Tierschützer Stefan Klippstein sagt dem illegalen Welpenhandel seit zehn Jahren den Kampf an. Verdeckt gibt er sich als Kaufinteressent an und überführt so zusammen mit der Polizei immer wieder kriminelle Händler. Im Podcast Tierschutz-Update spricht er mit DeineTierwelt über seine ehrenamtliche Arbeit.
Für seine Tierschutzarbeit riskiert Stefan Klippstein oft sein eigenes Leben. Etwa 50 Mal wurde der Tierschützer bei seinen Undercover-Einsätzen gegen die Welpen-Mafia bereits tätlich angegriffen. Gebrochene Rippen, ausgeschlagene Zähne, vom Auto angefahren, in Hinterhalte gelockt – seine Scheinkäufe sind kein Zuckerschlecken.
Der Welpenretter weiß: Der illegale Welpenhandel ist ein knallhartes, kriminelles Geschäft, das sich in der Masse und der Vorgehensweise nicht von der großen organisierten Kriminalität unterscheidet und damit eng verwoben ist, zum Beispiel durch Querfinanzierung. Trotzdem widmet er sich seit zehn Jahren unermüdlich dem Kampf gegen die sogenannte illegale Welpen-Mafia. Dabei arbeitet er eng mit der Polizei zusammen. Doch das war nicht immer so. Der gelernte Tierpfleger musste sich erkämpfen, ernstgenommen und unterstützt zu werden.
Deutschlandweit seien etwa zehn Tierschützer auf ähnliche Weise organisiert wie Klippstein, schätzt er. Jeden Morgen durchforstet der Hamburger etliche Inserate auf Online-Plattformen, schreibt verdächtige Anzeigensteller an und verabredet sich zum Welpenkauf. Dabei geht Klippstein sehr kalkuliert mit hoher Professionalität vor, verdient mit seiner ehrenamtlichen Arbeit aber kein Geld. Seine Freizeit verbringt er damit, die illegalen Welpenhändler mit der Polizei zu überführen, Beweise zu sammeln und bei Gerichtsprozessen gegen die Täter auszusagen. Außerdem leistet er Aufklärungsarbeit und lässt sich bei seinen verdeckten Einsätzen von Journalisten begleiten.
Woran erkennst Du Betrüger?
Generell sei aber nicht nur Unwissenheit ein Problem. Viele Käufer wüssten um den illegalen Welpenhandel, aber wollen schnell ein Tier haben, wirft ihnen der erfahrene Tierschützer vor. Seriöse Züchter haben Wartelisten von zwei bis drei Jahren, weiß er. Doch das gehe vielen Menschen nicht schnell genug. Auf welche Red Flags der Tierschützer bei den Anzeigen und dem Ablauf des Kaufes achtet, verrät er im Podcast.
Du kannst den Podcast neben Spotify auch auf Amazon Music, Deezer, Podimo und Apple Podcasts hören.
Hellhörig solltest Du beispielsweise werden, wenn die Rassehunde viel zu günstig angeboten werden und es Ungereimtheiten gibt – zum Beispiel wenn die Herkunft der Verkäufer durch verschiedene Orte wie Wohnort und Übergabeort verschleiert werden soll. Typisch für die Welpen-Mafia sind fragwürdige Ausreden, weshalb das Tier abgegeben wird oder das Muttertier nicht anwesend sein kann.
Da die illegalen Händler auch aus den Warnungen der Tierschützer gelernt haben, präsentieren sie oft Fake-Muttertiere, die keine Bindung zu den Jungen haben. Teilweise werden auch ganz andere Rassen als in der Anzeige angegeben untergejubelt. Sind die Welpen ausgemergelt, krank, ängstlich und viel zu jung sollten ebenfalls alle Alarmglocken läuten. Vorschrift nach der Tierschutz-Hundeverordnung ist: Ein Hund darf frühestens nach acht Wochen von der Mutterhündin und den Geschwistern getrennt werden. Welpen aus dem EU-Ausland müssen mindestens 15 Wochen alt sein.
