Wenn es am Arbeitsplatz an Motivation mangelt, kann ein Jobwechsel helfen. Auch der Absprung in eine neue Branche kann in Erwägung gezogen werden. Eine Expertin erklärt, wie der Quereinstieg gelingt und wie Sie sich für potentielle neue Arbeitgeber interessant machen.
Schon beim Hochfahren des Computers fangen Sie an zu seufzen. Der Gang zur Kaffeemaschine ist keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit. Zurück auf dem Bürostuhl müssen Sie alles geben, um noch einen Rest Motivation für Ihren Arbeitstag aufbringen zu können. Kennen Sie dieses Gefühl?
Wenn ja, sind Sie nicht alleine. Manchen reicht in diesen Fällen der Wechsel in ein anderes Unternehmen. Andere hingegen sehnen sich nach größeren Veränderungen – dem Wechsel in eine ganz neue Branche, dem Quereinstieg in einen anderen Job.
Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Es kommt häufig vor, dass Angestellte während ihrer beruflichen Laufbahn das Herzblut für ihren gelernten Beruf verlieren. Das kann so weit gehen, dass sie die tägliche Arbeit richtiggehend als Raubbau an Psyche und Physis empfinden. Mitunter sind Depressionen die Folge.
Manchmal hingegen verlieren sich Menschen mit den Jahren auch in "Übergangslösungen" oder rutschen in Jobs hinein, die sie früher niemals machen wollten. Alle Wünsche und Überzeugungen, die vorher den starken, inneren Antrieb ausmachten, liegen dann in der Vergangenheit. Dann heißt es: Wie ein Pikachu aus dem Pokéball ausbrechen und zum Angriff übergehen! Es wird Zeit für einen vollständig neuen Job!
Personalverantwortliche schätzen Zusatzqualifikationen
Bis dieses Aha-Erlebnis kommt, hat der bisherige Beruf allerdings oft schon viel Zeit und Energie in Anspruch genommen und am Ende steht die Erkenntnis: "Oh, Mist! Ich habe mich jahrelang auf meinen Job konzentriert, 40+ Stunden die Woche gearbeitet und viele meiner Interessen und privaten Initiativen sind dabei auf der Strecke geblieben."
Wieso das ein Problem bei einem geplanten Quereinstieg ist? Ganz einfach: Eine Umfrage des Online-Karriereportals Monster unter gut 400 Personalverantwortlichen in Deutschland hat ergeben, dass 53 Prozent bei Quereinsteigern großen Wert auf Zusatzqualifikationen legen und immerhin ein Viertel schätzt interessante persönliche Interessen.
Wer nun also genau diese Punkte lange Jahre hat brach liegen lassen, ist zunächst nicht gerade in der besten Ausgangsposition für einen Quereinstieg. Aber Kopf hoch, hier kommen ein paar Tipps, wie Sie sich wieder an Ihre persönlichen Interessen herantasten können, Zusatzqualifikationen ausbauen und sich damit für potentielle neue Arbeitgeber interessant machen:
1. Erinnern Sie sich zurück!
Welche Leidenschaften, Hobbies und Interessen haben Sie in den letzten Jahren aufgegeben, die Sie nun vermissen und die einen thematischen Bezug zu Ihrem neuen Wunscharbeitsbereich haben? Der Weg raus aus der Routine ist immer etwas einfacher, wenn er bei etwas einst Bekanntem beginnt.
In Ihrem Freundeskreis und am Arbeitsplatz sind Sie die Organisiererin, immer alles gut geplant und das Budget im Blick? Prima! Eine Zertifizierung als Projekt Management Professional durch das Projekt Management Institute (PMI) kann Sie auf diesem Weg weiterbringen.
Haben Sie schon früher gerne Urlaubsberichte geschrieben, fotografiert und möchten das in Ihr neues Leben übertragen? Dann sind Fortbildungen im Bereich Grafik oder Text das richtige! Hier lernen Sie aktuelle Tools und Programme kennen, die Ihnen einen Einstieg in das Marketing erleichtern – auch in karitativen Einrichtungen oder im Umweltschutz.
