Von Klasse 1 gleich in Klasse 3 springen? Eltern in Hamburg wären dafür. Das bedeute auch mehr Zeit für Schüler, die langsamer seien. Eine gute Idee angesichts einer sehr unterschiedlichen Schülerschaft?
Hamburger Eltern wollen Erstklässler, die schon gut lesen und schreiben können, die zweite Klasse überspringen lassen.
Die Elternkammer der Hansestadt spricht von einer "flexiblen Schuleingangsphase". Schüler, denen es "ein bisschen schwerer fällt", hätten dann mehr Zeit, sich denselben Lernstoff in drei Jahren anzueignen, sagte die Vorsitzende der Elternkammer, Antje Müller, im NDR. Der Chef der Kultusministerkonferenz (KMK), Helmut Holter, begrüßte den Vorschlag.
Der Linke-Politiker Holter sprach am Dienstag in Erfurt von einem "geeigneten Mittel, um individueller auf jedes Kind eingehen zu können".
"Das Modell ermöglicht, die immer größeren Unterschiede im Vorwissen der Schülerinnen und Schüler besser zu berücksichtigen." So könne sowohl Über- als auch Unterforderung verhindert werden.
Die Kultusministerkonferenz habe bereits im Jahr 2002 empfohlen, dass die ersten beiden Schuljahre in ein bis drei Jahren durchlaufen werden können, sagte Holter. "Der Unterricht findet dann in jahrgangsgemischten Klassen statt, damit die sozialen Kontakte erhalten bleiben, auch wenn Kinder schneller oder langsamer lernen."
Einige Länder haben die flexible Schuleingangsphase bereits eingeführt und gute Erfahrungen damit gemacht, wie Holter sagte.
Politiker sind sich uneins
Auch Müller von der Hamburger Elternkammer betonte die Vielfältigkeit der Schülerschaft: "Ein Kind, das mit einer guten Lernausgangslage pfiffig, motiviert ist, könnte nach einem Jahr in die Klasse 3 übergehen, während ein Kind, dem es ein bisschen schwerer fällt, das vielleicht Deutschprobleme hat, denselben Lernstoff sich in drei Jahren aneignen könnte."
Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht den Vorschlag aus Hamburg kritisch. "Vier Jahre Grundschule sind aus meiner Sicht für die Entwicklung der Kinder grundsätzlich sinnvoll und wichtig", erklärte sie.
"Es sollte nicht darum gehen, Kinder schnellstmöglich durch die Schule zu schleusen. In Einzelfällen ist der Ansatz aus Hamburg aber durchaus denkbar."
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) zeigte sich hingegen offen. "Ich finde die Idee sehr gut", sagte er dem NDR. Es gebe tatsächlich Schüler an den Grundschulen, die vom Lernstand her drei Jahre auseinander seien. Allerdings habe er vor fünf Jahren ein solches Pilotprojekt starten wollen, aber keine Grundschule gefunden, die habe mitmachen wollen.
In Schleswig-Holstein etwa gibt es seit 2004 eine flexible Eingangsstufe: Grundschulkinder können dort den ersten und zweiten Jahrgang in ein bis drei Jahren absolvieren. Auch in Sachsen-Anhalt ist das möglich. © dpa
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