So prüfst Du, ob ein Welpe alt genug zum Verkauf ist. Fordere alle wichtigen Dokumente wie den EU-Heimtierausweis und Kaufvertrag. Diese Unterlagen fälscht die Welpen-Mafia allerdings auch häufig. Seriöse Anbieter stellen Dir als künftigen Halter ebenfalls Fragen, damit der Hund in gute Hände gelangt. Bleibt das aus, solltest Du stutzig werden.
Klingt das Inserat viel zu gut um wahr zu sein (Welpe kann schon alles), kann auch das ein Hinweis auf illegalen Welpenhandel sein. Erkundige Dich außerdem, wie oft das Muttertier im Jahr gedeckt wird. "Wenn ein Tier zweimal im Jahr gedeckt wird, deutet das in der Regel auch auf illegalen Welpenhandel hin”, erklärt Klippstein. Lasse Dir Dein neues Tier nicht wie eine Pizza nach Hause liefern, sondern treffe Dich beim Verkäufer und nicht an dubiosen Übergangsorten wie einem verlassenen Parkplatz oder an U-Bahnhöfen. Hier haben wir einen ausführlichen Artikel dazu.
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DeineTierwelt arbeitet eng mit Tierschutzorganisationen, Zuchtvereinen, Ämter und Politikern zusammen, um gegen illegale Tierhändler vorzugehen. Die Anzeigen werden blockiert, die Anzeigensteller gesperrt und die Daten an das zuständige Veterinäramt übermittelt. Halte bitte die Augen offen und melde uns fragwürdige Anzeigen unter tierschutz@deine-tierwelt.de!
Welpenrettungen zu gefährlich für Laien
Die Nachfrage boomt: Deutschland ist eines der Hauptabnehmländer für illegale Welpen. In den osteuropäischen Herkunftsländern mit schlechten Tierschutzstandards wie Bulgarien, Rumänien sowie Polen verändere sich für die Tiere wenig zum Guten, weshalb die Tiere dort vornehmlich "produziert” werden. In Polen werden die illegalen Verkäufer nicht strafrechtlich verfolgt, nur in Deutschland. Aber auch in deutschen Mietwohnungen floriert der illegale Welpenhändler. Klippstein erzählt von Hunden, die ihr Leben lang in Transportboxen übereinander gestapelt ständig werfen müssen.
Inzwischen ist Klippstein bei den kriminellen Welpenhändlern zu bekannt. "Ich gehöre sicherlich mit zu den verhasstesten Tierschützern, was den Welpenhandel in Deutschland angeht”, sagt er. Auf Tiermärkten, wo ihm bereits die Rippen gebrochen wurden, geht er nur noch mit schusssicherer Weste und mit Security. Selbst in Belgien habe man ihn schon einer Hundemassenfabrik verwiesen. Deshalb leitet er Helfer an, die sich als potenzielle Käufer ausgeben, teilweise auch verkleidet. Klippstein wartet dann in der Nähe und steht meist auch mit der Polizei in Kontakt, damit diese schnell zugreifen kann.
Illegaler Welpenhandel braucht nachhaltige Bekämpfung
"Das ist oft gefährlich und brenzlich, aber ich mache keine Hauruck-Aktionen, sondern ich schlage gezielt zu”, erklärt der Tierschützer. Die Welpenrettung ist zu gefährlich für Laien. Seine Arbeit geht weit über das Retten der einzelnen Tiere hinaus. Klippstein möchte grundsätzlich etwas verändern und nachhaltig bewirken, dass die kriminellen Verkäufer keine Tiere mehr verkaufen können, indem sie hohe Strafen bekommen und viel Geld für die Unterbringung der Tiere zahlen müssen.
Zudem ist er im Austausch mit Onlineplattformen wie DeineTierwelt und Politikern, sogar aus dem Europaparlament. "Jahrelang wurde im Bundestag diskutiert, einen Straftatbestand illegaler Tierhandel zu schaffen, auch das hat die Politik nicht hinbekommen”, kritisiert der Experte. Ein weiteres Problem: Viele Veterinärämter sind unterbesetzt, bei Grenzkontrollen seien illegal gehandelte Welpen nur "Beifang” und die Polizei nicht richtig geschult.
Weiterhin vermisst Klippstein eine zentrale Bearbeitungsstelle und besseren Austausch zwischen den zuständigen Behörden und europäischen Ländern. Er wisse, dass ein komplettes Verbot des Onlinehandels unrealistisch sei, aber er fordert einheitliche Regeln für alle Plattformen, die auch umgesetzt werden.
