Auf unserer Griechenlandreise stand Nordmazedonien gar nicht auf dem Plan. Offen gesagt haben wir das kleine Binnenland zwischen Albanien, Kosovo, Serbien, Bulgarien und Griechenland einfach vergessen – vollkommen unberechtigt. Entlang der Adriaküste fuhren wir nach Griechenland. Jetzt soll es auf möglichst direktem Weg in Richtung Hamburg gehen.
Und diese Route bringt uns unerwartet nach Nordmazedonien, das wir schnell durchqueren wollen. Doch schon kurz nach der Grenze reisen wir Ende Oktober durch eine bezaubernde Hügellandschaft voller Wälder, die in den schönsten Herbstfarben erstrahlt und uns Lust auf mehr macht.
Die Stadt Demir Kapija
Erste Station wird die Stadt Demir Kapija, wo gleich der Ortspolizist auf uns zukommt. Er bewundert unser Expeditionsmobil und macht Selfies mit uns vor dem Fahrzeug, sehr sympathisch. Generell grüßt uns jeder, an dem wir vorbeifahren, freundlich und winkt uns zu.
Für unser liebstes Hobby, das Klettern, finden wir direkt neben dem Städtchen eine geeignete Schlucht, und nach einer kurzen Inspektion ist uns klar: Hier bleiben wir mindestens zwei Nächte. Nicht nur die Absicherung für Kletterer ist perfekt, man hat dort auch in liebevoller Arbeit hübsche Picknickplätze angelegt.
Nordmazedonien für Camper
Auf der Suche nach einer geeigneten Übernachtungsmöglichkeit finden wir schnell einen Platz auf dem Weingut Queen Maria. Das einst königliche Anwesen gibt ein beeindruckendes Bild ab: gepflegt, riesengroß und wunderschön. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Dieser Parkplatz des Weinguts wird unser Zuhause für die nächsten sechs Tage werden. Denn so lange bleiben wir an dem Ort, den wir eigentlich gar nicht besuchen wollten. Abgesehen vom Kletterspot verlockt auch die Umgebung zum Wandern – wir kommen hier einfach nicht mehr weg.
Kulinarische Highlights & Sehenswertes
Obwohl das Essen im Restaurant des Weinguts für Stellplatzgäste nicht obligatorisch ist, kehren wir fast jeden Abend dort ein. Es ist die reinste Gaumenfreude, vom Wein ganz zu schweigen. Aber auch in der Stadt darf man sich vom einfachen Erscheinungsbild der Gaststätten nicht abschrecken lassen. Man bekommt dort leckeres Essen zu niedrigen Preisen. Beispielsweise kostet ein Hauptgericht in einem normalen bis gehobenen Restaurant zwischen fünf und zehn Euro. Inklusive Getränken essen wir zu fünft meistens für deutlich weniger als 50 Euro.
Viele große und ehemals prunkvolle Häuser, die wir überall vorfinden, erwecken den Anschein, dass es hier Zeiten des Wohlstandes gab. Die heruntergekommenen Fassaden und teilweise eingebrochenen Mauern berichten davon, dass diese Zeiten aktuell vorbei sind. Nordmazedoniens wirtschaftliche Lage verbessert sich in den vergangenen Jahren zwar stetig, liegt aber im gesamteuropäischen Vergleich sehr weit hinten.
In der letzten Oktoberwoche zeigt sich der Herbst von seiner freundlichsten Seite. Die Bäume kleiden sich in den schönsten Gelb- und Rottönen, während die Luft tagsüber angenehm mild ist. Herbst und Frühjahr eignen sich deshalb besonders für ausgiebige Wanderungen.
Zwischen den Klettertagen müssen wir jedoch in der Nachbarstadt eine Lkw-Werkstatt aufsuchen. Die Handbremse macht Probleme. Beeindruckend schnell wird uns geholfen. Das defekte Bremsseil, das wir in Deutschland nicht käuflich erwerben konnten, wird hier in nur einer Stunde für uns angefertigt. Während wir darauf warten, wieder losfahren zu können, kommen immer wieder Menschen vorbei, um mit uns zu reden. Selten haben wir so offene, hilfsbereite und freundliche Menschen getroffen wie hier in Nordmazedonien.
