- Die Wirtschaftsauskunftei Schufa plant, dauerhaft Einsicht in unsere Bankkonten zu erhalten. Dieser Test läuft bereits unter dem Namen "CheckNow".
- Ziel des Services sei es, Menschen zu helfen, die aufgrund eines schlechten Schufa-Rankings Nachteile auf dem Wohnungsmarkt oder beim Bemühen um Bankkredite haben.
- Datenschützer reagieren entsetzt auf "CheckNow".
Beim Geld und dem Blick in die eigenen vier Wände endet für die meisten Bundesbürger deren Offenheit und es wird auf den Schutz privater Daten verwiesen. Unter dem Namen "CheckNow" läuft derzeit ein Test der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung. Diese Wirtschaftsauskunftei ist allgemein unter der Abkürzung Schufa bekannt. Es geht um das Einsehen, Speichern und Verarbeiten sensibler Kontodaten.
Basierend auf Recherchen der Sender NDR, WDR und der "Süddeutschen Zeitung", berichtete das ARD-Magazin "Panorama" von einem Plan der Schufa, künftig detailliert Einsicht in die Kontoauszüge der Verbraucher zu nehmen. Dies diene dem Zweck, Verbrauchern mit einem schlechten Schufa-Score, also einer niedrigeren Einstufung, zu helfen.
Bislang bewertet die Schufa in diesem Ranking die Zahlungsmoral und Kreditwürdigkeit von 67,9 Millionen Menschen. Erlaubt ist es der Schufa bisher, zu wissen, wie viele Konten jemand besitzt, ob die Person Kredite zurückzahlt oder auch die Anzahl ihrer abgeschlossenen Handyverträge. Ob Konten im Haben oder Soll sind und wofür die Menschen ihr Geld ausgeben, blieb der Schufa bisher verborgen.
"CheckNow" gewährt der Schufa tiefere Einblicke
Doch schon im März 2019 findet sich in einer internen Präsentation der Hinweis auf die Absicht, "neue Scores" zu schaffen, etwa die "Ergänzung bestehender Scores um zusätzliche Indikatoren". Auf Nachfrage versicherte die Schufa, die Abfrage der Daten bliebe zweckgebunden. Nur relevante Daten würden gesichtet und auch nur kurz gespeichert. Die Rede ist von zwölf Monaten.
Kundinnen und Kunden müssten der Schufa den Einblick in ihre Kontobewegungen freiwillig und ausdrücklich gewähren. Der Text dazu lautet: "Hiermit willige ich ein, dass die Schufa Holding anhand der weiter unten aufgeführten, personenbezogenen Daten eine Kontotransaktionshistorie erstellt."
Ein Klick nur, aber mit bedeutsamen Folgen. Die Schufa erhält durch das gesetzte Häkchen an dieser Stelle die Erlaubnis, die Kontodaten des Betreffenden monatelang zu "verarbeiten". Kundinnen und Kunden würden darüber im Unklaren gelassen, dass die Fortführung des Vorgangs auch ohne die Erteilung dieser Erlaubnis möglich ist.
Schufa-Vertreterin: "Leute haben keinen Bock und klicken sich da durch"
Laut des "Panorama"-Berichts habe eine Mitarbeiterin der Schufa dieses Vorgehen gegenüber Sparkassenvertretern im Oktober bestätigt: "Ihr Verbraucher wird sich da durchklicken, weil die Leute faul und bequem sind. Die haben keinen Bock auf sowas, und die wollen einfach den Service haben." Diese Sparkassenvertreter hatten ihre Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes geäußert.
Über dessen Einhaltung wacht als Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar. Der 66-Jährige warnte in "Panorama", die Einbeziehung "sehr vieler, auch höchstpersönlicher Informationen" führe zu einem neuen "Blick auf die Bonität". Daraus könnten den Betroffenen Nachteile erwachsen. Auch sei es der Schufa per Konteneinsicht möglich, an Daten Dritter gelangen, die in Kontoauszügen auftauchen.
Verbraucherzentrale: "Kontoschnüffelei" führt zu "vollkommen durchleuchtetem Verbraucher"
"Die Kontoschnüffelei der Schufa ist nicht akzeptabel", kritisierte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Eine solch tiefe Datenauswertung der Kontobewegungen für Scoringzwecke erlaubt Rückschlüsse auf Persönlichkeit, wirtschaftlichen Status und selbst politische Orientierungen der Kunden und führt damit letztlich zum vollkommen durchleuchteten Verbraucher." Man prüfe rechtliche Schritte für den Fall, dass die Schufa diese Pläne umsetzt.
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, dieses neue Geschäftsmodell werfe rechtliche Fragen auf. Daher werde sich das Ministerium, das davon erst jetzt erfahren habe, dies "genau anschauen". Schließlich gehe es hier um "besonders sensible Daten" und die Verbraucher müssten stets in der Lage sein zu verstehen, wofür sie jeweils ihre Einwilligung erteilen.
Zahlungsmoral ist laut Schufa auch in der Coronakrise intakt
Die Zahlungsmoral der Verbraucher bewegt sich auch in der Coronakrise auf einem hohen Niveau. Dies teilte Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder bezüglich der aktuellen Kreditwürdigkeit der Verbraucher mit. "Für uns ist das ein Indikator für eine robuste Wirtschaft in schwierigen Zeiten."
In den ersten drei Quartalen 2020 ist der Schufa zufolge keine Zunahme von Zahlungsproblemen erkennbar gewesen. Die Kreditausfallrate habe Ende September bei 2,1 Prozent gelegen - und damit genauso niedrig wie in den Gesamtjahren 2018 und 2019. Im Umkehrschluss heißt das: 97,9 Prozent aller Konsumentenkredite werden ordnungsgemäß bedient. Das ARD-Magazin "Kontraste" hatte vorab über den "Kreditkompass 2020" berichtet. (hau/dpa)
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