Was die Ausübung des Jobs angeht, hat am Arbeitsplatz der Chef das Sagen. Doch was ist, wenn er anfängt, in den Stil des Arbeitnehmers reinzureden? Darf er vorschreiben, wie man sich kleidet oder sein Haar trägt? Wir klären die wichtigsten Fragen mit einem Experten für Arbeitsrecht.
Jeder Mensch hat das Recht, seine Persönlichkeit frei zu entfalten und darf sich dementsprechend kleiden, wie er möchte, sein Haar wachsen lassen oder es färben.
Darauf muss auch der Arbeitgeber Rücksicht nehmen und darf nicht grundlos darüber bestimmen, wie seine Mitarbeiter auszusehen haben.
Anders verhält es sich allerdings, wenn ein begründetes Interesse vorliegt, das rechtfertigt, auf den Stil des Arbeitnehmers Einfluss zu nehmen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Unternehmen einheitlich repräsentiert werden soll oder bestimmte gesetzliche Vorschriften eingehalten werden müssen.
Arbeitskleidung darf der Chef vorgeben
"Grundsätzlich hat der Arbeitgeber bezüglich der Arbeitskleidung und allen anderen optischen Auffälligkeiten des Arbeitnehmers das sogenannte Direktionsrecht inne," erklärt Felix Prochnow, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in der Anwaltskanzlei Hecht & Kollegen in Hamburg.
Das heißt, er kann festlegen, ob seine Mitarbeiter eine bestimmte Dienstkleidung oder Uniform tragen müssen, um zum Beispiel eine Zugehörigkeit zum Unternehmen zu zeigen.
In vielen Berufen ist das Tragen einer speziellen Arbeitskleidung sogar durch Gesetze (wie das Arbeitsschutzgesetz) und Vorschriften geregelt, zum Beispiel aus hygienischen Gründen in der Gastronomie oder im Gesundheitswesen oder zur Sicherung des Arbeitnehmers auf Baustellen. An diese Vorgaben müssen sich sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer halten.
Trotz Hitze nicht einfach legerer ins Büro
Wenn die Temperaturen im Sommer ansteigen, ist die Verlockung groß, legerer gekleidet in die Arbeit zu gehen. Vor allem in Jobs mit klassischer Businessgarderobe sehnen dann viele Mitarbeiter einen lockereren Umgang mit den Kleidungsvorschriften herbei.
"Wenn der Arbeitgeber Kleidungsvorschriften erlassen hat, gelten sie temperaturunabhängig", sagt der Rechtsanwalt im Gespräch mit unserer Redaktion. "Generell ist davon abzuraten, eigenmächtig in kurzer Hose zur Arbeit zu erscheinen. Um rechtliche Schritte zu vermeiden, sollte man solche Wünsche vorher mit dem Arbeitgeber abklären," rät er.
Wenn die Umstände unzumutbar werden, am besten das Gespräch mit dem Chef suchen und gemeinsam eine Lösung finden. Denn wer der Pflicht des Tragens einer Dienstkleidung nicht nachkommt, dem droht eine Abmahnung. Mehrere Verstöße können im schlimmsten Fall sogar zur Kündigung führen.
Tätowierungen werden akzeptiert
Auch bei Tattoos muss der Arbeitgeber bei möglichen Vorschriften zwischen seinen Interessen und der Möglichkeit zur Entfaltung der Persönlichkeit des Angestellten abwägen.
Tätowierungen sind in der heutigen Gesellschaft akzeptiert und sollten kein Einstellungshindernis sein. Grundsätzlich kommt es aber auf den Einzelfall und den entsprechenden Beruf an.
In diesem Fall wäre ein Verbot beziehungsweise eine Einschränkung beispielsweise rechtmäßig: "Wenn in einem Bestattungsunternehmen zum Beispiel jemand arbeitet, der Totenköpfe auf dem Arm tätowiert hat, könnte der Chef verlangen, dass die Person langärmelige Kleidung trägt, um die Tätowierung zu verdecken", sagt der Arbeitsrecht-Experte.
Frisur und Bart sind Privatsache
"Eine generelle Pflicht, bartlos zur Arbeit zu erscheinen, kann der Arbeitgeber nicht aussprechen" sagt Prochnow. Ein gepflegtes und für die jeweilige Branche angemessenes Äußeres sollten aber trotzdem selbstverständlich sein, vor allem, wenn man Kundenkontakt hat.
Auch lange Haare kann der Chef nicht einfach untersagen. Falls die Haarpracht aus hygienischen oder sicherheitstechnischen Gründen bedenklich wäre, kann man mögliche Gefahren durch das Tragen eines Haarnetzes oder eines Zopfes vermeiden.
"Auch hier muss der Arbeitgeber, wenn er eine entsprechende Anweisung erlässt, sogenanntes billiges Ermessen ausüben, um den Belangen des Arbeitnehmers hinreichend Rechnung tragen zu können," erklärt der Rechtsanwalt.
Je nach Branche und Unternehmenskultur können sich die Vorschriften, was Kleidung und die gesamte optische Erscheinung angeht, stark unterscheiden. Wenn es keine klaren Anweisungen gibt und man unsicher ist, was in seinem Beruf und seiner Firma als angemessen angesehen wird, einfach beim Arbeitgeber nachfragen - das erspart mögliche Unannehmlichkeiten.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Felix Prochnow, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in der Anwaltskanzlei Hecht & Kollegen in Hamburg
- Webseite des Bundesamtes für Justiz: Arbeitsschutzgesetz
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