Ein Hubbett als einziges echtes Bett an Bord? Das gab es bei Rapido in Form des 700FF schon vor über zehn Jahren. Vielleicht kam die Idee zu früh, vielleicht lag es an fehlenden großen Stauräumen, jedenfalls verabschiedete sich das Konzept bei Rapido aufgrund verhaltener Nachfrage bald wieder. Das sollte dem 606F nicht passieren. Hier ist eine echte Garage an Bord und die Idee liegt mehr denn je im Trend. Der neue 606F trifft heute deshalb auf ein breites Aufgebot an Mitbewerbern. Was macht Rapido anders als andere?

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Rapido 606F im Überblick

  • Grundpreis ab: 76.400 Euro
  • Länge/Breite/Höhe: 6,69/2,35/2,90 m
  • Zul. Gesamtgewicht: 3.500 kg
  • Gurte/Schlafplätze: 4/4

Großes Wohnzimmer mit variablem Tisch

Es fällt auf, dass der 606F mit rund 6,70 Metern Länge zu den kompakteren Vertretern seiner Art zählt. Innen gelingt es ihm dennoch, die Vorzüge des Hubbett-Konzepts voll auszuspielen. Größere Sitzgruppen findet man kaum und braucht sie wohl auch selten. Ein großes Glasfenster über den vorderen Sitzen setzt die helle Einrichtung in ein freundliches Licht. Ohne lästige Stufen bewegt man sich zwischen den bequem gepolsterten Bänken, Küche und Einstieg. Der große stabile Tisch lässt sich verkleinern und in drei Dimensionen passend einstellen. Wer sich einmal für einen solchen Salon begeistert, kommt in dieser Größenklasse kaum am Grundriss des 606F vorbei.

Ganz ohne Zugeständnisse klappt es mit der Großzügigkeit dennoch nicht. Das Hubbett, das optisch die Möbellinie unterbricht, erlaubt zwar Ablagen im Wohnbereich, aber keine geschlossenen Fächer. Das wiegt ein bisschen schwerer, weil im Wohnraum auch keine Sitztruhe und keine Garderobe zur Verfügung stehen. Bei einer großen Tafelrunde stört der kleine Höhenversatz zwischen den leicht drehbaren Vordersitzen und den Bänken. Zum Füßehochlegen ist das allerdings kein Nachteil.

Um den Grundriss wirklich zu lieben, muss man sich ebenfalls mit dem Bett anfreunden. Das fällt zunächst leicht, weil es sich schnell auf eine bequeme Einstiegshöhe von 78 Zentimetern absenkt. Die Abmessungen der Matratze kommen angesichts einer Breite von maximal 1,44 Meter aber nicht über die typischen Maße französischer Längsbetten hinaus, wobei man hier allerdings nicht sofort auf eine Begrenzung trifft.

Kein Schlafzimmer, dafür üppiges Bad

Typisch für dieses Konzept ist auch, dass im Vergleich zu anderen gängigen Grundrissen kein Schlafzimmergefühl entsteht. Man übernachtet eher in der Wohnküche, was hier nicht zuletzt durch die nachts glimmenden Kontrollleuchten an Kühlschrank und Bedienpanel auffällt. Immerhin profitiert man von der großen Dachhaube über der Küche, denn eine Luke über dem Bett ist nicht vorgesehen. Man kann daher auch nicht vergessen, sie zu schließen, bevor man die Liegefläche wieder hochfährt. Das Bettzeug darf dabei auf der Matratze bleiben, wenn es nicht zu dick aufträgt. Andernfalls wäre es kein Drama, denn an Fächern herrscht grundsätzlich kein Mangel.

Die hinteren Stauraumwelten, für die der Begriff Kleiderschrank eine glatte Untertreibung wäre, könnten sogar ein Kaufgrund für den 606F sein. Allein die Kleiderstange misst 1,10 Meter in der Breite. Dahinter, darunter oder daneben findet man problemlos ein Fach für Decken oder Kissen. Der Charme der Schränke besteht aber auch in ihrer Zugänglichkeit auf Augenhöhe und in der Tatsache, dass Kleidung dort lagert, wo man sie gerne griffbereit hat, nämlich im Bad.

Dieses wiederum ist so gigantisch, dass es viele sogenannte Raumbäder in den Schatten stellt. Es handelt sich eher um ein schick gemachtes Ankleidezimmer mit perfektem Zugang zu einer Vollwert-Dusche sowie zu Waschbecken und WC. In den vielen Spiegeln kann man sich von allen Seiten betrachten. Und sie verbergen weitere Staumöglichkeiten. Für die Schönheit des ganzen Ensembles muss man nur dann ein wenig leiden, wenn es ums Putzen geht. Der Waschtisch zwischen freistehendem Hahn und Becken ist kaum trocken und sauber zu halten.

