Sie haben sich krankgemeldet - und plötzlich steht jemand von der Firma vor der Tür. Was absurd klingt, soll in einigen Unternehmen gängig sein. Aber ist das überhaupt erlaubt?
Krankgemeldet - und plötzlich steht der Chef vor der Haustüre: Das ist manchen bei Tesla in Brandenburg so passiert. Das Vorgehen sorgte für viel Aufsehen. Laut einem Bericht des "Handelsblatt" sei geprüft worden, wer wirklich das Bett hüten muss und wer womöglich nur simuliert. Wie Tesla-Werksleiter André Thierig gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte, seien Hausbesuche nichts Ungewöhnliches – "das machen viele Unternehmen".
Aber ist es überhaupt erlaubt, dass Personalchef oder Geschäftsführer plötzlich und unangekündigt vor der Haustüre stehen, wenn sich Beschäftigte krankgemeldet haben?
Unangekündigte Hausbesuche nur in Ausnahmefällen
Laut Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht, sind unangekündigte Hausbesuche "nur unter Wahrung des datenschutzrechtlichen Rahmens" zulässig. Der Besuch müsse daher für einen berechtigten Zweck "geeignet, erforderlich und verhältnismäßig" sein. In der Praxis wird das der Arbeitsrechtsexpertin zufolge "allenfalls bei konkretem Missbrauchsverdacht überhaupt in Betracht kommen" - und auch dann nur, wenn nicht weniger einschneidende Maßnahmen in Betracht kommen.
Entsprechend sind Beschäftigte auch nicht verpflichtet, die Tür aufzumachen, zu Hause zu sein oder Auskünfte zu ihrer Erkrankung zu geben, wenn der Arbeitgeber unangekündigt für einen Hausbesuch auftaucht.
Auch Anrufe nur in Einzelfällen zulässig
In aller Regel müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht einmal telefonisch erreichbar sein oder Anrufe entgegennehmen, während sie krank sind, stellt Juristin Oberthür klar. Anrufe zu Kontrollzwecken, weil der Arbeitgeber Zweifel an der AU-Bescheinigung hegt, seien allenfalls sehr begrenzt möglich.
In Einzelfällen können aber Ausnahmen einen Anruf rechtfertigen - denkbar sei etwa, dass jemand während der Arbeitsunfähigkeit auf dringende dienstliche Fragen antworten muss. Auch das hänge aber vom konkreten betrieblichen Interesse und der Art der Krankheit ab.
Bei Zweifeln kein Lohn oder Überprüfung durch Medizinischen Dienst
Welche Möglichkeiten bleiben Unternehmen nun, wenn sie den Verdacht haben, dass Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter einfach blau machen? Wo berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten bestehen, die den Beweiswert der ärztlichen AU-Bescheinigung erschüttern, könne der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern. Der Arbeitnehmer müsse dann konkret begründen, welche Krankheit bestanden und die Arbeitsunfähigkeit begründet hat.
Darüber hinaus können Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkasse auffordern, die Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen. Das Ergebnis wird dem behandelnden Arzt mitgeteilt. Der Arbeitgeber bekommt das Ergebnis lediglich, wenn die Einschätzung des Medizinischen Dienstes von der des Arztes abweicht.
Eine Überprüfung ist Rechtsexperten zufolge etwa regelmäßig zum Beispiel dann möglich, wenn ein Arbeitnehmer auffallend häufig oder immer wieder für kurze Zeit arbeitsunfähig ist - und die Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Montag oder Freitag fällt oder an solchen Tagen beginnt. (dpa/bearbeitet von sbi)
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