Du denkst bei dem Begriff an ein Gestüt mit Wildpferden? Das ist heute durchaus nicht verkehrt. Aber wie entstand ein wildes Gestüt? Hier die Antworten.
Pferdezucht ist eine Wissenschaft für sich. Und egal, ob Hobby- oder Berufszüchter – wer sich damit beschäftigt, steht immer vor einer Frage: Welcher Hengst passt zu welcher Stute. Doch genau diese Frage ist bei einem wilden Gestüt nicht wichtig.
Was ist ein wildes Gestüt?
Einfach gesagt, ist es eine unkontrollierte Zucht. Das heißt: Bei einem wilden Gestüt werden Zuchtstuten und –hengste zusammen in der Herde gehalten, sodass die Zucht weitestgehend von der Natur "geregelt" wird. Lediglich durch die Auswahl der Hengste wird etwas in die Zucht eingegriffen. Übrigens: Bis ins 18. Jahrhundert gab es viele wilde Gestüte, die auch als Wildbahngestüte bezeichnet wurden. In Westfalen zum Beispiel gab es sogar bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere wilde Gestüte. Sie entstanden zumeist in Bruchlandschaften mit ganzjährig hohem Wasserstand, Urwäldern, Heidegebieten sowie in Gebieten mit feuchten Grasflächen oder schlechten Böden (zum Beispiel Sand).
Kurz: Ein wildes Gestüt gab es dort, wo der Boden durch den Menschen anders nicht nutzbar war. Dort lebten die Pferde ohne Beeinflussung durch den Menschen ganzjährig im Freien. Später wurde darauf geachtet, dass sich nur "gute" Gene weitervererben. Entsprach ein Hengst nicht den Ansprüchen, wurde er gelegt – und so aus der "wilden" Zucht genommen. So entstanden die sogenannten halbwilden Gestüte.
Auch der Adel hatte wilde Gestüte
Früher wurden Pferde als Arbeitstiere genutzt – und im Mittelalter waren sie ein Statussymbol für den Adel. Kein Wunder also, dass Könige und Co. besonders edle Pferde wollten. So hatte zum Beispiel der Kurfürst von der Pfalz laut Bericht von 1594 gleich vier Gestüte, darunter auch ein wildes Gestüt auf dem Otterberg.
Auch der römisch-katholische Deutschritterorden besaß wilde Gestüte, zum Beispiel im Baltikum. Dort wurde beispielsweise der Schweike gezüchtet, einer der Stammväter der Trakehner. Und auch andere Rassen entstanden durch wilde Gestüte, zum Beispiel das Dartmoor Pony und das Exmoor-Pony.
Wildes Gestüt: Ein Herzog legte den Grundstein
Noch heute gibt es auch in Deutschland ein wildes Gestüt: Die Wildpferdebahn im Merfelder Bruch bei Dülmen. Sie verdankt ihr Überleben einem Herzog. Dabei gibt es die Wildpferde dort schon seit Jahrhunderten: 1316 wurden sie zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Doch je mehr Raum der Mensch brauchte, desto mehr wurden die Pferde verdrängt. Bis 1847 der Herzog Alfred von Croÿ für sie ein Reservat einrichtete.
Er ließ die Pferde einfangen und bot ihnen im Merfelder Bruch einen neuen Platz. Noch heute leben dort auf rund 3,6 Quadratmeter die Dülmener Pferde völlig sich selbst überlassen. Nur einmal im Jahr werden die einjährigen Hengste eingefangen und dann verkauft. © Pferde.de
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