Berlin - Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stehen die Zeichen auf Konfrontation. Ein erstes Angebot des Konzerns hat die Gewerkschaft abgelehnt, wie diese mitteilte.
"Wir haben das Angebot, das uns am Dienstagabend um 20.30 Uhr vorgelegt worden ist, und das gerade mal zweieinhalb DIN-A4 Seiten umfasst, nicht als Verhandlungsgrundlage ansehen können", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch nach dem Treffen in Berlin. Die am Dienstag (14. März) wieder aufgenommenen Tarifgespräche seien daher nicht fortgesetzt und vertagt worden. Die Bahn bereitet sich vorsorglich auf Warnstreiks vor.
"Es ist wenig nachvollziehbar, dass man nicht mal auf der Basis in Verhandlungen geht", kritisierte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler den Schritt der Gewerkschaft. "Wir bieten an, und haben auch am Verhandlungstisch angeboten, die Gespräche unverzüglich fortzusetzen." Es sei möglich, "dass wir in kürzester Zeit auch hier zu Ergebnissen kommen", betonte Seiler.
Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180.000 betroffenen Bahn-Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt 5 Prozent anzuheben: In einem ersten Schritt um 3 Prozent ab Dezember dieses Jahres, in einem zweiten um 2 Prozent ab August 2024. Darüber hinaus stellte der Konzern zwei steuerfreie Einmalzahlungen von 1500 Euro im Mai und von 1000 Euro im Januar des kommenden Jahres in Aussicht.
Die EVG lehnt Einmalzahlungen grundsätzlich ab. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten fordert sie eine Steigerung um zwölf Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Zudem verlangt sie strukturelle Veränderungen in den Tarifverträgen, etwa eine Angleichung der Tarife zwischen Ost und West in manchen Regionen.
Auch bei der Mindestlohnthematik geht das Angebot der Bahn aus Sicht der Gewerkschaft in eine falsche Richtung. Derzeit steht bei einem Teil der Belegschaft der gesetzliche Mindestlohn noch nicht in den Tariftabellen. Die Bahn zahlt ihn in diesen Fällen eine Zulage. Die Gewerkschaft hatte gefordert, noch vor den Gesprächen über konkrete Tarif-Forderungen zwölf Euro Mindestlohn in den Tabellen festzusetzen. Dann bezögen sich die in dieser Runde erreichten Erhöhungen auf eine höhere Basis.
Die Bahn bietet nun 13 Euro Mindestlohn an, will diesen aber erst ab August 2024 in die Tabellen aufnehmen. Das lehnt die Gewerkschaft strikt ab.
Das nächste Verhandlungstreffen zwischen Bahn und EVG ist für Ende April angesetzt. Dazwischen liegen rund sechs Wochen - viel Zeit also für Warnstreiks. Doch darüber will die Gewerkschaft erst ab dem 23. März entscheiden. Sie verhandelt derzeit neben der Bahn mit 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen über identische Forderungen. Erst, wenn die EVG mit allen mindestens einmal am Verhandlungstisch gesessen habe, werde über das weitere Vorgehen entschieden, betonte Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Mittwoch. "Vor dem 23. werden wir nichts konkretes dazu sagen, wie es weiter geht."
Denkbar ist dabei ein koordiniertes Vorgehen mit der Gewerkschaft Verdi. Diese verhandelt derzeit über mehr Geld für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Dort steht die nächste Verhandlungsrunde am 27. und 28. März an. Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, dass am 27. gemeinsame Warnstreiks nicht nur den Bahnverkehr, sondern auch große Teile des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) lahmlegen könnten.
"Wir stehen gemeinsamen Aktionen mit Verdi offen gegenüber", sagte EVG-Verhandlungsführer Loroch dazu. "Aber fest können wir im Augenblick nichts sagen." Die Bahn wiederum trifft bereits entsprechende Vorkehrungen. "Es sollte nicht verwundern, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen müssen, wenn wir sowas aus verschiedenen Quellen hören", sagte Personalchef Seiler am Mittwoch. "Das dürfen unsere Fahrgäste auch von uns erwarten." © dpa
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