Bei Unfällen und akuten Erkrankungen im Urlaub übernehmen Auslandsreise-Krankenversicherungen die Extrakosten von Ärzten und Krankenhäusern. Was man alles beachten sollte.

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Ob für zwei Wochen mit der Familie nach Holland, zu zweit über den Balkan oder über Monate in Südeuropa dem Winter ein Schnippchen schlagen: Mit dem Wohnmobil lässt sich die Reisefreiheit in Europa hervorragend nutzen. Kleinere oder auch größere Malheure lassen sich dabei leider nie gänzlich ausschließen. Der auf dem Schotterweg umgeknickte Fuß bedarf ebenso medizinischer Begutachtung wie beim Sturz mit dem Fahrrad aufgeschlagene Knie. Eine akute Verschlechterung des Gesundheitszustands duldet oftmals keinen Aufschub, etwa bis zur Rückkehr nach Hause.

Arztbesuche im Urlaub keine Seltenheit

Vier von fünf Urlaubern mussten einer aktuellen Studie der Hanse-Merkur-Versicherung zufolge schon einmal wegen Krankheit oder Verletzung im Ausland einen Arzt konsultieren. Nur 63 Prozent von ihnen hatten das Glück, mit einer Auslandsreise-Krankenversicherung für eine volle Deckung der Behandlungskosten gesorgt zu haben – der Rest blieb zumindest auf Teilen der Arztrechnungen sitzen.

Zwar stellen Sozialversicherungsabkommen mit vielen Ländern Europas bei Krankheit oder Unfall eine Behandlung vor Ort sicher. Im Ernstfall aber deckt die auf der Rückseite der deutschen Krankenkassenkarten aufgedruckte EHIC-Karte bei weitem nicht alle Kosten ab. Abgerechnet wird nach den Bedingungen des Gastlandes, zudem werden Touristen in Ferienregionen oftmals nur als Privatpatienten behandelt. Die anfallenden Mehrkosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen aber nicht erstattet.

Private Krankenversicherungen

Private Krankenversicherungen bieten – zumindest innerhalb Europas – eine bessere Abdeckung. Ein Anspruch auf Krankenrücktransport bei Unfall oder schwerer Erkrankung besteht aber oftmals auch hier nicht. Gegen relativ niedrige Tarife kann eine zusätzliche Auslandsreise-Krankenversicherung für Absicherung sorgen. Unterschieden wird zwischen Jahrespolicen für Einzelreisende oder Familien sowie Kurzzeitpolicen, deren Laufzeit zwischen wenigen Tagen und mehreren Jahren liegen kann.

Neben den Basistarifen werden auch Policen angeboten, die weitergehende Leistungen enthalten. Der Preis wächst mit dem Paket – die von der Allianz offerierte Reiserücktrittsversicherung ohne Selbstbeteiligung etwa vervierfacht den Preis mal eben von 19 auf 87 Euro. Wer hauptsächlich mit dem Camper unterwegs ist, sollte deshalb bei der Wahl der angebotenen Bausteine genau hinschauen, welcher Schutz überhaupt für ihn sinnvoll ist.

Den besten Überblick zu den gebotenen Leistungen erhält man in den AGB, aus denen auch die Ausschlusskriterien hervorgehen. Allerdings versteht es manche Gesellschaft hervorragend, das Kleingedruckte gut zu verstecken.

Jahrestarife für Solisten

Alleinreisende genießen ein Jahr lang Versicherungsschutz. Die Reisedauer ist jedoch begrenzt.

Schnell, einfach, unkompliziert: Die ein Jahr lang gültigen Reiseversicherungen lassen sich bis zum Tag der Abreise online abschließen. In der Regel darf ein einzelner Urlaub bis zu acht Wochen lang sein, zum Teil bis zu 70 Tage. Zu Preisen ab rund acht Euro gibt es europaweit Schutz bei akuten Erkrankungen oder Unfällen sowie die Möglichkeit, Arztkosten ersetzt zu bekommen und im Notfall in ein deutsches Krankenhaus verlegt zu werden. Tarife, die auch auf anderen Kontinenten gelten, sind teurer. Der Besuch beim Zahnarzt wird übernommen, wenn es sich um eine Schmerzbehandlung handelt. Zahnersatz ist bei den meisten Policen ausgeschlossen. Ausgeschlossen sind zudem Behandlungen psychischer und psychosomatischer Erkrankungen. Auch beim Aufenthalt in einem Sanatorium sowie einer Kur- oder Reha-Klinik werden keine Leistungen erbracht. Befindet sich die Arztpraxis in einem Kurort, muss mitunter ein Beleg erbracht werden, dass die Erkrankung nichts mit einem Heilaufenthalt zu tun hat. Sportunfälle sind abgedeckt, doch kann die Teilnahme an Wettkämpfen und Turnieren ebenso wie die Ausübung von Risikosportarten zu Haftungseinschränkungen führen.

