Eine höhere Mindestreserve von Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) könnte der Geldpolitik nach Einschätzung von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel zu mehr Durchschlagskraft verhelfen. "Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich keinen Grund, eine moderate Erhöhung auszuschließen, um die Effizienz der Geldpolitik zu verbessern", sagte Nagel am Freitag laut Redetext bei einem Bankenkongress in Frankfurt. "Nur zur Erinnerung: In den ersten 13 Jahren des Euro lag der Mindestreservesatz bei 2 Prozent."

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Geldhäuser im Euroraum sind verpflichtet, einen bestimmten Betrag auf ihrem Konto bei der jeweiligen nationalen Notenbank zu halten. Aktuell liegt diese unverzinste Mindesteinlage für Geschäftsbanken bei einem Prozent der Kundeneinlagen. Mit einer Erhöhung würde die EZB der Finanzbranche Liquidität entziehen, womit die Geldpolitik weiter gestrafft würde.

Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen im Euroraum seit Juli 2022 zehnmal in Folge angehoben. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der Zentralbank besorgen könnten, liegt mittlerweile bei 4,5 Prozent. Bei ihrer jüngsten Sitzung im Oktober hatten die Währungshüter auf eine weitere Zinserhöhung verzichtet.

Noch unklar, ob Zinsgipfel erreicht ist

Ob der Zinsgipfel erreicht ist, sei "noch nicht klar", sagte Nagel in seiner Rede beim "Frankfurt European Banking Congress". Die Inflation im Euroraum sei mit einer Gesamtrate von 2,9 Prozent und einer Kernrate von 4,2 Prozent - also ohne schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel - im Oktober 2023 "noch zu hoch". Nagel betonte: "Der EZB-Rat ist entschlossen, die Inflation rechtzeitig zu seinem mittelfristigen Ziel von 2,0 Prozent zurückzuführen."

Er hielte es für "unklug", die Zinssätze zu früh wieder zu senken, sagte Nagel. Stattdessen müssten die Leitzinsen "für einen ausreichend langen Zeitraum auf einem hohen Niveau bleiben", bekräftigte Nagel. "Wie lange dieser Zeitraum sein wird, lässt sich zwar nicht genau vorhersagen, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass er in absehbarer Zeit endet."  © dpa

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