Die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn gehen am Donnerstag (11.00 Uhr) in Berlin in die zweite Runde. Nach den Auftaktgesprächen Anfang November und ersten Warnstreiks in der vergangenen Woche sind beide Seiten noch weit von einer Einigung entfernt. Die GDL nimmt bereits den nächsten Arbeitskampf in den Blick.
"Der nächste Warnstreik kommt bestimmt. Damit werden wir uns nicht allzu viel Zeit lassen", sagte GDL-Chef Claus Weselsky jüngst der "Rheinischen Post". Eine Urabstimmung über unbefristete Streiks unter den eigenen Mitgliedern hat die Gewerkschaft bereits angestoßen.
Die GDL fordert unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Bahn hatte der Gewerkschaft in der ersten Verhandlungsrunde ein Angebot vorgelegt und darin unter anderem eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten in Aussicht gestellt.
Knackpunkt des Tarifstreits ist aber die Forderung der GDL nach einer Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Darauf war der Konzern in seinem Angebot bisher nicht eingegangen. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hält die Forderung für unerfüllbar. Aus Sicht der bundeseigenen Bahn reißt sie eine Personallücke, die angesichts des hohen Arbeitskräftemangels nicht geschlossen werden könne.
Dass eine Arbeitszeitabsenkung nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, hat auch Weselsky eingeräumt und Kompromissbereitschaft signalisiert. So könne die Reduzierung der Wochenarbeitsstunden etwa stufenweise über einen längeren Zeitraum erfolgen, betonte er. Doch ganz ohne Regelung zur Arbeitszeit wird es wohl nicht zu einer Einigung kommen. Die GDL hat einen Verhandlungserfolg ausdrücklich an diesen Punkt geknüpft. Auch bei den Tarifverhandlungen mit dem Bahnwettbewerber Transdev beharrt die Gewerkschaft darauf.
Erschwert werden die Verhandlungen auch dadurch, dass die GDL ihren Einflussbereich bei der Bahn ausweiten möchte. Erstmals soll auch die Infrastruktursparte in den Tarifabschluss der Gewerkschaft mit einbezogen werden. Das umfasst beispielsweise die Dienstleiter, die für die Koordinierung des bundesweiten Zugverkehrs zuständig sind und für die bislang ausschließlich die größere und mit der GDL konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandelt hat. Auch das lehnt die Bahn bislang ab.
Das Thema Arbeitszeit war schon einmal Gegenstand einer Tarifauseinandersetzung zwischen Bahn und GDL. Im Jahr 2017 einigten sich beide Seiten auf ein Wahlmodell für die Beschäftigten, das seit 2018 bei der Bahn gilt. Die Beschäftigten können wählen zwischen mehr Geld, sechs Tagen zusätzlichem Urlaub oder einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von damals 39 auf 38 Stunden. Zum Januar 2021 kamen weitere Wahloptionen hinzu, darunter bis zu zwölf Tage mehr Urlaub. © dpa
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