Welpen-Mafia reißt Klippstein gerettete Welpen aus dem Arm
Bisher gebe es schon einige Erfolge, aber es bewege sich noch zu wenig, sagt Klippstein. Sein schlimmstes Erlebnis: Der Tierschützer hatte einen geretteten Welpen bereits im Arm. Da entriss ihm ein illegaler Verkäufer das Jungtier wieder und fuhr davon, weil er Klippstein erkannt hatte. Als der Tierschützer versuchte, ihn aufzuhalten, fuhr der Kriminelle ihn an. "Wir konnten den Hund nie auffinden und wissen nicht, ob er in den Müll geschmissen oder ausgesetzt wurde.”
Tiere aus dem illegalen Welpenhandel sterben oftmals nach dem Kauf oder verursachen hohe Tierarztkosten. Viele entwickeln durch die fehlende Sozialisierung nicht selten Verhaltensstörungen und werden im Tierheim abgegeben. Dort bleiben sie auch meist Dauergäste. Dennoch betont Klippstein, dass in Tierheimen viele geeignete Tiere – auch Welpen – auf ein liebevolles Zuhause warten, die sich gut als Familienhunde eignen.
Dort bekommen sie die richtige Betreuung und die potenziellen Käufer die richtige Anleitung und Aufklärung. Rund 70 Prozent der Hunde im DeineTierwelt-Tiermarkt werden von Tierheimen und Tierschutzorganisationen vermittelt. Dennoch solltest Du immer kritisch sein, denn auch unter dem Deckmantel Auslandstierschutz verkaufen die illegalen Händler Tiere.
DeineTierwelt macht’s vor – kommt die Ausweispflicht für alle?
DeineTierwelt hat zwar schon vor rund drei Jahren als erster Tiermarkt ein Online-Ident-Verfahren eingeführt, andere Plattformen lassen bisher allerdings noch auf sich warten. Nun soll der neue Tierschutzgesetzesentwurf für einheitlichere Regeln sorgen: Anbieter sollen künftig überall ihre Daten hinterlegen müssen, um eine Rückverfolgbarkeit gewährleisten zu können.
Ein weiteres Schlupfloch für anonyme Anbieter sind Suchanzeigen. Darum hat DeineTierwelt auf Anregung von Klippstein diese Funktion im Hunde- und Katzenbereich eingestellt. Er habe schon gute Entwicklung beobachten können, sagt der Tierschützer, andere Plattformen müssen jetzt nachziehen.
Klippstein spricht sich zusätzlich für ein Privatanzeigenverbot im Onlinetierhandel aus. Er fordert, dass nur noch gewerblich angemeldete Züchter Tiere verkauft werden dürfen. Der Austausch von DeineTierwelt mit Veterinärämtern zeigt jedoch, dass auf diese Art das Problem nicht gelöst, sondern allenfalls an schlecht kontrollierbare Orte verlagert werden kann. Ein Verbot von privater Tiervermittlung würde zudem den Großteil der seriösen Privatanbieter unter Generalverdacht stellen. Viele liebevolle und in Vereinen organisierte Züchter sind auch zu klein für ein Gewerbe, da sie weniger als drei Würfe pro Jahr anbieten und weniger als drei unkastrierte Hündinnen in ihrem Haushalt leben.
Tierschützer bewahrt sich seinen Kampfgeist – für die Tiere
Was ihn motiviert, weiterzumachen: Wenn er aufhören würde, würde er der Welpenmafia freie Fahrt lassen. Und da die Polizei selbst keine Scheinkäufe durchführen dürfe, sei seine Arbeit essenziell. "Wenn man diese kleinen zitternden, halbtoten Hundewelpen sieht und die Verkäufer, die wirklich immer klischeehaft mit ihren dicken Karren vorfahren, dann ärgert einen das immer noch nach zehn Jahren sowas von massiv, dass man sagt, man kann nicht aufhören”, fasst Klippstein zusammen. Trotz allem gibt er nicht nach: "Man kann mich oft verprügeln, aber man kann mir nicht den Willen brechen, gegen diese Verbrecher vorzugehen.” © Deine Tierwelt
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