Nordmazedonien lebendiger als gedacht
An den anderen Tagen klettern wir in der hübschen Schlucht, sammeln beim Spazieren im Herbstwald Walnüsse und bewundern die stattliche Angel- und Fischzuchtanlage, die jetzt allerdings etwas verlassen wirkt. Auch der kleine Park am Stadtrand wirkt liebevoll angelegt. Bänke, gut ausgeschilderte Sehenswürdigkeiten, große Veranstaltungsorte – so richtig traut man dem verschlafenen Ort gar nicht zu, dass hier so viel los sein soll. Erst am Samstag bemerken wir am Weingut ein reges Treiben. Bus um Bus reiht sich auf dem Parkplatz ein, und das sonst ruhige Restaurant ist plötzlich brechend voll.
Wir wollen ja ohnehin weiter, also erscheint es uns als guter Zeitpunkt, uns endlich von dem kleinen, wundervollen Juwel Demir Kapija loszureißen.
Hauptstadt Skopje
Im Anschluss wollen wir noch die Hauptstadt Nordmazedoniens besuchen. Auf der kurzen Fahrt nach Skopje laden viele kleine Sehenswürdigkeiten zu einem kurzen Stopp ein, unter anderem heiße Thermalquellen. Mit rund 500.000 Einwohnern ist Skopje auch die größte Stadt des Landes.
Hier wird an vielen Stellen davor gewarnt, sein Fahrzeug unbeaufsichtigt zu lassen. Deshalb entscheiden wir uns für einen bewachten Parkplatz, auf dem auch übernachten darf. Das war mit Sicherheit nicht die dümmste Wahl, denn dort treffen wir auf ein Wohnmobil, von dem man uns berichtet, dass es andernorts erst am Vortag aufgebrochen wurde. Offenbar bleibt so etwas in großen Städten leider nicht aus.
Trotz dieser Geschichte im Hinterkopf haben wir in der Stadt ausschließlich sehr nette Begegnungen und einen wunderschönen Aufenthalt, den wir in einer der vielen gemütlichen Teestuben voll auskosten. Die Altstadt wurde in den 1960er Jahren bei einem Erdbeben stark beschädigt. Doch davon merkt man heute nicht mehr viel, im Gegenteil. Sie ist prächtig und hat neben bemerkenswerten Statuen, Skulpturen und beeindruckenden Brücken ein leicht orientalisches Flair.
Langsam wird es aber wirklich Zeit, wir müssen weiter. Ein bisschen betrübt sind wir schon, dass wir Nordmazedonien und seine liebenswerten Menschen nicht schon früher besucht haben, und geben uns das Versprechen, dass wir auf jeden Fall wiederkommen und unbedingt auch den Ohridsee sehen wollen.
Reise- und Campingtipps Nordmazedonien
- Einreise: Es genügt ein Personalausweis, der noch mindestens sechs Monate gültig ist. Wer sich länger als 24 Stunden im Land aufhält, muss sich auf einer Polizeistation registrieren. Dies geht sehr einfach und unkompliziert (wir haben das erst am dritten Tag gemacht, was auch kein Problem darstellte). Nordmazedonien gehört nicht der EU an, ist aber seit 2005 Beitrittskandidat.
- Sprache: Amtssprachen sind Mazedonisch und Albanisch. Englisch wird von wenigen Einwohnern gesprochen. Die Verständigung fiel uns dennoch nicht schwer.
- Internet: Die Roaminggebühren mit einer deutschen SIM-Karte sind teuer, allerdings gibt es fast überall (Restaurants, Tankstellen) die Möglichkeit, kostenfreie WLAN-Hotspots zu nutzen. Auch gibt es für wenig Geld Prepaid-SIM-Karten zu kaufen.
- Zahlungsmittel: Die Landeswährung ist der Denar (MKD). Vielerorts wird aber auch der Euro angenommen. Kreditkartenzahlung ist ebenso in zahlreichen Geschäften und Restaurants möglich.
- Maut: Auf der Autobahn werden Gebühren fällig, diese sind allerdings sehr niedrig und können in bar oder mit Kreditkarte bezahlt werden. Der Straßenzustand abseits der Autobahn ist oft schlecht. Wer mit dem Wohnmobil zu den offiziell ausgeschilderten Sehenswürdigkeiten in Demir Kapija fährt (z. B. Warm Pools oder Kaktus Valley), muss etwas aufpassen, da hier oft etwas mehr Bodenfreiheit erforderlich ist.
- Camping: Als Camper fühlten wir uns sehr willkommen. Es gibt über das ganze Land verteilt an den meisten touristischen Punkten Camping- und Stellplätze. Auch einige Weingüter und Restaurants bieten Plätze für Reisende an oder erlauben es, über Nacht auf dem Parkplatz zu verweilen. Nachfragen lohnt sich, falls keine offiziellen Infos zu finden sind.
© Promobil
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