In den USA nimmt die Debatte um Umbenennung von Straßennamen oder Produkten, die an historisch umstrittene Persönlichkeiten erinnern, weiter Fahrt auf. Jetzt werden kritische Namen aus der Vogelwelt auf den Prüfstand gestellt.

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Eigentlich kann man sich kaum ein unschuldigeres und vermeintlich weniger politisches Hobby vorstellen, als die Vogelbeobachtung. Ausgerüstet mit leistungsstarken Ferngläsern und riesigen Teleobjektiven sitzen die "birder", wie Vogelbeobachter im Englischen heißen, an ausgewählten Orten und beobachten und zählen begeistert ihre gefiederten Freunde.

Entdeckte Vogel-Arten werden mit Datum und Uhrzeit katalogisiert und mit vorherigen Sichtungen verglichen. Doch ab 2024 müssen sich die "birder" auf eine massive Änderung bei ihrem bisher von Hektik und Stress verschontem Hobby einstellen.

Denn die bekannte und renommierte ornithologische Vereinigung der USA, die "American Ornithological Society" (AOS) verkündete kürzlich einen gravierenden Beschluss. Mit Beginn des Jahres 2024 sollen alle Vögel, die nach umstrittenen Menschen benannt sind, umbenannt werden. Betroffen sind im ersten Schritt etwa siebzig bis achtzig Vogelarten, zuerst hauptsächlich in den USA und Kanada.

Dazu soll ein Komitee gegründet werden, das die Neubenennung vornehmen soll. "Um die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und weitaus mehr Menschen in die Freude, den Schutz und Erforschung der Vögel einzubeziehen" ist die gesamte Bevölkerung aufgefordert, Vorschläge für neue Vogel-Namen einzureichen.

Gegen Rassismus im Vogelnamen

Priorität bei der Umbenennung haben die Vögel, die die Namen historisch umstrittener Persönlichkeiten tragen. Wie die "AOS" mitteilte, werden zuerst Vögel, deren Namen auf Sklavenhalter und "weiße Rassisten" zurückgehen, umbenannt.

Die "AOS"-Präsidentin Colleen Handel sagte: "In einem Namen steckt Macht, und einige englische Vogelnamen haben Assoziationen mit der Vergangenheit, die auch heute noch ausgrenzend und schädlich sind."

So sind zum Beispiel der Audobon-Sturmtaucher und der Audubon-Pirol nach John James Audobon benannt. Dieser war Anfang des 19. Jahrhunderts ein anerkannter Ornithologe, Naturforscher und Maler. Bekanntheit erreichte er vor allem durch seine umfangreiche Dokumentation der nordamerikanischen Vogelarten in seinem Buch "The Birds of America". Gleichzeitig aber war Audobon, der selbst von einer kreolischen Mutter abstammte, ein Sklavenhalter.

Viele Vögel behalten ihren Namen.
Viele Vögel behalten ihren Namen. © Foto: unsplash.com/Mathew Schwartz (Symbolfoto)

Viele ornithologische Gesellschaften sind ebenfalls nach John James Audobon benannt. Deren Vereinigung, die "National Audobon Society" mit über 2 Millionen Mitgliedern, diskutierte bereits im März dieses Jahres über eine Umbenennung. Sie beschloss, dennoch an ihrem Namen festzuhalten, weist aber auf der Homepage ausführlich auf die problematischen Seiten ihres Namensgebers hin. Allerdings haben sich zwei der über 600 Sektionen der "National Audobon Society" trotzdem für eine Namensänderung entschieden.

Auch der Bachmann-Sperling und der Bachmann-Laubsänger werden wohl neue Namen bekommen. Denn ihr Namensgeber, Südstaatenpastor John Bachmann, war ebenfalls Sklavenhalter und fest von der Überlegenheit der "weiße Rasse" überzeugt.

Vögel sollen nicht mehr nach Menschen benannt sein

Aber nicht nur die Namen belasteter Persönlichkeiten sollen verschwinden, generell soll ein Vogel nicht mehr nach einem Menschen benannt sein.

So steht die Umbenennung eines Kolibris namens "Anna’s Hemmingbird", benannt nach Anna Masséna, Herzogin von Rivoli, fest. Und das, obwohl er einer der wenigen Vögel ist, die nach einer Frau benannt ist. Auch eine Spechtart, die nach dem amerikanischen Entdecker Meriwather Lewis mit "Lewi’s Woodpacker" benannt ist, soll zukünftig nicht mehr so heißen dürfen.

Ziel der "AOS" ist, dass Vögel Namen erhalten sollen, die sich auf ihre Charakteristika, wie zum Beispiel das Gefieder, beziehen. Das Wappentier Amerikas bleibt daher auch bei seinem Namen "Bald Eagle" (Weißkopfseeadler). Unberührt von den zukünftigen Änderungen sind außerdem die wissenschaftlichen Namen der Vögel, wie zum Beispiel "Haliaeetus leucocephalus".

Ein Singvogel ist bereits umbenannt

2020 benannte die "AOS" bereits einen Singvogel um. In den USA fand damals eine Neubewertung des Amerikanischen Bürgerkrieges hinsichtlich der Rolle der Vereinigten Südstaaten (Konföderierten) in Bezug auf Sklaven-Haltung statt. Im Zuge dessen wurden überall Statuen und Flaggen der "Konföderierten" entfernt. Die Ornithologie-Vereinigung entschloss sich daher, eine Vogelart, die nach einem berühmten Konföderierten-General "McCowns’s Longspur" hieß, in "Thick-billed Longspur" (Dick-Schnabel Spornammer) umzubenennen.

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Hoffen wir, dass die Benennung nach berühmten Persönlichkeiten nicht für alle Tierarten auf dem Prüfstand steht. Denn dann müsste die neu entdeckte und gerade nach dem Hollywood Star Harrison Ford benannte Schlangenart "Tachymenoides harrisonfordi" schon wieder einen anderen Namen bekommen.

Donald Trump hingegen dürfte sich über eine Umbenennung freuen. Denn dass eine Mottenart wegen ihres weiß-gelblichen Aussehens "Neopalpa donaldtrumpi" heißt, ist für ihn wenig schmeichelhaft…  © Deine Tierwelt

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