Seit Jahren gibt es Debatten um die gesundheitlichen Risiken von Rohmilch und Rohmilchkäse. Wir verraten dir, was Rohmilch ausmacht und worauf du beim Verzehr achten solltest.

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Als Rohmilch wird die nicht-pasteurisierte, unbehandelte Eutermilch von Nutztieren bezeichnet. Sie stammt wie auch die pasteurisierte Milch vorwiegend von Milchkühen. Gesetzlich dürfen als Rohmilch deklarierte Milcherzeugnisse weder über 40 Grad erhitzt noch durch Mikrofiltrierung gefiltert werden.

Um Produkte aus Rohmilch herrscht seit Einführung der Pasteurisierung in den 1890er-Jahren ein regelrechter Streit zwischen zwei Fronten:

  • Befürworter:innen der Rohmilch schwören unter anderem auf ihren angeblich höheren Nährwert durch mehr Enzyme und Mineralien. Außerdem gehen sie davon aus, dass durch den Verzehr der bakterienhaltigen Rohmilch die körpereigenen Abwehrkräfte gestärkt werden. Diese Annahmen konnten bis heute aber nicht wissenschaftlich belegt werden.
  • Stattdessen soll bereits 1974 soll der Bundesgesundheitsrat davor gewarnt haben, dass "der Verzehr von Rohmilch ernährungsphysiologisch keine Vorteile bietet, dass er aber im Vergleich zum Verzehr von erhitzter Milch ein gesundheitliches Risiko für den Menschen darstellt".
  • Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung rät dazu, Milch vor dem Verzehr immer abzukochen, also zu pasteurisieren und sich so vor Infektionen (wie beispielsweise Campylobacter-Enteritis oder EHEC-Erkrankung) zu schützen.

Rohmilchkäse: Wie gesund ist er wirklich?

Befürworter:innen der Rohmilch sorgen sich ganz besonders um den Rohmilchkäse. Rohmilchkäse ist bekannt für seinen charakteristisch aromatischen Geschmack. Dieser wird besonders von den ihn besiedelnden Bakterienkulturen erzeugt. Sie regen die Reifungsprozesse des Käses an und sorgen für Aromenvielfalt. Doch genau jene Bakterien sind es, die auch für die Gesundheit des Menschen bedenklich sind.

Käsesorten wie Camembert de Normandie und Roquefort AOC sind geschützte Sorten, die ausschließlich aus Rohmilch hergestellt werden dürfen. Bei anderen Sorten ist es den Herstellern überlassen, ob sie Rohmilch oder pasteurisierte Milch verwenden. Wieder andere Sorten entstehen zwar aus Rohmilch, sie werden während des Herstellungsprozesses für eine längere Haltbarkeit aber dennoch auf über 40 Grad erhitzt. Dazu zählen vor allem Hartkäse wie:

  • Brie
  • Parmigiano Reggiano D.O.P.
  • Gruyère
  • Emmentaler AOC und Allgäuer Emmentaler
  • Hobelkäse

Bakterienkulturen sind jedoch nicht immer ausschlaggebend für den aromatischen Geschmack von Käse. So spielen eine Vielzahl von Faktoren in der Herstellung eine wichtige Rolle für den Genuss. Ein Käse aus pasteurisierter Milch kann durch optimale Lagerung und die richtige Luftfeuchtigkeit ebenso aromatisch schmecken wie ein vergleichbarer Rohmilchkäse.

Rohmilch: Risiken und Richtlinien

Dass durch den Verzehr von Rohmilch oder Rohmilchkäse gesundheitsschädigende Bakterien in den Körper gelangen, ist niemals gänzlich auszuschließen. Während in den USA ein striktes Verkaufsverbot für Rohmilchprodukte herrscht, ist der Verkauf bei uns in der EU zugelassen.

Zwar unterliegt die Produktion strengen Hygienevorschriften sowie regelmäßigen Kontrollen, dennoch erkranken jährlich zahlreiche Menschen an Listeriose. Listeriose ist eine ernstzunehmende Krankheit, die unter anderem durch die in Rohmilch vorkommenden Bakterien, den Listerien, ausgelöst wird. Sie äußert sich zunächst durch grippeähnliche Symptome und kann im ungünstigen Verlauf zu Blutvergiftungen und Hirnhautentzündungen führen.

Ein deutlich höherer Schutz vor Bakterieninfektionen besteht bei pasteurisierten Milchprodukten. Doch auch hier kann aufgrund industrieller Herstellungsprozesse und gelegentlichen Verunreinigungen keine vollständige Sicherheit gewährleistet werden.

Vorsicht vor Rohmilch in der Schwangerschaft

Mit dem Verzicht von Rohmilchprodukten minimierst du auf jeden Fall gesundheitliche Risiken.

  • Konsequent auf Rohmilch verzichten solltest du aber in jedem Fall während der Schwangerschaft. Eine Listerieninfektion kann für dich selbst zwar im besten Fall unbemerkt und harmlos verlaufen, für das ungeborene Kind kann sie allerdings lebensbedrohlich werden. Der noch nicht vollständig ausgebildete Organismus ist noch nicht resistent genug, um mit den Bakterien umzugehen.
  • Auch ältere Menschen, Kinder und Personen mit geschwächtem Immunsystem sollten aufgrund der Infektionsgefahr den Konsum von Rohmilchprodukten reduzieren oder ganz darauf verzichten.

Alternativen zu Rohmilch

Die Milch dient natürlicherweise zur Ernährung der Kälber in den ersten Monaten. Unter unserem hohen Milchkonsum leider aber viele Kühe: Sie sind dauerträchtig und hochgezüchtet, sodass sie mehr als zehnmal so viel Milch geben, wie eine Kuh normalerweise für ihr Junges. Ihre Lebenserwartung liegt gerade einmal bei sieben Jahren. Milchproduktion verursacht zudem eine bedeutende Umweltbelastung. Kühe, die für die Milchproduktion gehalten werden, benötigen beträchtliche Mengen an Futter, Wasser und Land. Kühe produzieren außerdem eine enorme Menge Methan – ein Gas, das stark zum Treibhauseffekt und damit zur Klimaerwärmung beiträgt.

Wenn du auf Milch nicht komplett verzichten möchtest, achte darauf, möglichst Bio-Milch aus der Region zu kaufen. Bio-Bauernhöfe halten oft kleinere Herden und setzen keine chemisch-synthetischen Pestizide und Düngemittel ein. Lokale Produktion bedeutet auch weniger Transport, was die CO₂-Emissionen verringert. Mehr dazu Informationen erhältst du hier: Milch kaufen, aber welche: Bio? Heumilch? Fair? Regional? Frischmilch? Vollfett?

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Vielleicht möchtest du auch ganz auf tierische Milchprodukte verzichten. Der Markt an pflanzlichen Milchalternativen wächst und verbessert sich rasant. Einige kannst du sogar zuhause selbst herstellen:

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Überarbeitet von Denise Schmucker

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