• Beim Jobsharing teilen sich zwei Arbeitnehmende eine Stelle.
  • Namhafte Unternehmen schreiben sich ihre Tandems gerne groß auf die Marketing-Fahne.
  • Für wen eignet sich das Modell - und wer sollte besser die Finger davon lassen?

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Weniger arbeiten, trotzdem Verantwortung behalten: Viele halten das noch immer für schwierig bis undenkbar. Die Lösung kann sein, dass sich zwei Personen eine Position teilen. In der Theorie klingt das simpel. In der Praxis stehen hinter dem Arbeitsmodell Jobsharing noch jede Menge Fragen, die es zu klären gilt.

Janina Marks und Michael Hedinger etwa teilen sich seit einiger Zeit die Position als Head of Global Trade Management Europe in der Seefracht bei DB Schenker. Janina Marks hatte die Stelle nach ihrer Elternzeit angeboten bekommen, wollte aber auch weiter Zeit für ihren Sohn haben.

Familie und Karriere unter einen Hut bekommen

Deshalb fing sie an, sich in Absprache mit ihrer Vorgesetzten nach einem Tandempartner umzusehen. Auf die Suchanfrage meldete sich Michael Hedinger, den sie bereits als Geschäftspartner kannte. "Wir haben uns einfach mal ganz unverbindlich getroffen, darüber geredet und so zueinander gefunden", sagt Marks. Michael Hedinger war nicht nur aus fachlicher Sicht von der Stelle und dem Sharing-Modell überzeugt. Auch seine Rolle als Familienvater spielte mit in die Entscheidungsfindung. "Während Corona habe ich deutlich gemerkt, dass es auch mal was anderes gibt als nur von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends im Büro zu sein."

Dass ein Führungsduo sich findet, indem ein externer Bewerber dazukommt, ist noch relativ ungewöhnlich. "Es ist auf jeden Fall von innen einfacher", sagt Svenja Christen, Organisationspsychologin und Geschäftsführerin der Beratungsfirma The Jobsharing-Hub. Es gebe aber bereits einige große Unternehmen, die Positionen als Jobsharing-Stellen ausschreiben. Und auch The Jobsharing-Hub arbeitet an einer digitalen Recruitinglösung, um Unternehmen, Bewerber und Bewerberinnen optimal zusammenzubringen.

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Passenden Partner selbst ausfindig machen

Wer sich für Jobsharing interessiert, braucht viel Eigeninitiative. Aus Sicht von Janina Marks ist es zum Beispiel sinnvoll, einen passenden Tandempartner zu finden, bevor man auf das Management zugeht oder die Vorgesetzten pusht.

Daneben sind gute Argumente und eine ausgefeilte Strategie wichtig. Marks empfiehlt einen möglichst genauen Plan, mit dem sich aufzeigen lässt, wo die Vorteile liegen: "Wir beide haben zum Beispiel in der Vergangenheit in verschiedenen Bereichen Erfahrungen gesammelt. Diese geballte Kompetenz ist unser Verkaufsargument."

Jobsharing ist meistens Topsharing

Außerhalb von Fach- oder Führungspositionen kann die Überzeugungsarbeit deutlich schwieriger werden. "Je umfangreicher eine Rolle ist - etwa weil sie sogar global oder international ist - desto interessanter ist Jobsharing auch aus Firmensicht", sagt Michael Hedinger.

Laut Svenja Christen hat es gute Gründe, warum das Modell oft auf Führungsebene bleibt. Ihrer Forschung gemeinsam mit dem WZB (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) zufolge findet Jobsharing zu drei Vierteln auf Führungs- und zu einem Viertel auf Fachkräfte-Ebene statt.

Es mache dann Sinn, wenn eine Stelle Komplexität mit sich bringt. Wo Aufgaben sich klar abgrenzen lassen und wenig verwoben sind, könne man Stellen zwar ebenfalls zeitlich aufteilen. "Das würde ich dann aber nicht Jobsharing nennen. Das sind ganz einfach zwei Teilzeitstellen nebeneinander." Jobsharing brauche es da, wo Workload und Aufgabenverdichtung hoch sind und Beschäftigte Verantwortung für andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. "Das ist eben meist auf Führungspositionen der Fall. Das können aber auch komplexe Fachpositionen sein", sagt Christen.

Überlappungs- und Sparringszeiten sind essenziell

Beim Jobsharing würden Unternehmen meist 1,2 bis 1,5 Stellen bezahlen, erklärt Christen. Weil es gerade die Kollaboration der Tandems ist, die die Qualität der Stelle "nach oben pusht", brauche es genau dafür Überlappungs- und Sparringszeiten.