Trotz geringer Mehrkosten ist es empfehlenswert, einen Tarif zu wählen, der keinen Selbstbehalt vorsieht. Die Versicherung sollte außerdem für Such- und Bergungskosten in Höhe von mindestens 5.000 Euro aufkommen. Im Todesfall werden in der Regel die Kosten für eine Bestattung vor Ort oder den Rücktransport nach Deutschland übernommen. Die Verträge verlängern sich automatisch um ein Jahr und sind jährlich kündbar.

Für die ganze Familie

Mit der ganzen Sippe unterwegs, kann sich ein Familientarif lohnen.

Die Bestimmungen der Jahrespolicen für Familien basieren auf den Bedingungen für Alleinreisende, sind aber an die Bedürfnisse aller Mitreisenden angepasst. In der Regel können diese Tarife nicht nur von Ehepaaren mit Kindern genutzt werden, sondern auch von nicht verheirateten Lebensgemeinschaften, die unter einem Dach leben. Während Adoptiv- und Stiefkindern inbegriffen sind, können Großeltern diesen Tarif für den Enkelurlaub nicht nutzen. Beim Abschluss sollte auf das maximale Alter der mitversicherten Kinder geachtet werden – das kann zwischen 17 und 21 Jahren liegen. Wichtig ist dabei zudem, dass ein eventueller Rücktransport auch für eine Begleitperson übernommen wird. Sieht der Vertrag einen Rücktransport ausschließlich für die erkrankte Person vor, müsste die Begleitperson für diese Kosten selbst aufkommen. Empfehlenswerte Familientarife werden ab etwa 19 Euro angeboten. Für Paare, die ohne Kinder reisen, lohnt jedoch die Überlegung, ob zwei Einzelpolicen nicht sinnvoller sind.

Wenn die Reise länger dauert

Ob Vanlife ohne Zeitlimit, Sabbatjahr oder Überwintern im Süden – auch lange Auslandsaufenthalte sollten versichert werden.

Maximal zehn Wochen Versicherungsschutz hören sich zwar vielversprechend an, sind für lange Touren jedoch zu kurz. Wer etwa den kompletten Winter am südlichen Mittelmeer verbringt, sollte auf ausreichenden Schutz im Krankheitsfall achten. Angeboten werden die sogenannten Kurzzeitversicherungen ab wenigen Tagen bis zu einem Jahr. Die Tarife werden nach der Reisedauer berechnet und steigen mit der Länge des Auslandsaufenthaltes. Abgerechnet wird pro Tag oder pro Woche. Kurzzeitpolicen werden nur auf Einzelpersonen ausgeschrieben – Familientarife gibt es nicht. Nach Ablauf der vereinbarten Geltungsdauer erlöschen die Versicherungen automatisch. Wer also länger reisen möchte, muss nachbuchen. Auch über längere Zeiträume abgeschlossen, ersetzt die Auslandsreise-Krankenversicherung nicht die Mitgliedschaft in der regulären gesetzlichen oder privaten Krankenkasse.

Altersgrenzen beachten

Risikofaktor Alter: Je älter die Reisenden, umso teurer wird die Versicherung für den Auslandsaufenthalt.

Mit den Jahren kommen auch die Beschwerden – das wissen die Versicherer ebenso. Die Tarife sind deshalb nach Alter gestaffelt. Bei der Allianz wird es ab einem Alter von 51 Jahren teurer, bei der ARAG erst ab 70 Jahren. Bei einigen Gesellschaften steigen die Beträge ab einem gewissen Alter auf das Drei- bis Vierfache. Ein Vergleich empfiehlt sich nicht nur bei Einzelpersonen, sondern auch bei Familientarifen – denn meist ist dort für die Tarifbemessung der älteste Versicherte ausschlaggebend.

Problemfall Vorerkrankungen

Wer auf Reisen unerwartet krank wird, soll ohne finanzielle Risiken versorgt werden. Auch die unerwartete Verschlechterung einer chronischen Krankheit ist abgedeckt.

