Wer auf seinem Arbeitscomputer private E-Mails schreibt, bewegt sich rechtlich in vielen Fällen in der Grauzone. Was Arbeitnehmer während der Arbeitszeit dürfen und welche Rolle das Wohlwollen des Chefs dabei spielt.

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Ein Telefonat mit dem Handwerker, private Mails checken oder mal eben das private Handy an den Strom anschließen – für viele Arbeitnehmer ist das am Arbeitsplatz selbstverständlich. Rein rechtlich können sie damit aber schnell in die Falle tappen, warnt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür, Mitglied im Ausschuss Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins.

"Ein Arbeitnehmer verkauft seine Arbeitsleistung. Während der Arbeitszeit muss er also arbeiten und darf streng nach Gesetz nichts Privates erledigen." In der betrieblichen Realität sehe das jedoch häufig ganz anders aus. "Viele Arbeitgeber sind bei diesen Dingen großzügig und dulden private Erledigungen während der Arbeitszeit." Allerdings gilt: Nur weil der Chef es duldet, haben Arbeitnehmer noch lange keinen Anspruch darauf.

Sanktionen nur bei Verboten

Private E-Mails schreiben oder mal kurz den nächsten Urlaub buchen: Sofern der Arbeitgeber so etwas nicht ausdrücklich verbietet, darf er seine Mitarbeiter dafür nicht abmahnen, sagt die Rechtsanwältin. "Und solange auch die private Nutzung des Computers nicht ausdrücklich untersagt ist, darf er weder Mails noch Browserverlauf kontrollieren." Nur ein Verbot berechtigt den Arbeitgeber, das stichprobenartig zu überwachen.

In ihren Pausen dürfen Arbeitnehmer allerdings tun was sie möchten, schreibt Ulf Weigelt im Buch "Was Chefs nicht dürfen und was doch". Schließlich werden diese Stunden auch nicht bezahlt. Der Chef darf also nicht vorschreiben, in dieser Zeit zum Beispiel nicht zum Sport zu gehen. Außerhalb der regulären Pause sieht es hingegen anders aus: Raucherpausen darf er untersagen.

Nicht alles darf verboten werden

Der Arbeitgeber hat außerdem das Hausrecht. Privaten Besuch am Arbeitsplatz kann er deshalb verbieten, so Weigelt. Und auch Pakete dürfen sich Mitarbeiter nicht unbedingt zur Arbeit schicken lassen. Falls es im Unternehmen dazu keine Regel gibt, sollte der Chef unbedingt vorher gefragt werden, rät Oberthür.

Bei der Dekoration des eigenen Arbeitsplatzes hat der Arbeitgeber allerdings nicht immer ein Wörtchen mitzureden. "Das fällt unter das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers. Solange also Fotos auf dem Schreibtisch oder die Zimmerpalme zum Beispiel die Kollegen nicht beeinträchtigen oder bei Kundenkontakt das Unternehmensbild stören, ist das erlaubt."

Bei vielen Beschäftigten ist es durch flexible Arbeitszeiten nicht mehr so schwierig einen Arzttermin zu bekommen. Doch manchmal lässt sich nicht vermeiden, dass der Termin mitten in der Arbeitszeit liegt.

"Wenn der Arztbesuch notwendig ist und es nicht anders geht, muss der Arbeitgeber den Termin erlauben und seinen Mitarbeiter bezahlt freistellen", weiß die Arbeitsrechtexpertin. "Ist der Termin dagegen rein privat, zum Beispiel eine Bankberatung, dann geht das nur mit Urlaub."

Kein Anspruch auf Privates

In vielen Unternehmen gebe es eine Grauzone im Umgang mit privaten Dingen, erklärt Oberthür. Wer noch nach Feierabend Arbeitsmails checkt oder regelmäßig Überstunden schiebt, kommt schnell in Versuchung, dafür vom Chef bei privaten Dingen während der Arbeitszeit Entgegenkommen zu erwarten.

"Gerade wenn Arbeitgeber vieles dulden, gehen die Angestellten damit mitunter sehr lax um. Durch die Duldung entsteht aber kein Anspruch darauf, zum Beispiel den Computer privat zu nutzen oder mal etwas privates auszudrucken", warnt sie.

Im Extremfall kann eine zu große Sorglosigkeit sogar zu einer Kündigung führen. "Arbeitszeitbetrug oder Diebstahl sind Kündigungsgründe." Geht etwa ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit in die Pause, ohne sich auszustempeln, darf der Arbeitgeber ihm kündigen.

Steckt er sein privates Handy zum Aufladen in die Steckdose, ist das Stromdiebstahl. Auch das kann ein Kündigungsgrund sein. Allerdings muss es verhältnismäßig sein, sagt Oberthür.

"Die Grenzen sind hier fließend. Es kommt dabei auf die Interessenabwägung von Unternehmen und Mitarbeiter an. Zum Beispiel zählt dafür auch die Betriebszugehörigkeit des Angestellten."

Verwendete Quellen

  • Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht, Mitglied im Ausschuss Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins
  • Ulf Weigelt/Sabine Hockling: Was Chefs nicht dürfen und was doch. Ullstein Verlag
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