"Ich bin der Meinung, im Management hat man aufgrund der verschiedenen fachlichen Kompetenzen einen großen Mehrwert - zwei Brains, vier Augen, vier Ohren", sagt Micheal Hedinger. Wo zwei Menschen zusammenarbeiten, die verschiedene Backgrounds und unterschiedliches Wissen mitbringen, könne man viel bewegen.

Ein weiterer Grund, warum Jobsharing vor allem in Top-Positionen gepflegt wird: Führungspositionen sind oft Stellen, auf denen man besser auf einen Teil des Gehalts verzichten kann. "Das muss man ganz ehrlich sagen", so Christen. Bei gut dotierten Stellen sei es attraktiver, etwa auf 65 Prozent zu reduzieren als da, wo man ohnehin nur wenig verdient.

Jobsharing bietet Chancen - birgt aber auch Probleme

Wird das Modell gut umgesetzt, profitieren meist beide Seiten. DB Schenker-Personalvorständin Katharina Rath zufolge müssen Unternehmen zum Beispiel nicht den einen Kandidaten oder die eine Kandidatin finden, der oder die alles erfüllt - sondern könnten die Anforderungen einer Position aufteilen. Wichtig sei, dass man Menschen mit Fähigkeiten findet, die sich "wie zwei Puzzleteile" perfekt ergänzen.

Für Janina Marks ist Jobsharing zunächst Grundvoraussetzung, damit sie ihre Position in Teilzeit ausüben und so Familie und Karriere vereinbaren kann. "Das Modell hat für mich aber auch den klaren Vorteil, dass mir Michael als Sparringspartner tagtäglich zur Seite steht." Da gehe es nicht nur darum, sich über Entscheidungen auszutauschen. "Ich bekomme von ihm auch ad hoc Kritik, die nehme ich gerne an - daran kann man nur wachsen."

Michael Hedinger weiß als Neuzugang vor allem das "softe Landing" zu schätzen. "Mit Janina an meiner Seite war es natürlich sehr einfach, Fuß zu fassen und mich zu integrieren." Er habe zum Beispiel von ihrem großen Netzwerk profitieren können.

Auf der anderen Seite bringt ein geteilter Job Herausforderungen mit sich - etwa, sich zu etablieren. Gerade für die ersten vier bis sechs Monate gilt laut Christen: "Man muss zusammenwachsen, man muss Abläufe finden, man muss sehr viel in Effizienzverbesserung investieren." Wer das gut meistert, gewinne durch das Modell enorm. Auch gegenüber einer einzelnen Vollzeitkraft.

"Es gibt Entscheidungen, die einfach zu wichtig sind, um sie alleine zu treffen. Und da besteht das Risiko, dass es zu zweit einfach mal einen Ticken länger dauert", erzählt auch Hedinger aus der Erfahrung des Tandems. Auch sei es nicht immer für alle sofort nachvollziehbar, wie das Duo zeitlich aufgestellt ist, und wann beide gemeinsam erreichbar sind. Insbesondere wenn im Unternehmen vermehrt Tandems arbeiten, braucht es für solche Fragen gute Lösungen.

Karriere trotz Jobsharings

Um die Herausforderungen des Alltags zu meistern, gilt es, früh selbstkritisch zu prüfen, ob einem das geteilte Arbeiten überhaupt liegt. "Der wichtigste Punkt ist, dass man Lust hat auf kollaboratives Arbeiten", sagt Svenja Christen.

Janina Marks und Michael Hedinger mussten erst lernen, dem anderen zu vertrauen und Kontrolle abzugeben. Für sie zählt Teamfähigkeit, Transparenz und Kompromissbereitschaft. "Wer notorisch Aufmerksamkeit braucht und alle Erfolge für sich einheimsen muss, ist in dem Modell falsch", so Hedinger.

Das bedeute aber nicht, dass einem Karriere und Erfolge nicht wichtig sein dürfen. "Für mich widerspricht es sich nicht, karriereorientiert und Teil eines Jobtandems zu sein. Für mich war der Wechsel in diese Position definitiv ein Karrieresprung." Hedinger möchte insbesondere mehr Männer ermutigen, Jobsharing auszuprobieren. Sie könnten "noch viel Aufholarbeit leisten".

Organisationspsychologin Christen glaubt, dass das Thema Jobsharing in Zukunft ohnehin noch wachsen wird. Durch die Pandemie habe es aufseiten der Unternehmen viele Learnings gegeben. Gleichzeitig hätten sich viele Menschen damit auseinandergesetzt, wie sie eigentlich arbeiten wollen. Christen bemerkt, dass sich nun wesentlich mehr Menschen mit dem Thema beschäftigen. Sie erklärt: "In den Unternehmen ist Jobsharing dann oft ein organisch wachsendes, agiles Thema. Und das erwarte ich auch für den Markt insgesamt." (sbi/dpa)

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