Generell gilt, dass auch die Behandlung von Erkrankungen, die vor Reiseantritt nicht absehbar waren, übernommen wird. Sogar mit Vorerkrankungen kann man reisen – medikamentös gut eingestellt, spricht nichts gegen eine Reise ins Ausland. Durchweg aber findet sich der Passus, dass keine Behandlungen übernommen werden, von denen bei Reiseantritt feststand, dass sie bei planmäßiger Durchführung der Reise stattfinden mussten. Chronisch Kranken wird empfohlen, sich vor der Tour vom Hausarzt ein Attest der Reisetauglichkeit ausstellen zu lassen.

Rücktransport inklusive

Bei Krankheit schnell nach Hause, wo im Krankenhaus eine vertraute Sprache gesprochen wird – auf das Kleingedruckte kommt es an.

Ein wesentlicher Grund für den Abschluss einer Auslandsreise-Krankenversicherung ist der Wunsch, im Notfall schnell wieder nach Hause geflogen zu werden, um in einer deutschen Klinik behandelt werden zu können. Tatsächlich sichern alle Gesellschaften den Rücktransport nach Deutschland zu – die Bedingungen aber unterscheiden sich. So sollte darauf geachtet werden, dass ein Rücktransport schon dann stattfindet, wenn er nur medizinisch sinnvoll und vertretbar ist. Steht im Kleingedruckten, dass nur bei medizinischer Notwendigkeit ausgeflogen wird, kann sich die Zeit im fremden Hospital deutlich verlängern.

In der Praxis heißt das: Wo der eine nach einem komplizierten Beinbruch in eine deutsche Klinik gebracht wird, bleibt der andere in einem Krankenhaus am Ende der Welt, weil keine Lebensgefahr besteht und die dortigen Ärzte schließlich auch qualifiziert sind. Zumindest sollten die Kosten für den Ambulanzflug übernommen werden, wenn die Verweildauer im Krankenhaus über zwei Wochen beträgt. Immerhin – schon innerhalb Europas kann ein Ambulanzflug 25.000 Euro kosten. Alle Gesellschaften sichern übrigens einen verlängerten Versicherungsschutz bis zur Wiederherstellung der Transportfähigkeit zu – auch nach Ablauf der maximalen Urlaubsdauer.

Der von der Auslandsreise-Krankenversicherung gewährte Rücktransport bezieht sich übrigens ausschließlich auf den Erkrankten bzw. Verunfallten. Um auch das Fahrzeug wieder nach Hause zu schaffen, empfiehlt sich die Mitgliedschaft in einem Automobilclub, der sich im Fall einer Erkrankung um den Wagen kümmert.

Alternative Mitgliedschaft?

Die bloße Mitgliedschaft in einem Autoclub oder einer Hilfsorganisation ersetzt nicht die Auslandsreise-Krankenversicherung.

Kreditkartenverträge beinhalten im Paket oftmals eine Auslandsreise-Krankenversicherung. In manchen Fällen gilt die Versicherung aber nur, wenn die Reise auch mit dieser Kreditkarte bezahlt wurde. Für die meisten Camper ist die Offerte somit praktisch wertlos. Bei den von Verbänden und Autoclubs präsentierten Angeboten muss unterschieden werden: Arbeiter-Samariter-Bund und Johanniter, gegen Aufpreis auch Malteser, bieten ihren Mitgliedern einen Rückholservice im Krankheitsfall. Gleiches gilt für die Mitgliedschaft Plus bei ADAC. Eine vollwertige Auslandsreise-Krankenversicherung bietet der ADAC erst mit der Premium-Mitgliedschaft. Beim AvD bedarf es des Tarifs Help Plus; bei ACE und ARCD ist die Versicherung Bestandteil der Vollmitgliedschaft.

Die EHIC-Karte

Der Auslandskrankenschein wurde durch die Karte abgelöst.

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Die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) gilt in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie in der Schweiz, Liechtenstein, Island, Norwegen, dem Vereinigten Königreich sowie Nordmazedonien, Montenegro und Serbien. Von dort ansässigen Ärzten erbrachte Leistungen können mit der eigenen Krankenkasse abgerechnet werden – zum Teil müssen Patienten in Vorkasse gehen. Die Rechnungen werden nach der Rückkehr bei der Krankenversicherung eingereicht. Die Kosten für Behandlungen oder Arzneimittel werden in der Regel im gleichen Umfang übernommen wie für gesetzlich versicherte Einheimische. Selbstbeteiligungen und Zuzahlungen werden nicht erstattet.  © Promobil

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