Berlin (dpa/tmn) - Geht es um die Sicherheit von Urlaubern in der Türkei, verweisen die Reiseveranstalter stets auf das Auswärtige Amt (AA). Dieses hat nun seinen Reisehinweis mit Blick auf das Referendum am 16. April geändert.
Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass es zu Protesten kommen kann, die sich auch gegen Deutschland richten können. Davon könnten auch deutsche Reisende in der Türkei betroffen sein. Sie sollten sich von Demonstrationen und Menschenansammlungen fernhalten. Die Veranstalter reagieren zurückhaltend auf die neue Einschätzung.
Wie bewerten die Veranstalter den neuen Reisehinweis?
DER Touristik mit den Pauschalreisemarken ITS und Jahn Reisen erklärt, das Auswärtige Amt habe keine qualitative Neubewertung der generellen Sicherheitslage vorgenommen. "Es gibt das Signal, sich von politischen Veranstaltungen fernzuhalten, und dieses raten wir auch unseren Gästen", so René Herzog, CEO für Zentraleuropa. So sieht man die Lage auch bei FTI: Das AA habe die Einschätzung der grundsätzlichen Sicherheitslage nicht geändert. Auswirkungen auf Türkei-Reisende in den Strand- und Baderegionen gebe es nicht.
So bewertet auch der größte deutsche Veranstalter Tui die Situation: "In den touristischen Baderegionen der Türkei ist die Lage ruhig", heißt es auf Anfrage. "Bis auf den Hinweis, dass man politische Versammlungen meiden sollte, liegen uns keinerlei Informationen vor, die Türkei-Urlauber in irgendeiner Weise einschränken." Thomas Cook teilt mit, man bewerte keine Aussagen des AA. Zu Thomas Cook gehören auch Neckermann und der Türkei-Spezialist Öger Tours.
Empfehlen die Veranstalter weiterhin Türkei-Urlaub?
Zumindest bieten sie weiterhin Türkei-Reisen an. Alle Länder im Programm könnten auch bereist werden, heißt es bei Tui. Bei der Buchung hat der Urlauber die Wahl: "Die Entscheidung, ob die Türkei als Reiseziel in Frage kommt, trifft jedoch jeder Urlauber selbst", so Tui-Sprecherin Anja Braun. So sieht es auch DER Touristik. Der Veranstalter verweist darauf, dass es keine Reisewarnung für die Türkei gibt. In diesem Fall müssten die Veranstalter ihre Gäste aus dem Land zurückholen. FTI betont das "hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis" und die hohe Qualität in der Türkei. "Deutsche Gäste werden von den Hoteliers und der einheimischen Bevölkerung nach wie vor herzlich empfangen", heißt es.
Wie informieren die Veranstalter ihre Kunden?
Tui fordert seine Gäste aktiv auf, sich vor Antritt einer Reise über die Reise- und Sicherheitshinweise des AA zu informieren. Das gelte auch für die Türkei. FTI kommuniziert die Reisehinweise nicht aktiv, weil man davon ausgehe, dass sich die Kunden vor der Reisebuchung selbstständig informieren. Es gebe aber Aushänge in den Hotels. DER Touristik informiert Urlauber nach eigenen Angaben durch direkte Ansprache oder Aushänge in den Hotels. "Wir weisen generell bei Buchung auf den Sicherheitshinweis des Auswärtigen Amtes hin", heißt es. Thomas Cook verweist auf den Verkaufswebseiten auf die Hinweise des AA. Der Kunde müsse mit einem Klick bestätigen, dass er informiert wurde. Gäste vor Ort würden über die aktuellen Änderungen des Sicherheitshinweises informiert.
Wissen die Veranstalter von Einreiseverboten?
Das Auswärtige Amt schreibt, dass seit Anfang Februar in einzelnen Fällen deutschen Staatsangehörigen an den beiden Istanbuler Flughäfen die Einreise in die Türkei ohne Angabe genauer Gründe verweigert wurde. Die betroffenen Personen mussten zurückreisen. Von solchen Fällen wissen die Veranstalter allerdings nichts. Tui ist bislang nichts von Schwierigkeiten bei der Einreise bekannt. Auch FTI liegen keine entsprechenden Informationen vor.
Das Auswärtige Amt hatte seinen Reisehinweis für die Türkei am Montag mit Blick auf das Referendum am 16. April aktualisiert. Es heißt nun: "Im Zuge des Wahlkampfes muss mit erhöhten politischen Spannungen und Protesten gerechnet werden, die sich auch gegen Deutschland richten können. Hiervon können im Einzelfall auch deutsche Reisende in der Türkei betroffen sein." Reisenden werde daher empfohlen, sich von politischen Veranstaltungen und grundsätzlich von größeren Menschenansammlungen fernzuhalten.
Der Tourismusexperte und ehemalige Tui-Vorstand Karl Bornsieht in Türkeireisen ein Sicherheitsrisiko und hatte bereits vor der Änderung der Reisehinweise durch das AA die Frage nach einem Reiseboykott aufgeworfen. "Beim Verkauf von Urlaubsreisen in die Türkei muss ein "Beipackzettel" dazu: "Vorsicht, die von Ihnen gekaufte Reise kann im Gefängnis enden"", sagte er in einem Interview. Bislang gab es allerdings keine Berichte über derartige Vorfälle.
Die Touristenzahlen in der Türkei waren bereits im vergangenen Jahr eingebrochen - vor allem wegen der Angst vor Terroranschlägen. Kamen vor zwei Jahren 5,6 Millionen Deutsche in die Türkei, waren es 2016 nur vier Millionen. Die Tourismuseinnahmen fielen um fast 30 Prozent. Die Buchungen für 2017 liegen erneut im Minus. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.