Während im Rest der Fußballwelt die Vorfreude auf die Weltmeisterschaft steigt, explodieren die Kosten für die WM 2014 in Brasilien. Der ursprünglich kalkulierte Etat wurde schon längst überschritten.
Tausende Menschen feierten in Brasilien, als das Land im Oktober 2007 den Zuschlag für die WM 2014 erhielt. Inzwischen hält es die Mehrheit allerdings für einen Fehler, dass die Weltmeisterschaft in Brasilien ausgetragen wird. Denn die Kosten für die teuerste Weltmeisterschaft aller Zeiten explodieren – aktuelle Schätzungen gehen von etwa elf Milliarden Euro aus, von denen der Staat den Löwenanteil tragen muss.
Seit Beginn der Massenproteste vor einem Jahr haben Hunderttausende dagegen demonstriert, dass Milliarden Euro für Stadien, Sicherheitsmaßnahmen, Infrastruktur, Hotels und andere teure Prestige-Projekte ausgegeben werden, während für Bildungs-, Gesundheits- und Transportwesen zu wenig Geld da ist. Zuletzt protestierten am vergangenen Wochenende in Sao Paulo, dem Ort des WM-Eröffnungsspiels, 30.000 Anhänger der Bewegung obdachloser Arbeiter (MTST). "Wir sind hier, um gegen die hohen Kosten zu protestieren, denn wir haben keine Wohnungen und keine Gesundheitsversorgung", fasst MTST-Sprecher Luiz Giovani die Beweggründe vieler Demonstranten zusammen.
Es gibt keinen aktuellen Kosten-Report
In ihrem Bericht "Matrix of Responsibility" hat die brasilianische Regierung die WM-Kosten für den Bund, die Bundesstaaten und die Kommunen mit 26,5 Milliarden Reais beziffert, das sind etwa 8,75 Milliarden Euro. Die Zahlen stammen vom September 2013, der Report wurde seither nicht aktualisiert. Inoffizielle Schätzungen gehen mittlerweile von 28 bis 30 Milliarden Reais, also bis zu 9,9 Milliarden Euro aus. Das wären fast fünf Prozent des Staatshaushaltes und doppelt so viel, wie der aktuelle Bildungsetat ausweist. Im Oktober 2007 hatte die Regierung Ausgaben in Höhe von lediglich 2,8 Milliarden Reais – weniger als eine Milliarde Euro - angekündigt.
Das WM-Budget umfasst im Wesentlichen den Bau oder Umbau von zwölf Stadien, den Aufbau einer Verkehrsinfrastruktur wie Häfen, Flughäfen und den öffentlichen Nahverkehr zu den Stadien sowie Investitionen in Sicherheits- und Telekommunikationsprojekte. Allein die Baukosten für die Stadien belaufen sich auf rund acht Milliarden Reais (2,65 Milliarden Euro). Verglichen mit der ursprünglichen Kalkulation, bedeutet das eine Kostensteigerung um 285 Prozent.
Brasilien baut "weiße Elefanten"
Hinzu kommt: Ein großer Teil der eigens errichteten Infrastruktur wird nach der WM brachliegen, weil sich die Kommunen und Bundesstaaten ihren Unterhalt gar nicht leisten können. Einige Präfekturen haben bereits signalisiert, dass die hohen Unterhaltskosten der Bauwerke und Verkehrseinrichtungen einen Weiterbetrieb unmöglich machen.
Auch mindestens vier Stadien gelten schon jetzt als "elefantes brancos" - Großprojekte also, die viel kosten, hauptsächlich aus öffentlichen Mitteln finanziert werden und geringen Nutzen bringen. Denn in den Austragungsorten Cuiaba, Brasilia, Manaus und Natal gibt es keine Fußballmannschaften, die in der ersten brasilianischen Liga spielen und die Stadien füllen könnten.
Und während die WM 2014 noch gar nicht begonnen hat, kündigt sich bereits das nächste Streitthema an: Auch die Kosten für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro laufen aus dem Ruder, sie werden derzeit auf fast 12 Milliarden Euro taxiert. Der 2008 in der Olympia-Bewerbung genannte Etatansatz ist damit schon jetzt um mehr als ein Viertel überschritten worden.
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