Anfang Mai hat die touristische Saison in Schweden noch nicht richtig begonnen. Wir wagen dennoch eine sechswöchige Tour in den Norden und werden mit überraschend viel Sonne und großartigen Naturerlebnissen belohnt.

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Damit haben wir nicht gerechnet. Als wir mit der Fähre in Göteborg ankommen, empfängt uns angenehm sonniges Wetter. Wir bleiben gleich zwei Nächte, füllen unsere Vorräte auf und erkunden die Stadt sowie den alten Hafen auf gut ausgebauten Radwegen mit den Fahrrädern. Noch weniger ahnen wir, dass uns das schöne Wetter in den nächsten sechs Mai- und Juni-Wochen begleitet, wenn es auch saisonbedingt teils kühl und windig wird.

Smögen

Es geht nach Norden. Unser nächstes Ziel ist Smögen, ein idyllisches Hafenstädtchen, das man gesehen haben muss. Dort steht bei uns ein runder Geburtstag an, und wir essen zum "Födelsedag" Räkmacka, das ist ein üppiger Krabbensalat auf geröstetem Brot, und genießen einen Weißwein dazu. In Smögen soll es Schwedens beste Krabben geben, was wir bestätigen können.

Etwas weiter nördlich machen wir einen Abstecher nach Fjällbacka und laufen zur Kungsklyftan, einer kleinen Schlucht mit Aussichtspunkt über die Schären. Wir fahren noch ein Stück weiter nach Norden zum Dalslandskanal ans Haverud Aquäduct. Hier treffen Schleusen, Schiffsbrücke und eine Eisenbahnlinie aufeinander. Ein günstiger Stellplatz am Kanal und ein Aperitif in der Sonne runden den Tag ab.

Mit einem Blick auf die Wetterkarte fällt die Entscheidung, zunächst Richtung Osten zum Vänernsee zu fahren. In Läckö Strand bleiben wir auf einem sehr einfachen und schön im Wald gelegenen Campingplatz am See. Perfekt für einen Traillauf und eine Radtour zum Schloss Läckö.

Angeln am Götakanal

Den Vänernsee umrunden wir südlich bis nach Sjötorp, wo wir das westliche Ende des Götakanals erreichen. Der Stellplatz direkt an der Schleuse ist tatsächlich schon belegt, sodass wir fünf Kilometer weiter Camping Askevik ansteuern, wo es noch viel schöner ist. Wir bekommen einen Platz in erster Reihe am See. Hier erleben wir farbenprächtige Sonnenuntergänge und fahren tagsüber mit den Rädern am Götakanal entlang. Saisonbedingt sind aber noch keine Schiffe zu sehen. Abends versuchen wir unser Glück beim Angeln – es gibt dann doch Spaghetti.

Eine längere Etappe steht auf dem Programm: knapp 300 Kilometer Richtung Siljansee und zunächst nach Falun. Das alte Kupferbergwerk zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und hat auch im Mai für Touristenrundgänge geöffnet. Als unser Führer am Ende im Licht seiner Petroleumlampe ein altes schwedisches Bergmannslied anstimmt, geht das schon unter die Haut.

Wer durch Schweden reist, kommt an Knäckebrot nicht vorbei. So besuchen wir in Leksand den Werksverkauf der dortigen Knäckebrotfabrik. Natürlich kommen wir nicht mit leeren Händen aus dem Shop. Auf dem Weg übernachten wir auf einem sehr kleinen Campingplatz direkt am Fluss und sind die einzigen Gäste.

Reise über den Inlandsvägen

Schneereste liegen noch am Naturum Dalarna in Siljansnäs, einem Naturreservat mit Besucherzentrum. Wir erfahren, dass hier erst vor Kurzem die Schneeschmelze begann. Dadurch haben auch sämtliche Flüsse eine beachtliche Strömung. Vom Aussichtsturm beeindrucken die Landschaft und die Weite noch stärker.

