Das Boarding der Fähre von Travemünde nach Helsinki beginnt pünktlich um 21 Uhr, aber erst dürfen die Radler an Bord, dann Motorräder, Pkw – Wohnmobile und Wohnwagengespanne sind als Letzte dran. Um 2 Uhr (3 Uhr finnische Schiffszeit) fallen wir endlich in die Betten unserer Kabine – egal, uns stehen 30 Stunden entspannte Fährfahrt bevor. In Helsinki fahren wir dann fast als Erste von Bord.

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Erste Etappe: Finnland

Camping Rastila ist ein großer, ordentlich ausgestatteter Stadt-Camping mit einer U-Bahn-Station um die Ecke. Für die Besichtigung von Helsinki ideal, die Metro bringt uns in 20 Minuten ins Zentrum und fährt auch abends noch in kurzen Abständen. Wir laufen die Sehenswürdigkeiten ab, essen in der Markthalle eine Lachssuppe und sehen uns die Stadt dann auf einer Bootstour vom Wasser aus an.

Mit dem Auto machen wir bei schönstem Sommerwetter einen Ausflug in die Stadt Porvoo. Die gut erhaltene Altstadt zieht viele Touristen an: In fast jedem der hübschen Holzhäuser findet sich ein Laden, ein Café oder ein Restaurant.

Die Weiterfahrt bestätigt dann das Finnland-Klischee: rechts Wald, links Wald und ab und an ein See. In Jyväskylä besuchen wir das gerade neu eröffnete Museum über Leben und Werk des finnischen Architekten Alvar Aalto. Vom Wasserturm hat man einen schönen Blick über die Stadt, zufällig bietet das im Turm befindliche Café heute einen Grillabend. So genießen wir einen schönen Sommerabend mit Ausblick und gutem Essen.

Auf der Weiterfahrt machen wir einen kleinen Umweg zur Holzkirche von Petäjävesi. Am Ortseingang können wir das Gespann problemlos parken, ein kurzer Spaziergang bringt uns zum Unesco-Weltkulturerbe aus dem 18. Jahrhundert. Nettes Detail ist der lange Stock, mit dem der Küster eventuell während der langen Gottesdienste eingenickte Gläubige wecken konnte.

Auch in Rovaniemi, der Hauptstadt von Lappland und direkt auf dem nördlichen Polarkreis gelegen, sind einige Aalto-Bauten zu sehen, zum Beispiel die wunderschöne Stadtbibliothek. Schade, dass wir kein Finnisch können, hier würden wir gern sitzen und lesen. Das moderne, sehr schöne Arktikum zeigt eine etwas unübersichtliche Ausstellung über die arktischen Länder. Den Weihnachtsdorf-Rummel schenken wir uns, machen nur das obligatorische Polarkreis-Foto und fahren dann weiter.

Auf dem Weg zum Inarisee sehen wir dann die ersten Rentiere auf der Straße, es werden nicht die einzigen bleiben. In Inari entdecken wir sogar welche an der Tankstelle und vor dem Supermarkt. Der Besitzer des Campingplatzes Uruniemi am Inarisee ist noch in der Sauna, also müssen wir warten, bis wir einen Stellplatz bekommen – wir sind eben in Finnland.

Am nächsten Tag macht das schöne Wetter eine Pause, es ist bedeckt und kühl. Eine gute Gelegenheit, sich das Museum zur Kultur der Sami Siida anzusehen, insbesondere den Freiluftbereich finden wir spannend. Für einen Spaziergang zu den Stromschnellen Jäniskoski reicht es auch noch, es wird hier nördlich des Polarkreises um diese Jahreszeit ja nicht dunkel.

Eine weitere Wanderung unternehmen wir am nächsten Tag durch Wald und an mehreren Seen entlang zur Wildniskirche Pielpajärvi, einem der ältesten Gebäude Lapplands. Ursprünglich lag um die Kirche herum ein Winterwohnplatz der Sami, heute steht die Kirche ganz isoliert im Wald. Nur zu wenigen Gelegenheiten finden hier überhaupt noch Gottesdienste statt.

Zweite Etappe: Norwegen

Jetzt aber weiter, wir wollen schließlich zum Nordkap. Bei Karasjok erreichen wir Norwegen. Wir fahren gleich weiter, übernachten in Olderfjord mit Blick aufs nebelige Wasser und werden bei einem kleinen Spaziergang dann richtig nass. Dafür entschädigen uns die nächsten Tage wieder mit bestem Sonnenschein. Die schmale Straße zur Insel Magerøya ist auch mit Wohnwagengespann gut zu befahren. Überhaupt wundern wir uns manchmal, auf welch schmalen kurvigen Straßen Skandinavier mit riesigen Doppelachser-Gespannen unterwegs sind. Der enge Skarvbergtunnel wurde angenehmerweise vor kurzem durch einen Neubau ersetzt.