2. Die weite Welt der Onlinekurse
Seien Sie ehrlich: Vermutlich gehören Sie, wie so viele andere auch, zu den Meistern der Ausreden und Vermeidungstaktik. Wenn Sie abends oder am Wochenende Zeit haben im Netz zu surfen und Rechtschreibfehler zu zählen, dann werden Sie auch eine Stunde für einen Onlinekurs entbehren können.
Sie müssen dafür nirgends mehr hinfahren und die Angebote im E-Learning sind mit den Jahren auch immer besser geworden. Es muss nicht gleich ein Fernstudium sein, aber wie wäre es denn mit einem Business-Englisch-Kurs oder einem Programmierkurs? Die Auswahl an Anbietern ist inzwischen riesig, genauso wie das Angebot an Kursen von Rhetorik über Projektmanagement und Facebook Marketing hin zu SCRUM und Buchführung.
3. Zusammen ist es am schönsten
Der Nachteil an Onlinekursen ist natürlich: Sie müssen schon ein wenig Selbstdisziplin mitbringen. Wenn Sie ernsthafte Zweifel haben, ob Ihnen bei dieser Form des Arbeitens nicht die Decke auf den Kopf fällt, gibt es Alternativen. Hier kommt es ganz darauf an, was Ihnen vorschwebt.
Möchten Sie im sportlichen Bereich aktiv werden, bieten sich Sportvereine an. Der Vorteil ist ganz klar: die familiäre Atmosphäre. Ihr Ziel ist es, aus Ihrem Trott herauszukommen und ihre Synapsen wieder in Schwung zu bringen. Wie geht das besser als über soziale Kontakte? In Vereinen kommen Sie schnell mit anderen Menschen in Kontakt und erweitern Ihr Netzwerk.
Alternativ bieten sich Volkshochschulen oder auch Anbieter wie das LEB (Ländliche Erwachsenenbildung) an, die es in verschiedenen Bundesländern gibt. Dort können Sie auch außerhalb der großen Städte Weiterbildungen besuchen zu Themen rund um das Ehrenamt, Ökologie und Nachhaltigkeit, Erziehung und Pflege, Gesundheit sowie Gesellschaft und Integration.
4. Ran an den Speck
Besonders, wenn Sie schon eine ganze Weile im Beruf waren, haben Sie bewusst und unterbewusst sicherlich einige Erwartungen und Ansprüche entwickelt. Sei es an Ihr Gehalt, flexible Arbeitszeiten oder das Mitspracherecht, das Sie innerhalb Ihres Unternehmens genießen.
Das ist natürlich verständlich. Deswegen wird Ihnen dieser Tipp vielleicht erstmal nicht gefallen: Machen Sie ein Praktikum. Ja, dabei werden Sie schlecht oder gar nicht bezahlt und stehen ganz unten in der Hierarchie. Es müssen auch nicht gleich mehrere Monate sein, aber wenn Sie mit einer völlig fremden Branche liebäugeln, ist es von Vorteil dort schon mal hineingeschnuppert zu haben.
Vier Wochen sind ein guter Anfang. Beantragen Sie Urlaub für diese Zeit, damit Sie nicht gleich vollkommen ins kalte Wasser springen und Ihren bisherigen Job kündigen. Das richtige Praktikum liefert nicht nur einen authentischen Einblick in den Job, sondern Sie wissen anschließend zwei Dinge wesentlich besser als zuvor.
Erstens: Ist dieser Job und diese Branche wirklich etwas für Sie oder waren Sie vielmehr in die romantische, rein theoretische Vorstellung der Arbeit verliebt? Zweitens: Welche Fähigkeiten, Werkzeuge oder Programme sind in der Branche sehr wichtig und ein überzeugendes Argument für Arbeitgeber? Besser können Sie sich auf einen Wechsel kaum vorbereiten.
Sie sehen: Es gibt verschiedenste Möglichkeiten an die wichtigen Zusatzqualifikationen zu gelangen, um einen Quereinstieg zu meistern. Und sollten Sie zwischendrin mal die Motivation verlieren, denken Sie einfach an Ihr tiefes Seufzen, jedes Mal, wenn Sie Ihren Computer hochfahren.
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