30 Kilometer weiter in Rättvik gibt es nicht nur einen guten Campingplatz am Siljansee, sondern auch einen 700 Meter langen Holzsteg. Am nächsten Morgen besuchen wir Nusnäs, hier werden die für die Region Dalarna typischen Holzpferdchen hergestellt, die früher als Zahlungsmittel verwendet wurden. Wir haben Glück und dürfen die Werkstatt besichtigen.

Von hier aus reisen wir nun über den "Inlandsvägen" weiter. Dabei handelt es sich um eine Fernstraße in den Norden mit besten Aussichten auf die Natur. Im nördlichen Teil wird sie auch "Via Lappia" genannt. Abwechslungsreich führt die Straße durch Wälder, vorbei an Seen, Stromschnellen und idyllischen Örtchen. Die alte Bahnstrecke Inlandsbanan kreuzt immer wieder den Verlauf. Züge verkehren hier nur in der Saison, dafür sind wir zu früh.

Nächster Stopp: Mora

Mora ist unsere nächste Etappe, hier bleiben wir etwas länger auf dem Campingplatz, da zufällig ein Treffen alter schwedischer Feuerwehrfahrzeuge inklusive Parade stattfindet. Auch etliche andere Oldtimer können wir bestaunen. Die Stadt selbst bedeutet für uns auch mal wieder ein wenig "Zivilisation". Eine Fußgängerzone mit Geschäften und Restaurants jeweils nur fünf Gehminuten vom Campingplatz und See entfernt bringt Abwechslung.

Ein Zeitvertreib anderer Art steht ebenfalls an. Wir müssen unser Wohnmobil mal grundreinigen und Wäsche waschen. Dies geht auf schwedischen Campingplätzen problemlos. Sehr gute Waschmaschinen und Trockner kann man stundenweise für umgerechnet rund fünf Euro nutzen. Auch stellen viele Campingplätze kostenlos Spülmaschinen zur Verfügung. In Kürze ist alles blitzblank – auch ein Grillrost. Auf solchen Campingplätzen kochen wir dann auch mal ausgiebiger.

Campen in Särna

Dann bewegen wir uns wieder in die Natur, in den Fulufjället Nationalpark. Eine schmale Straße führt von Särna etwa 25 Kilometer zu einem Parkplatz. Von dort wandern wir zum 125 Meter hohen Wasserfall. Der Weg dorthin ist noch teilweise verschneit und sehr nass. Aber es ist dennoch schön, hier zu laufen, vorbei an gut gefüllten Bächen und halb zugefrorenen Seen.

Auf dem Campingplatz in Särna nutzen wir wieder die örtliche Küche zum Kochen und den Aufenthaltsraum zum Essen. Hier herrscht absolute Windstille, das Wasser des Sees ist spiegelglatt, was zu tollen Fotos beim Sonnenuntergang einlädt. Auch kann "Mann" hier endlich sein ferngesteuertes Wasserflugzeug auspacken und ein paar Flüge absolvieren.

Wir fahren weiter über den Inlandsvägen und über ein paar Nebenstraßen, die uns der Natur noch näher bringen. So machen wir eine kleine Rundfahrt durch das Städjan-Nipfjället-Naturreservat.Von Särna folgen wir der Nationalstraße 311 nach Norden, fahren den Abzweig Lofsdalsvägen Richtung Linsell und weiter über die 84 nach Östersund. Hier treffen wir auf Stromschnellen, die durch das Schmelzwasser Hochwasser führen und dadurch besonders spektakulär wirken. Entlang des Flusses gibt es hier und da einen "Lägerplats", kleine Picknickstellen am Fluss, wo man auch übernachten könnte.

