Maximaler Profit war gestern – viele Start-ups gründen sich heute nicht unbedingt aus dem Gedanken heraus, das schnelle Geld zu machen. Sie gründen sich aus der Idee heraus. Manche wollen sogar die Welt verbessern. Eines dieser Start-ups ist die "New Heritage".
Das Ziel, mit einer Unternehmensgründung schnell Millionen zu scheffeln, scheint unpopulär. Dem "Startup Report 2018" des Digitalverbands Bitkom zufolge stehen redlichere Motive ganz oben. Demnach gaben 70 Prozent der befragten IT-Start-ups an, aus einer Idee für ein Produkt oder eine Dienstleistung heraus gegründet zu haben.
Gutes soll überdauern
Ähnlich ging es Moritz Fuchs, Gründer der Messe "New Heritage". Aussteller aus dem Manufakturbereich können dort hochwertig produzierte Produkte wie Uhren, Gürtel, Töpferware, Kosmetik oder Schmuck an den Mann oder die Frau bringen.
Der Gedanke dahinter: Was qualitativ gut ist, soll überdauern – am besten ganze Generationen.
Fuchs schätzt das Beständige und Zeitlose, wie er sagt. "Irgendwann habe ich mich gefragt, was ich eigentlich einmal vererben beziehungsweise hinterlassen will. Dass es nicht die Ikea-Küche sein kann, leuchtet ein", erzählt der 29-Jährige in seinem Büro in einem Münchner Hinterhaus.
Er habe schnelllebigen Trends, billigen Massenproduktionen und -konsum etwas entgegensetzen wollen, etwas, das anders sei. "Also habe ich angefangen, mich mit Qualitäts- und Manufakturprodukten zu beschäftigen", so Fuchs weiter.
Mit seiner Idee greift der Gründer tatsächlich Trends auf: Das Thema Nachhaltigkeit etwa, das im Grunde alle Lebensbereiche betrifft wie Umwelt, Lifestyle, Beruf, Wohnen, Mobilität. Da hinein spielt der stärker werdende Wunsch nach ethischem Konsum und verantwortungsbewussten Unternehmertum. Zudem wünschen sich immer mehr Menschen hochwertige Produkte. "Qualität bleibt bestehen, wenn der Preis längst vergessen ist", wusste schon der US-amerikanische Kaufmann H. Gordon Selfridge.
Ein Start-up für Start-ups
Nun ist Fuchs kein Daniel Düsentrieb, kein Lebensmitteltechniker und auch kein Uhrendesigner. Der Gründer hat Eventmanagement studiert und im Messebereich gearbeitet. Da lag die Idee nahe, eine Plattform für Manufakturen aus der Bekleidungs-, Freizeit-, Wohn- und Genusskultur aufzubauen, die größtenteils selbst noch junge Start-ups sind.
Ann Sophie Meier hat ihm dabei geholfen. Die Studienkollegin von einst fand die Idee gut und stieg in das Geschäft ein. In der kreativen Schmiede der Gründer entwickelten die beiden nicht nur eine Plattform für Zeitloses, wie sie sagen, sondern eine Messe mit Festival-Charakter. Denn Fuchs und Meier war es nicht nur wichtig, langlebigen Produkten eine Plattform zu bieten, sondern auch die Besucher in das Konzept zu integrieren.
Deshalb organisieren sie Workshops, Vortragsreihen und Verkostungsaktionen. So werden beispielsweise in "Anlass und Outfit" Dresscode-Angaben wie "White Tie" oder "Come as you are" entziffert oder die Besucher können sich auf eine "Reise in die Welt des Schuhhandwerks" begeben.
Damit wollen Fuchs und Meier die Besucher an die Themen Nachhaltigkeit und Qualität heranführen. "Wir wollen ihnen zeigen, was alles hinter den Produkten unserer Aussteller steckt. Wie sie die Ideen dafür entwickeln, wie die Produkte hergestellt und welche Materialien verwendet werden. Das geht nur im Austausch", erklärt die 27-Jährige.
Gerade weil hochwertig produzierte Produkte etwas teuer sind, sei ein emotionaler Rahmen erforderlich. "Uns ist nicht nur wichtig, dass die Leute zu uns kommen, sondern dass sie ganz bei uns sind und sich wohlfühlen. Da muss es an allem stimmen – bei den Ausstellern, beim Essen, bei den Musik-Acts, dem Ambiente", ergänzt Fuchs.
Wie wichtig den beiden das ist, zeigt sich insbesondere am Marketing-Konzept der "New Heritage". Das Ambiente, die Stände, Werbematerialien und die Webseite haben ein einheitliches Design, sprechen die gleiche Sprache - das erzeugt Glaubwürdigkeit.
