Zu Hause ist es doch am schönsten - das könnte zumindest gelten, wenn andernorts Gefahr und Chaos herrscht. Doch auch in Deutschland hat der Terror zugeschlagen. Was bedeutet das für die Reisebranche?
Dieses Gefühl, dass die Welt aus den Fugen zu geraten scheint - das hatte im vergangenen Jahr sicher der eine oder andere. In Zeiten von Chaos kann Deutschland da durchaus ein sicherer Hafen sein - vor allem, wenn es um das Thema Urlaub geht. Warum in die Ferne schweifen ...
Und zumindest die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Neuer Spitzenwert bei den Übernachtungen - Rekord zum siebten Mal in Folge. Rund 447 Millionen Übernachtungen von in- und ausländischen Gästen zählte das Statistische Bundesamt für 2016 in Deutschland - ein Plus von drei Prozent gegenüber 2015.
Doch einen Zusammenhang zwischen weltweiten Unsicherheiten und Deutschlandtourismus möchte man beim Deutschen Tourismusverband (DTV) nicht feststellen. Deutschland sei da nicht der Notnagel, erklärt Präsident Reinhard Meyer anlässlich der Reisemesse ITB (8. bis 12. März). Die Deutschen entschieden sich eben für das Naheliegende.
Auch Prof. Torsten Kirstges, Tourismusexperte an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven, erklärt: "Deutschland ist für Urlauber nach wie vor die wichtigste Destination." Auch er sieht nicht, dass Deutschland vom Terror in anderen Ländern unbedingt profitiert. "Wenn jetzt gewisse Auslandsdestinationen wegbrechen, dann werden die nicht unbedingt von Deutschland substituiert." Denn das, was südliche Länder wie Ägypten oder Türkei bieten - Strand, Wärme und natürlich Auslandsgefühl -, könne Deutschland nicht ersetzen.
Und so ganz richtig ist das mit dem Terror anderswo und dem sicheren Hafen Deutschland allerspätestens seit dem 19. Dezember 2016 auch nicht mehr. Damals steuerte der Tunesier Anis Amri einen Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen. Islamistischer Terror - auch in Deutschland.
Hat das Auswirkungen auf den Tourismus in der Hauptstadt? "Wir haben derzeit keinen Hinweis darauf, dass sich die Vorkommnisse dämpfend ausgewirkt haben", sagt Burkhard Kieker, Geschäftsführer von Visit Berlin. Was er allerdings schon länger beobachtet: Das Wachstum bei Reisenden aus Asien flacht ab.
Das bestätigt auch die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT). Europa verzeichnete 2016 ein einstelliges Minus bei Reisen von Asiaten nach Europa. Deutschland sei mit einem Plus von drei Prozent aber immer noch gut aufgestellt, heißt es. Bei Sicherheitsfragen müsse man Europa im Kontext sehen, erklärt DZT-Chefin Petra Hedorfer. Terror in Brüssel, Paris, Nizza - aus der Ferne werde Europa als eine Destination wahrgenommen. Reisende differenzierten hier nicht unbedingt zwischen einzelnen Ländern.
Tourismusexperte Kirstges glaubt allerdings nicht an eine allgemeine Unsicherheit in Deutschland und geht nicht davon aus, dass etwa Städtereisen deutscher Urlauber von diesen Entwicklungen betroffen sind. "Städte besichtigen, Musicals anschauen - ich denke nicht, dass die Leute das jetzt weniger machen", sagt er. Da müsse schon regelmäßig etwas passieren.
"Sicherheitsbedenken haben zum ersten Mal für Deutschland eine Rolle gespielt", sagt allerdings auch Bettina Bunge von Dresden Tourismus. Ihre Stadt hat aber mit ganz anderen Problemen zu kämpfen, im In- und Ausland: dem schlechten Image durch Pegida. "Der gute Ruf hat gelitten", räumt sie ein. Dresden verzeichnete 2016 zwar wieder über vier Millionen Übernachtungen, es waren jedoch etwas weniger als 2015 und 2014. © dpa
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