Der Campingplatz Kirkeporten in Skarsvåg liegt nur 15 Kilometer vom Nordkap entfernt und begrüßt uns mit einer Rentierherde auf dem Platz. Der Gatte möchte unbedingt Kamtschatkakrabben (King Crab) essen, also melden wir uns bei Heidi Ingebrigtsen im Jul & Vinterhus für heute Abend an. Appetit holen wir uns bei der kurzen Wanderung zum Kirkeporten, einer Felsformation am Meer. Die King Crabs sind wirklich ein Genuss, wir bekommen zu zweit 14 Beine dieser großen Seespinnen – eine Portion, die kaum zu schaffen ist. Nur schade, dass das Julhus keine Alkohollizenz hat, ein Glas Wein dazu wäre perfekt gewesen. Da für den späten Abend klares Wetter angekündigt ist, fahren wir gegen 20 Uhr zum Nordkap.

Hier sind wir beileibe nicht allein, der große Parkplatz ist prall gefüllt mit Wohnmobilen, die hier übernachten können. Dazu wuseln noch die Passagiere zweier Kreuzfahrtschiffe durch die Gegend. Wir schaffen es trotzdem, das obligatorische Foto an der Weltkugel zu machen. Dann sehen wir uns in der Nordkap-Halle um, was sich nicht wirklich lohnt. Als wir gegen 22 Uhr wieder nach draußen gehen, sehen wir statt Mitternachtssonne gar nichts mehr: Dicker Nebel hüllt alles ein. Wir warten noch einige Zeit, aber es ändert sich nichts – na, dann eben nicht.

Der Reiseführer empfiehlt einen Abstecher nach Gjesvær, eine landschaftlich wirklich schöne Strecke. Zufällig parken wir im Ort vor dem Büro von Bird Safari und zufällig startet die nächste Tour in einer halben Stunde. Da die eingebuchte Reisegruppe nicht erscheint, bekommen wir eine exklusive Schiffstour mit nur sechs Personen zu den Vogelinseln des Gjesværstappan Naturreservats. Während der eineinhalb Stunden sehen wir unter anderem Papageientaucher, Eiderenten, Lummen, Basstölpel und mehrere Seeadler. Dazu gibt es ausgezeichnete Erläuterungen auf Englisch. Ferngläser sind auch an Bord und sogar warme Overalls wären verfügbar, aber wir haben uns vorsorglich schon warm genug angezogen. Die 900 Kronen pro Person haben sich gelohnt!

Eine Wanderung zum wirklich nördlichsten Punkt Europas, dem Knivskjellodden, lassen wir natürlich nicht aus, nur die letzten 50 Höhenmeter Abstieg zum Strand schenken wir uns, der steinige Weg ist auch so anstrengend genug. Stilecht kommt auf dem Rückweg dann wieder Nebel auf, nach insgesamt sechs Stunden sind wir zurück am Auto. Wir verlassen Magerøya in Richtung Alta. Die weitere Tour führt uns auf die wunderschöne Insel Senja, die Vesterålen, die Lofoten und durch Schweden zurück in die Heimat.

Unser Fazit: Auch wenn Skandinavien als Wohnmobil-Reiseland gilt, lässt es sich ebenso gut mit dem Wohnwagen bereisen. Es gibt viele, häufig sehr schön gelegene Campingplätze. Die Sanitäranlagen sind in der Regel sehr sauber, aber eigentlich immer viel zu wenige und manchmal auch etwas in die Jahre gekommen. Da ab Mitte der Reise die Hauptferienzeit begonnen hatte, haben wir meist am Vorabend den für den nächsten Tag ins Auge gefassten Platz angerufen und falls nötig reserviert.

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Steckbrief zur Tour

  • Die Crew Heidi (71) und Michael (79) Schirmer aus Bremen. Als "Reiserentner" unternehmen wir gern auch längere Touren und halten unsere Erlebnisse in unserem Blog fest (heimistouren.wordpress.com.
  • Das Gespann VW Passat Alltrack und Fendt Saphir 515. Der Allradantrieb des Passat hat sich bei steilen Zufahrten oder rutschigem Untergrund schon häufig bewährt. Luxus sind die Einzelbetten und der Mover. Klimaanlage, Fernseher und Dusche im Wohnwagen brauchen wir nicht.
  • Die Tour In sieben Wochen im Sommer 2023 per Fähre nach Helsinki und dann durch Finnland und Norwegen bis zum Nordkap. Der Rückweg führt durch Nordnorwegen (Senja, Vesterålen, Lofoten) nach Schweden, dann zur Öresundbrücke und über die Straßenverbindung "Vogelfluglinie" zurück nach Bremen.

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