Ludwigshafen (dpa) - Wie eine Filmkulisse ragt ein merkwürdiger Turm auf einer Rhein-Insel in Ludwigshafen zehn Meter in die Luft. Steinalt und mit einer kuriosen Uhr: Nicht zwölf Zahlen, sondern nur zehn stehen auf dem Ziffernblatt.
Kein Wunder: Die denkmalgeschützte Uhr misst nicht die Zeit, sondern den Wasserstand des Rheins. Längst ist die vor über 120 Jahren vom Königlichen Straßen- und Flussbauamt Speyer erbaute Pegeluhr zum Wahrzeichen geworden.
Bis zum 11. September läuft auf der Parkinsel die 18. Auflage des Festivals des deutschen Films. Der Branchentreff mit Vorführungen in Zelten und am Strand hat die Insel weit über die Grenzen von Rheinland-Pfalz bekannt gemacht. "Es fing sehr bescheiden an", erinnern sich die Macher. "Ohne Stars und ohne roten Teppich." Es folgte ein rasanter Aufstieg mit jährlich mehr als 100.000 Besucherinnen und Besuchern.
Ungewöhnliche Geschichte
So ungewöhnlich wie die Pegeluhr ist auch die Geschichte der Parkinsel selbst. Ein Eiland wurde sie erst durch Menschenhand - als Ende des 19. Jahrhunderts der Luitpoldhafen gebaut und das Land durch einen Graben von der Stadt abgetrennt wurde. Mit Villen, Parks und Gastronomie zählt die 64 Hektar große Insel heute zu den begehrtesten Wohngebieten der Stadt.
Eigentlich ist die Parkinsel gar keine Insel mehr: Seit 1967 ist sie durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Gelegentlich aber ist die Kraft des Flusses zu spüren. Bei einem schweren Hochwasser 2013 stand der Park fast zwei Meter unter Wasser. Bereits aufgestellte Zelte für das Filmfestival mussten kurzfristig abgebaut werden - und schließlich wurde das Festival ganz auf das "Festland" verlegt.
Die Parkinsel als solche ist kein Unikat. 28 größere Rheininseln gibt es Behörden zufolge in Rheinland-Pfalz, 6 weitere gehören zu Hessen. Einige sind als Naturschutzgebiet streng geschützt, andere gehören Privatleuten, manche dienen als Naherholungsgebiet.
Wenige Quadratmeter große Insel im Main
Wer in Frankfurt/Main unterwegs ist und die Alte Brücke von Sachsenhausen Richtung Innenstadt überquert, passiert eine nur wenige Quadratmeter große Insel im Main. Auf ihr steht, umschnattert von Enten und Gänsen in verwildertem Grün, ein schmales rotes Haus - die Kunsthalle Portikus. In diesem Sommer ist der Main nicht nur unten, sondern auch oben in der Ausstellungshalle: Der Künstler Asad Raza pumpt für seine Arbeit "Diversion" (noch bis 25. September) das Wasser des Main ins Museum.
Bei den tropischen Temperaturen im Juli strömten Hunderte in das kühle Gebäude, wateten barfuß durch das plätschernde Wasser und genossen den Luftzug zwischen dem geöffneten Fenster Richtung Main und der offenen Tür Richtung Brücke. Den Portikus zur Stadt hin zu öffnen gehört zum Kernkonzept der beiden jungen neuen Kuratorinnen, die die Ausstellungshalle im Februar übernommen haben.
Ausstellungen im Portikus
Die Lage auf einer Insel sei natürlich besonders, sagen Liberty Adrien und Carina Bukuts. Sie wollen den Portikus aber weniger als eine Kunst-Institution auf einer Insel sehen, "wir mögen mehr den Gedanken der Brücke". Vier Ausstellungen wollen die beiden pro Jahr realisieren - nach dem künstlichen Fluss folgt im Herbst eine "Art Book Fair", bei der parallel zur Frankfurter Buchmesse Künstler Bücher und andere Publikationen präsentieren können.
Hessens einzige staatliche Kunsthochschule
Touristen und Neu-Frankfurter wundern sich oft, dass dieses Haus Portikus heißt, wo doch weit und breit kein "Portikus" zu sehen ist - architektonisch ein Eingang mit Säulen und Vordach, wie man ihn von griechischen Tempeln kennt. Der Grund ist, dass die Institution ihren Namen von ihrem früheren Ort mitgebracht hat, an dem es solche Säulen tatsächlich gab: dem heutigen Literaturhaus.
Die Ausstellungshalle Portikus wurde in den 1980er Jahren gegründet, als Kasper König Rektor der Städelschule war. Bis heute ist sie Hessens einzige staatliche Kunsthochschule. König stellte bei seiner Berufung eine Bedingung: Eine Kunsthochschule brauchte eine Ausstellungshalle. Die Wahl des Ortes fiel auf eine Ruine: die ehemalige Stadtbibliothek, von der nach den Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg nur der Säuleneingang, eben jener Portikus, übrig war. Dahinter wurde ein weißer, leerer Raum aus Containern gebaut.
Im Portikus können die Städelschüler lernen, wie man Ausstellungen macht, erklären die Kuratorinnen: etwa wie man eine Ausstellung konzipiert, plant, umsetzt, aufbaut, bewirbt, abbaut, bewacht. Das sei sowohl für Künstler wichtig als auch für diejenigen, die an der Städelschule als Kuratorinnen und Kuratoren ausgebildet werden.
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