Bis die "New Heritage" allerdings an den Start ging, war es ein langer, arbeitsintensiver Weg – einer, der auch finanzielle Risiken barg.
"Natürlich haben wir sehr oft daran gedacht, dass es schiefgehen kann. Doch wenn das passiert, ist das Geld zwar weg, aber wir können auch sagen, wir haben es wenigstens gewagt. Ich denke, ich würde mich irgendwann grämen, hätte ich diesen Schritt nie gewagt. Und das wäre viel schlimmer", erklärt der Firmengründer.
Nach einem Jahr Planungsphase war es so weit. Im April 2017 fand die Messe in München zum ersten Mal statt. 5.200 Besucher verbuchte die "New Heritage" gleich zum Start. Insgesamt 73 Aussteller präsentierten ihre Waren. Aufgrund der guten Resonanz und weil das Konzept die Aussteller überzeugte, expandierten Fuchs und Meier auch nach Düsseldorf – mit gewachsener Ausstellerzahl.
Nicht das Geldmachen steht im Vordergrund
Das Team "New Heritage" versteht sich nicht als typisches Start-up, denn man sei nicht den klassischen Weg gegangen. "Unsere allererste Idee war nicht, Investoren beziehungsweise sogenannte Business Angels an Bord zu holen. Wir haben uns aus der Idee heraus gegründet", so Fuchs.
Und Meier fügt an: "Im Unterschied zum klassischen Start-up steht bei uns auch nicht der Gedanke des Geldmachens im Vordergrund. Bei uns steckt jede Menge Herzblut und Idealismus drin. Aber wir wissen natürlich, dass wir Geld verdienen müssen, damit die 'New Heritage' weiterleben kann."
Den beiden ist klar, dass es irgendwann mal einen Investor braucht, um den nächsten Schritt gehen zu können. "Allerdings nicht um jeden Preis", so Meier. Man wolle bei einer "Heirat" immer noch die Zügel in der Hand behalten. "Ein Investor, der genauso viel Herzblut für die Sache mitbringt und uns mit seinem Know-how und Netzwerk unterstützen kann, wäre wünschenswert." Beide wissen, dass dieser dann auch Geld verdienen wolle.
Nur wenige Start-ups würden bei "Höhle der Löwen" pitchen
Nur, die Suche nach dem perfekten Investor kann sich recht schwierig gestalten. Dass die beiden allerdings an einer TV-Show wie "Die Höhle der Löwen" (DHDL) teilnehmen, ist unwahrscheinlich. "Ich denke, dass da der Fokus darauf liegt, dass das Business funktionieren und sich finanziell lohnen muss", sagt Meier.
Die TV-Show und die reale Welt seien zwei Paar Schuhe. Ähnlich äußerte sich "Löwen"-Investor Frank Thelen im Interview. "Das sind zwei völlig verschiedene Welten (…) Das liegt auch an der Vermarktung der Show, die drei Millionen Zuschauer hat. Das kann die Unternehmen und ihre Produkte pushen."
Auch Fuchs hält die Show für eine gute Marketingmaßnahme. Allerdings müsse man sich auch klarmachen, dass es sich immer noch um eine Casting-Show mit entsprechenden Verträgen für die Start-ups handele.
Viele Gründer sehen das ähnlich. Dem "Startup Report 2018" zufolge glauben 98 Prozent der befragten Gründer, dass eine Teilnahme den Bekanntheitsgrad fördere. Dennoch würden zwei von drei Start-ups nicht bei DHDL pitchen.
Die Gründe: 57 Prozent der Befragten sehen darin keinen Mehrwert. 48 Prozent halten die Investmentdeals für unattraktiv und 40 Prozent denken, dass das Coaching der "Löwen" nicht hilfreich wäre. Jeder Dritte denkt sogar, dass die Teilnahme einen Image-Schaden herbeiführe.
Gerade aber schwierige Branchen im Bereich Nachhaltigkeit haben auf dem Markt zu kämpfen. Auch wenn die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und langlebigen Produkten wächst, so sind die Markteintrittshürden für Gründer enorm. Gründungen scheitern häufig an der Marktsättigung, der schwierigen Kapitalbeschaffung und den Listungsgebühren im Handel.
Das "Festival für Zeitloses", wie Fuchs seine "New Heritage" auch nennt, könnte dabei helfen, diese Barrieren ein wenig abzubauen.
Verwendete Quellen
- Gespräch mit Moritz Fuchs und Ann Sophie Meier von der "New Heritage"
- Gespräch mit Investor Frank Thelen
- "Startup Report 2018" des Digitalverbands Bitkom
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