Die beiden UNICEF-Mitarbeiter Donata Lodi und Miro Kana waren im Mai in Mauretanien, einem der am schwersten von der Dürre betroffenen Länder, unterwegs. Im ersten Teil ihres Reiseberichts schildern sie ihre Erfahrungen in dem ausgetrockneten Land und den Besuch der Stadt Aioun.

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Die Straße nach Osten

Die 800 Kilometer lange Fahrt von Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens in die östlichen Sahel-Regionen dauert eineinhalb Tage. Das Thermometer zeigt bei unserem ersten Stopp in Bir el Barcka 44 Grad Celsius an. Je weiter man nach Osten kommt, um so mehr verschlechtert sich die Straße, Sand und Steine dominieren die flache Landschaft, daneben einige wenige dürre Bäume, einige Vögel und große Ziegenherden. Man sieht nur wenige Menschen, die in den am Horizont verstreuten Zelten und Häusern vor der Hitze Schutz suchen.

Am Nachmittag verdunkelt Sand den Himmel und es tauchen ein paar steinige Berge auf, die der Wind in merkwürdige Formen geschliffen hat. An einem Checkpoint hält uns ein Soldat eine halbe Stunde lang auf, dann setzen wir unsere Fahrt in die immer dunkler werdende Nacht fort. Als wir unser Lager für die Nacht in Guerou in der Region Assaba erreichen, ist es 21 Uhr und die Temperatur beträgt 41 Grad Celsius.

Tote Tiere

Herde
Die Viehherden sind eine wichtige Einnahmequelle für die Bevölkerung. © UNICEF

Als wir am nächsten Tag aufwachen, ist das Wetter unverändert und es liegt noch mehr Sand in der Luft; es ist windig, je weiter wir nach Osten kommen, um so weniger können wir von der Straße sehen. Die weltweite Klimaveränderung ist hier greifbar. Wir suchen bei 40 bis 44 Grad Celsius Schutz in klimatisierten Bereichen. Wir erfahren, dass viele Männer die Kuhherden über eine noch nie benutzte Route nach Mali brachten, in der Hoffnung, dort Weideland zu finden bevor die Kühe verenden. Eine Kuh bedeutet 250 Euro, ein wenig Kapital, das exportiert werden muss, um es zu retten. Zurück bleiben die Alten, die Frauen, die Kinder – ohne Ressourcen. Aus dem Norden Malis kommen Flüchtlinge an, die vor den Konflikten in ihrem Land fliehen. Sie überqueren die Grenze ganz im Osten und erreichen die Flüchtlingscamps in einer der ärmsten Regionen Mauretaniens, Hodh Sharqi.

Gegen Mittag erreichen wir Aioun, die Gebietshauptstadt von Hodh Gharbi, eine Stadt, die für ihre Steine bekannt ist – die einzige Einkommensquelle. Die Landschaft wird noch unwirklicher, es herrscht ein dominierendes gedämpftes gelbes Licht, die Sonne ist ein blasser Schatten, Sand schwirrt in der Luft und es toben starke Winde.

Aber das heutige Wetter ist nicht das Problem, es ist der seit Juli 2010 ausbleibende Regen: Abgesehen von einigen wenigen Tropfen warten die Menschen vergeblich auf Wasser vom Himmel. Die hier verbliebenen Herden sind in Gefahr. Die Kühe sterben zuerst, entlang der Straße liegen ihre Häute und Knochen. Ziegen und Kamele sind resistenter, ebenso wie Esel, doch viele Familien verkaufen ihre Tiere, bevor es zu spät ist. Die Pflanzen sind verschwunden, sowohl Gemüse als auch das Getreide. Und wenn man sich einmal umsieht, fragt man sich, wie auf diesem Boden aus Sand und Steinen jemals etwas angebaut werden konnte.

Eine gemeinschaftliche Anstrengung von UN und MDG

Brunnen
Um an Wasser zu kommen, müssen die Menschen in der Sahelzone immer tiefere Brunnen graben. © UNICEF

In diesem Ödland bekommen wir trotzdem einen Gemüsegarten zu sehen, geleitet von der Kooperative 'Noumew' mit Wasser aus einem Brunnen. Die energiegeladene Präsidentin, Emmatha Mint Sidi, Mutter von sechs Kindern, erklärt, wie sie kürzlich zwei Mal neu graben mussten, um auf Wasser zu stoßen. Nun sind sie besorgt, dass sie kein Geld mehr für den Dieselmotor der Pumpe haben. Stolz zeigt sie uns, was von dem Winter- und Frühlingsgemüse noch übrig ist: Rote Paprika, Auberginen und Zwiebeln.

