernimmt die finanzielle Unterstützung der Tierheime?

Besonders die finanzielle Umsetzung und Zuständigkeit sei das Problem, so der "Tagesspiegel". Ein wichtiger Grund, weshalb die Tierheime aus allen Nähten platzen: "die vielen verhaltensgestörte Hunde", die Plätze für lange Zeit blockieren, weil sie schwer vermittelbar seien. "Die Interessenten würden durch hohe Steuern für bestimmte Rassen und die gestiegenen Tierarztkosten abgeschreckt", ordnet Schröder laut der Zeitung ein.

Eines stellt der Chef des "Deutschen Tierschutzbundes" klar: "Von der Bundesregierung bin ich enttäuscht." Denn: "Versprochen wurden uns eine Verbrauchsstiftung für Tierheime, die Bundesminister Cem Özdemir in der Prioritätenliste aber offenbar nach hinten geschoben hat", kritisiert Schröder. "Und nun haben wir diese desaströse Haushaltslage. Leider haben wir als Tierschützer nicht genügend Traktoren."

Die Tierheime haben eine Liste an Forderungen.
Die Tierheime haben eine Liste an Forderungen. © Foto: unsplash.com/Margarita Kosior (Symbolfoto)

Tierschutzbeauftragte will Kofferraum-Verkäufe verbieten

Auch Kari spreche sich für einen bundeseinheitlichen Sachkundenachweis für Halter aus, so der "Tagesspiegel". Und: Tier-Verkäufe an öffentlichen Plätzen, zum Beispiel aus Kofferräumen, möchte sie verbieten. Illegale Welpenhändler verkaufen unter anderem auf diesem Weg ihre Tiere, weiß Tierschützer Stefan Klippstein im Interview mit DeineTierwelt. Die Bundestierschutzbeauftragte befürwortet ebenfalls eine generelle Kastrationspflicht für alle Katzen. Lediglich für Zuchtkatzen sei eine Ausnahme denkbar.

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Das sind die Forderungen der Tierheime:

  • die versprochene finanzielle Unterstützung durch die Verbrauchsstiftung der Bundesregierung
  • Sondertopf als Ausgleich für die gestiegenen Betriebskosten und als Investitionshilfe
  • Anpassung kommunaler Verträge auf kostendeckende Erstattung für die Aufnahme, Betreuung und Vermittlung behördlich zuzuordnender Tiere
  • Bundesweit einheitlicher Rahmen der kommunalen Kostenerstattung
  • genug Personal
  • Verbot des Handels mit lebenden Tieren im Internet, mindestens jedoch Eindämmung und stärkere Regulierung des Onlinehandels
  • eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen
  • verschärfte Kontrollen, härtere Strafen
  • Einführung einer Heimtierschutzverordnung, dabei Einführung einer Positivliste
  • verpflichtender theoretischer Sachkundenachweis für alle Tierhalter
  • Aufklärung der Bevölkerung
  • bundesweite Kastrationspflicht für Freigängerkatzen
  • Abschaffung der Rasselisten hin zu einer bundesweit einheitlichen Regelung zur Einstufung der tatsächlichen Gefährlichkeit des einzelnen Tieres
  • Bundesweit gültige Ausbildungsrichtlinie für Hundetrainer
  • Konkretisierung des Qualzuchtverbotes, inklusive Import-, Werbungs-, Ausstellungs- und Haltungsverbot (mit Übergangsregelung)
  • genug Auffangstationen für exotische und heimische Wildtiere

Schröder fasst dazu zusammen: "Diese Maßnahmen kosten zunächst einmal kein Geld. Da braucht es nur Mut und Herz und Verstand für den Tierschutz. Währenddessen verrinnt wertvolle Zeit. Die Tierheime halten nicht mehr lange durch." Ein Handout zu Runden Tisch mit ausführlichen Hintergrundinformationen stellt der "Deutsche Tierschutzbund" hier zur Verfügung.  © Deine Tierwelt

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