Tierische Besucher

Dann die Überraschung: Wir machen ein Picknick am Fluss, und sie tauchen aus dem Nichts auf, acht Rentiere marschieren direkt an uns vorbei auf die Straße, völlig ohne Scheu. Sie widmen uns nur ein paar neugierige Blicke. Sonst sehen wir Rentiere nur beim Vorbeifahren auf der Straße, seltener auch Elche. Leider verschwinden die scheuen Tiere gleich im Dickicht.

Das sonnige Wetter ermutigt uns, weiter zum Polarkreis zu fahren. Auf dem Weg übernachten wir in Slagnäs. Ein kleiner feiner Campingplatz wie so oft, mit Fass-Sauna und einer Grillhütte, die innen mit Rentierfellen ausgekleidet ist. Auch hier gehört ein schöne Campingküche mit Aufenthaltsraum dazu. Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir fast die einzigen Gäste sind.

Der Polarkreis

Am nächsten Tag erreichen wir den Polarkreis an der E 45. Schild und Infotafel wurden von den vielen Besuchern mit Aufklebern völlig zugeklebt. Eine Steinlinie und die Treppe zum Souvenirshop sind genau auf dem Polarkreis positioniert.

Weiter nach Jokkmokk, wo wir einen Platz mit dem passenden Namen Arctic Camp finden. In der Saison ein großer Familienplatz mit diversen Animationen, jetzt ist von Trubel keine Spur. Nebensaisonurlauber müssen aber gleichzeitig berücksichtigen, dass auf schwedischen Campingplätzen sämtliche Restaurants, Bootsverleihe, Angelausflüge oder andere angebotene Freizeitaktivitäten nur von Mitte Juni bis Anfang August, also gerade mal knapp zwei Monate zur Verfügung stehen.

Jokkmokk ist das kulturelle Zentrum der Samen und ein kleines Städtchen. In der Vorsaison recht ruhig, ansonsten aber auf die saisonalen Sport- und Outdoor-Aktivitäten ausgelegt. Da es hier trotz Sonnenschein sehr windig und kalt ist, drängt es uns wieder nach Südschweden zu angenehmen Temperaturen um die 20 Grad. So queren wir den Polarkreis ein zweites Mal und fahren entlang der Ostseeküste nach Süden. Die gut ausgebaute E 4 erlaubt es, angenehm und zügig vorwärtszukommen, ist aber gespickt mit Radarfallen.

Wir fahren längere Etappen über Luleå an die Höga Kusten zum Snibbens Camping, gehen dort wandern und fahren weiter nach Uppsala. Endlich hat uns der Frühling wieder. Uppsala ist eine Studentenstadt mit entsprechendem Flair. Wir besichtigen die Unibibliothek, das Schloss und bummeln durch die Straßen. Auch besuchen wir das älteste Café und lassen uns Cappuccino und Kuchen schmecken.

Dann zieht es uns noch mal zum Götakanal, nun ans andere Ende nach Berg, bekannt durch die Schiffstreppe mit sieben Schleusentoren. Es wird spektakulär, abends kommt die Wasa Lejon, ein altes Ausflugsschiff, an, und am nächsten Morgen werden Segel- und Sportboote über die Treppe und Drehbrücke geschleust.

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Endstation Ystad

Ystad ist unser letztes Ziel. Auf dem Weg dorthin sehen wir mehr schöne Picknickplätze, als wir nutzen können, teilweise direkt an der Ostsee. In Ystad fahren wir mit den Rädern die Küste entlang, wo bunte Strandhäuschen für Fotomotive sorgen. In Ystad schlendern wir durch die schöne Fußgängerzone und folgen den Spuren von Kommissar Wallander. Den treffen wir natürlich nicht, sehen aber immerhin einen alten schwedischen Polizeiwagen. Über die Öresundbrücke und Puttgarden-Fähre treten wir dann die Heimreise an.

Insgesamt 47 abwechslungsreiche Reisetage, 44 davon mit Sonnenschein, 3 Elche, ungezählte Rentiere und 6840 gefahrene Kilometer bleiben für uns in sehr schöner Erinnerung.  © Promobil

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