Dies ist eines der kleinen Wunder des MDG-Komitees, auch Ausschuss Ernährung und Ernährungssicherheit genannt, das Vertreter unterschiedlicher, die örtlichen Zweige von vier UN-Organisationen (UNICEF, WHO, WFP und FAO) und einige örtliche und internationale Nichtregierungsorganisationen zusammenführt.

Diese Verbindung begann vor drei Jahren mit einer Förderung in Höhe von 7,5 Millionen Euro und konzentriert sich auf die Millennium-Entwicklungsziele und speziell auf Ernährung und Ernährungssicherheit. Die Ergebnisse vor der Dürre waren exzellent, Unterversorgungen der Kinder wurden radikal gesenkt und es war ein Rückgang der Sterblichkeit zu verzeichnen. Doch nun, so der besorgte Arzt Ahmed Ould Sid'Ahmed Aida, UNICEF Officer in der Region und Koordinator des Programms "wird mit der Dürre die ernährungswissenschaftliche Bewertung ein viel schlechteres Bild aufdecken – vor allem für Kinder und Frauen in den ärmsten und abgelegensten Gemeinden". Es wird erwartet, dass sich in Mauretanien die Fälle akuter Unterernährung bis Ende 2012 verdoppeln, von aktuell 35.000 auf über 90.000 und unter diesen Fällen könnte die schwere akute Unterernährung von aktuell 5.200 Fällen auf über 12.000 ansteigen.

Während der Sitzung des Lenkungsausschusses in Aioun treffen wir die hochrangigsten regionalen Vertreter: Den Bürgermeister der Stadt, den Leiter der Präfektur, Vertreter der örtlichen Polizei, sowie die Vertreter der UN-Organisationen. Die effektive Koordination all dieser Beteiligten, die sich alle drei Monate treffen, muss eine sehr große Herausforderung sein – aber als wir dann die unteren Ebenen der Struktur erleben, sehen wir, dass das Netzwerk sehr effektiv organisiert ist. Gut geschulte und erfahrene Personen, geduldig wartende Mütter mit ihren Kindern in den langen Warteschlangen für die Impfungen, die Ausgabe von Plumpynut oder die mit Öl und Zucker angereicherten Getreideflocken. Sie wissen, dass sie den Menschen, die ihnen helfen, vertrauen können. Die Frage ist, wie die bestehende und gut funktionierende Struktur in den kommenden Wochen weitergeführt werden kann, in einer sich aufgrund eines Mangels an Wasser und Lebensmitteln verschlechternden Situation, mit immer mehr Frauen, die sich auf die Hilfe von außen verlassen. UNICEF und ihre Partner sind für eine solche Situation gut vorbereitet, es werden aber weitere Gelder benötigt: Einem Kind in Mauretanien zu helfen kann aufgrund der großen Entfernungen zwischen den Gemeinden zehn Mal so viel kosten wie die Hilfe in stärker besiedelten und gut erschlossenen Ländern.

Frauen gegen Unterernährung

Heute sind im Krankehaus von Aioun nur zwei Kinder mit schwerer akuter Unterernährung und medizinischen Komplikationen, "aber oft sind hier sieben oder acht – im vergangenen Jahr hatten wir sehr viel weniger Fälle", berichtet die Krankenschwester Frau Diallo, die die Station Ernährung leitet. Dann erklärt sie den Fall der kleinen Oumelkheiry Mint Baba, 15 Monate alt. Gestern wurde sie eingeliefert und ist hier mit ihrer Mutter und Großmutter. In ihrem 120 Kilometer entfernten Dorf wurde sie im Gesundheitszentrum behandelt, nach einem Monat stieg ihr Appetit jedoch nicht an und sie nahm auch nicht an Gewicht zu, daher wurde sie zur Behandlung und Einschätzung möglicher medizinischer Komplikationen hier her geschickt. Sie erhält Amoxicillin und F75 Spezialmilch, die leichteste Rezeptur. In einigen Tagen kann sie hoffentlich die stärker angereicherte F100 erhalten und anschließend Fertignahrung, Plumpynut. Die Bestände sind reichlich und alles wird von der UNICEF kostenlos zur Verfügung gestellt, so wie alle Behandlungen für unterernährte Kinder.

Aber schwere akute Unterernährung ist nur die Spitze des Eisbergs. Es ist essenziell, die chronische Unterernährung zu bekämpfen und die örtlichen Gemeinden zu stärken, damit sie Krisen wie die jetzt vorherrschende besser bewältigen können.

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