Im Sudan tobt seit anderthalb Jahren ein erbitterter Krieg. Nun haben sich die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Im Zamzam-Camp in Nord-Darfur herrscht eine Hungersnot. UNICEF und andere humanitäre Organisationen warnen seit Monaten vor einer solchen Situation und appellieren erneut an die internationale Gemeinschaft.

Mehr zu United Internet for UNICEF

Nach mehr als 15 Monaten Krieg im Sudan hat eine katastrophale Kombination aus Kämpfen, Vertreibung und eingeschränktem Zugang zu humanitärer Hilfe zu einer Hungersnot im Zamzam-Camp für Vertriebene in Nord-Darfur geführt. Dort haben Hunderttausende Menschen aufgrund der Gewalt Zuflucht gesucht.

Es ist weltweit das erste Mal seit mehr als sieben Jahren, dass das Famine Review Committee (FRC) eine Hungersnot festgestellt hat und das dritte Mal, seitdem das Monitoring-System vor 20 Jahren etabliert wurde. Laut dem FRC droht in weiteren Teilen des Sudan eine Hungersnot, wenn nicht schnell gegengesteuert wird.

Was ist eine Hungersnot?

Eine Hungersnot (IPC-Phase 5) ist erreicht, wenn:

  • in einem Gebiet mindestens 20 Prozent der Menschen mit gravierenden Einschränkungen in der Nahrungsmittelversorgung zurechtkommen müssen.
  • mindestens 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung leiden.
  • mindestens zwei von 10.000 Menschen täglich aufgrund von Mangel an Nahrungsmitteln oder einer Kombination von Hunger und Krankheiten sterben.

Die Hungersnot im Zamzam-Camp bestätigt die Befürchtungen der letzten Wochen. Bereits im Juni hatte eine Analyse der sogenannten Integrated Food Security Phase Classification (IPC) auf die dramatische Verschlechterung der Ernährungssicherheit in dem Land hingewiesen; knapp 750.000 Menschen sind von katastrophalem Hunger betroffen.

UNICEF und das Welternährungsprogramm (WFP) haben wiederholt davor gewarnt, wie gefährlich es für die Menschen und insbesondere die Kinder in Konfliktgebieten wie Darfur, Khartum, Kordofan und Al Jazirah ist, wenn sie nicht mit humanitärer Hilfe erreicht werden können.

Die Lage ist im ganzen Sudan kritisch. Die Ausweitung der Kämpfe in Al-Fashir, Khartum und nun auch im Bundesstaat Sennar erschwert die humanitären Hilfsmaßnahmen. Auch die inzwischen einsetzende Regenzeit macht die Situation noch komplizierter, da viele Straßen überflutet und unpassierbar sind.

"Die heutigen Berichte bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen, dass in Teilen des Sudan eine Hungersnot herrscht, die unvorstellbares Leid für Kinder und Familien mit sich bringt, die bereits unter den Folgen dieses katastrophalen Krieges leiden."

UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell

Welche Teile des Landes sind besonders betroffen?

Menschen im Sudan, darunter auch Kinder, sterben bereits an Hunger und damit zusammenhängenden Krankheiten wie Mangelernährung und Infektionen. Im Gegensatz zur Darfur-Krise vor zwanzig Jahren erstreckt sich die derzeitige Krise über das gesamte Land, einschließlich der Hauptstadt Khartum und des Bundesstaates Jezira, die einstige Kornkammer des Sudan.

"Der Zugang für humanitäre Hilfe muss dringend ausgeweitet werden, um die Hungersnot in Nord-Darfur zu stoppen und zu verhindern, dass sie sich im ganzen Sudan ausbreitet. Die Kriegsparteien müssen alle Hindernisse beheben und neue Versorgungswege über die Grenzen und Konfliktlinien hinweg öffnen, damit Hilfsorganisationen abgeschnittene Gemeinden mit dringend benötigten Nahrungsmitteln und anderen humanitären Hilfsgütern versorgen können", sagte WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain.

"Ich appelliere an die internationale Gemeinschaft, jetzt alles dafür zu tun, um einen Waffenstillstand in diesem brutalen Konflikt zu erreichen und das weitere Abgleiten des Sudan in eine Hungersnot zu beenden. Nur so können wir eine humanitäre Katastrophe verhindern, die diese gesamte Region Afrikas destabilisiert."

Auch die Exekutivdirektorin von UNICEF, Catherine Russell, äußert sich besorgt über die derzeitige Lage im Sudan: "Die heutigen Berichte bestätigen unsere schlimmsten Befürchtungen, dass in Teilen des Sudan eine Hungersnot herrscht, die unvorstellbares Leid für Kinder und Familien mit sich bringt, die bereits unter den Folgen dieses katastrophalen Krieges leiden. Diese Hungersnot ist menschengemacht. Wir appellieren erneut an alle Akteure, humanitären Organisationen ungehinderten und sicheren Zugang zu Kindern und Familien in Not zu gewähren. Wir müssen in der Lage sein, alle Zugangswege zu nutzen, über Konfliktlinien und Grenzen hinweg. Die Kinder im Sudan können nicht warten. Sie brauchen Schutz, Zugang zur Grundversorgung und, mehr als alles andere, einen Waffenstillstand und Frieden."

Welche Hilfe leistet UNICEF im Sudan?

Der stark eingeschränkte Zugang für humanitäre Hilfe ist eine der Hauptursachen für die Hungersnot in Zamzam und wird, wenn die Situation weiter so anhält, für eine immer größere Not in den betroffenen Gebieten sorgen.

Gemeinsam mit Partnern hat UNICEF in diesem Jahr 5,2 Millionen Kinder und Familien mit sauberem Trinkwasser versorgt, 3,3 Millionen Menschen mit lebenswichtigen medizinischen Hilfsgütern erreicht, rund 2,8 Millionen Kinder auf Mangelernährung untersucht und mehr als 130.000 Kinder, die an schwerer akuter Mangelernährung leiden, behandelt. In 152 Orten wurden Ernährungsprogramme errichtet, 103 davon in Gebieten, die aufgrund des Konflikts schwer zu erreichen sind.

Allein im Mai und Juni dieses Jahres wurden mehr als 170 neue Zentren zur ambulanten Behandlung von schwerer Mangelernährung aufgebaut. Insgesamt gibt es aktuell 1.739 dieser Zentren im Sudan. Gleichzeitig leisten 70 mobile UNICEF-Teams lebensrettende Hilfe für mangelernährte Kinder. UNICEF liefert weiterhin lebensrettende Spezial- und Zusatznahrung, ausreichend für die Behandlung von 215.000 schwer mangelernährten Kindern.

Dringender Appell an internationale Gemeinschaft

Humanitäre Hilfsorganisationen brauchen einen sicheren, ungehinderten und dauerhaften Zugang in die kritischen Gebiete, damit die humanitäre Hilfe ausgeweitet werden kann - dies fordern UNICEF und WFP.

Darüber hinaus fordern sie die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre finanzielle Unterstützung für humanitäre Maßnahmen zu verstärken und alle ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen Mittel einzusetzen, um einen sofortigen Waffenstillstand herbeizuführen.

Gemeinsam haben die UN-Organisationen groß angelegte humanitäre Hilfe im Sudan sowie in den Nachbarländern mobilisiert – allein dort suchen zwei Millionen Menschen aus dem Sudan Zuflucht. (cm)

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.