Vom Bad aus hat man außerdem eine breite Zugriffsmöglichkeit auf die Garage. Sie ist 1,20 Meter hoch und nahezu quaderförmig, was die Beladung über die beiden Außenklappen erleichtert. Wegen des Zugangs von innen sind hier auch Getränkekisten und andere Vorräte gut untergebracht. Andererseits bieten Küchenblock und Kühlschrank ebenfalls mehr Staukapazitäten, als man ihnen auf Anhieb zutraut. Ausgehend von einer typischen Zwei-Personen-Besatzung, wirkt die Küche vollwertig und vollständig. Einziger Kritikpunkt: Weder die praktische Abdeckung der Spüle noch die hochwillkommene einhängbare Erweiterung der Arbeitsfläche haben während der Fahrt einen festen Platz.

Technik und Fahren

Bei den technischen Gegebenheiten des Rapido 606F sind es ebenfalls nur wenige Punkte, die man optimieren könnte. Sinnvoll wären eine dynamische Anzeige für den Abwasserstand, die nicht nur vor Überfüllung warnt, oder Heizungsausströmer auch für Heckgarage und Fahrerhaus.

Lobende Worte verdienen die saubere Auskleidung des Toilettenschachts oder der einfache Einstieg dank Zentralverriegelung und integrierter Stufe, wobei die Tür etwas breiter sein dürfte. Durchdacht erscheint das solide Echtglasfenster über dem Fahrerhaus, das feine Heizdrähte besitzt, um Kondenswasser zu beseitigen.

Im Fahrerhaus ist nicht zu übersehen, dass ein Peugeot Boxer als Basis dient. Im Modelljahr 2024 bringt er noch nicht alle Neuerungen der aktuellen Fiat-Geschwister mit. Der 140-PS-Motor aus der Peugeot-Citroën-Abteilung des Stellantis-Konzerns erreicht nicht ganz die Laufkultur des neuen Fiat-Aggregats und wirkt eher wie ein gemütlicher Geselle als ein Dynamiker.

Mit alldem kann man gut leben, doch auch wegen des leicht hakeligen Getriebes schielt man schnell auf eine attraktive Option: Wünscht der Käufer ein Automatikgetriebe, bekommt er auch für den 606F ein Fiat-Ducato-Chassis samt 180-PS-Motor und einer Reihe zusätzlicher Ausstattungsmöglichkeiten. Einziger Hinderungsgrund dürfte der Aufpreis für die Fiat-Technik sein. Hierfür werden insgesamt über 8000 Euro fällig. Damit rückt der Rapido 606F antriebstechnisch, aber auch preislich spürbar nach oben. Mit Blick auf sein grundsätzlich gelungenes Konzept bleibt das Angebot aber dennoch stimmig.

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Daten und Preise

  • Aufbau: Sandwichbauweise, PU- und Holz-Verstärkungen, außen rundum GfK, innen Sperrholz, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden XPS-Schaum, Wandstärke 30/30/38 mm, 4 Kunststoff-Isolierfenster mit PU-Rahmen, 2 Dachhauben, 2 Panorama-Dachfenster.
  • Ausbau: Möbel aus Sperrholz, Sitzbänke mit 2 Dreipunktgurten, Hubbett 1,91 x 1,25–1,44 m, Matratze 8 cm, Lattenroste, umgebaute Sitzgruppe 2,15 x 1,10 m, Polster 10–12 cm, Sanitärraum mit Kassettentoilette und separater Dusche, Küche mit Zweiflammkocher und Absorberkühlschrank 156 L.
  • Bordtechnik: Gas-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 4, Frischwassertank 120 L, Abwassertank 90 L, Druckpumpe, Bordbatterie Blei-AGM 95 Ah, Gasflaschen 2 x 11 kg.
  • Basisfahrzeug: Peugeot Boxer Blue HDi 140, Flachrahmen, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2179 cm3, Leistung 103 kW/140 PS, Sechsgang-Schaltgetriebe.

Maße und Gewichte

  • Länge x Breite x Höhe: 6,69 x 2,35 x 2,90 m
  • Radstand: 3,80 m
  • Masse fahrbereit: 2.955 kg (Herstellerangabe)
  • zulässiges Gesamtgewicht: 3.500 kg

Preise

  • Grundpreis: 76.400 Euro
  • Ausstattung: Select-Paket (u. a. Aufbautür mit Fenster, Zwei-Punkt-Verriegelung und Insektengitter, Gasflaschenumschaltung, Multimediasystem, Rückfahrkamera, Faltverdunkelung Fahrerhaus) 1.990 Euro, Fiat-Ducato-Fahrgestell mit 180-PS-Motor und Automatikgetriebe 8.230 Euro, Lithium-Bordbatterie und 160-W-Solarpanel, 1.490 Euro, 230-V-Bodenheizung 680 Euro, beheizter Abwassertank 320 Euro, Leder-Polsterung 2.630 Euro, Leichtmetallfelgen 790 Euro.

Wertung

maximal 5 Punkte möglich, Maßstab: Teilintegrierter über 75.000 Euro

  • Betten: 2,5 Punkte
  • Sitzgruppe: 4 Punkte
  • Küche: 3 Punkte
  • Sanitärraum: 4,5 Punkte
  • Möbelbau: 3 Punkte

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