Schleiden/Fulda (dpa/tmn) - Im Spätsommer reist Sabine Frank gerne zur Milchstraße. Ihr Transportmittel sind die eigenen Augen, ihr Ziel ist das Sternenbild des Schwans, das zu dieser Jahreszeit sehr gut zu erkennen ist. "Für mich ist das "Urlaub am Himmel"", sagt die Initiatorin des Sternenparks Rhön.

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Sie bietet Nachtwanderungen an, erklärt den Teilnehmern, was am Himmel aufblitzt: "Es ist ein erhabenes Gefühl, die Andromeda-Galaxie mit bloßem Auge zu erkennen und auch zu merken, wie leistungsfähig die eigenen Augen sind", beschreibt sie Rückmeldungen der Wanderer. "Das ist besser als Kino" - und inzwischen gefragtes Reiseziel: In den ersten zwei Monaten 2017 hat Frank nach eigenen Angaben mehr Anfragen für Führungen bekommen als in den vergangenen beiden Jahren.

Neben der Rhön gibt es mit dem West-Havelland und dem Nationalpark Eifel zwei weitere offizielle Sternenparks in Deutschland – Regionen, die nachts besonders dunkel sind und sich daher bestens für die Sternenbeobachtung eignen. Sie haben ihren Vorteil erkannt und setzen die nächtliche Finsternis touristisch ein: Es gibt Führungen, Astro-Wanderungen, Gastgeber, die sich auf Sternenguckergäste einstellen und ihnen eine spätere Abreise, warme Decken oder Ferngläser anbieten.

Wer offizieller Sternenpark werden will, muss bestimmte Anforderungen der International Dark Sky Association erfüllen und unter anderem die sogenannte Lichtverschmutzung vermeiden. Diese gilt als oberstes Ziel – das Sternengucken ist ein schöner Nebeneffekt. Das bedeutet nicht, dass in den umliegenden Ortschaften nachts alle Lampen ausgeschaltet werden. Sondern beispielsweise, dass Laternen oder Hausbeleuchtung so eingestellt werden, dass sie nicht horizontal oder nach oben strahlen und damit die Nacht zum Tag machen.

"Das Ansinnen ist nicht nur, diese wertvollen Nachtlandschaften mit ihrem Sternenhimmel zu erhalten und vor weiterer Lichtverschmutzung zu schützen, sondern auch über den Wert der Nacht und die Vermeidung von Lichtverschmutzung aufzuklären", erläutert Harald Bardenhagen. Er leitet die Sternenwarte in Schleiden-Vogelsang und bietet dort Sternenwanderungen an.

Anders als Sabine Frank in der Rhön spaziert er dabei nicht durch die nächtliche Eifel, sondern lässt die Teilnehmer an einem Beobachtungsplatz durch riesige Teleskope schauen und den Sternenhimmel zusätzlich auch mit eigenen Augen erkunden.

Ilona Langgemach vom Naturpark Westhavelland erklärt: "Wir wollen die Dunkelheit erhalten und die Beleuchtung verändern, um die Lichtverschmutzung zu verringern." Weil viele Sternbilder besonders gut im Frühjahr oder Winter zu sehen seien, verschiebe sich die Auslastung von Hotels und Pensionen auch in "tourismusärmere Zeiten".

Dirk Reiser, Professor für Nachhaltiges Tourismusmanagement an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve, hält Astroreisen für eine gute Möglichkeit, um Menschen den Nachthimmel nahe zu bringen und damit das Bewusstsein für die Natur zu stärken.

Während sich die Sternenbeobachtung in Deutschland touristisch erst seit wenigen Jahren entwickelt, sind andere Regionen in Europa schon weiter – zum Beispiel die Kanaren. "Bei rund 5,6 Millionen Urlaubern auf der Insel ist die Sternbeobachtung damit immer noch ein Nischenprodukt", sagt Barbara Bamberger von Tourismo de Tenerife. Beliebt seien die Touren besonders bei Deutschen: Fast ein Drittel der Sternengucker stamme aus Deutschland.

International Dark Sky Association

Die International Dark Sky Association hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Nachthimmel zu schützen. Das bedeutet, Lichtverschmutzung einzudämmen oder zu vermeiden. Wer einen gewissen Anforderungskatalog erfüllt, kann dann zum "Sternenpark" erklärt werden – in Deutschland sind es bisher das West-Havelland, der Nationalpark Eifel und die Rhön. "Lichtverschmutzung" bedeutet, dass der Nachthimmel aufgehellt wird – etwa durch Straßenbeleuchtung oder angestrahlte Werbetafeln. Wird die Nacht zum Tag, kann das nicht nur den Schlafrhythmus der Menschen beeinflussen, sondern vor allem die Tier- und Pflanzenwelt.  © dpa

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