Was ist Rage Bait? Einfach erklärt!

Reißerische Überschriften, provokante Aussagen und Bilder: Rage Bait ist ein Phänomen, das gezielt Empörung schüren und wütende Reaktionen hervorrufen will. Doch wozu das Ganze?
  Von Nicole – Lesedauer: 3 Min.


Schon seit einiger Zeit beobachte ich im Netz einen höchst beunruhigenden Trend: Sogenannte Rage Baits fluten die Sozialen Medien und andere Kanäle, in denen Menschen ihre Meinung kundtun. Doch was genau steckt hinter diesem Begriff? In diesem Artikel erfahren Sie mehr dazu!
 

Was bedeutet Rage Bait auf Deutsch?

Wie so viele andere Wortkreationen im Netz stammt der Begriff "Rage Bait" aus dem Englischen. Es ist ein Konstrukt aus den Wörtern "Rage" für Wut und "Bait", für Köder.

Tatsächlich trifft es die Sache ganz gut, denn mit ihren "Wut-Ködern" versuchen Menschen in Sozialen Medien und anderen Online-Kanälen andere Menschen gezielt in Rage zu versetzen und für ihre Zwecke zu ködern.

Vorwiegend über provokante Posts auf Social Media schüren sie Empörung und negative Gefühle. Dabei geht es ihnen gar nicht um die Sache an sich. In Wirklichkeit wollen sie nur Reaktionen und Kommentare auf ihrem Profil generieren – die goldene Währung auf Social Media. Und dazu scheint ihnen jedes Mittel recht zu sein.
Junge Frau schaut stirnrunzelnd auf ihr Handy.
Rage Bait: Provokante Tweets und Posts in Sozialen Medien

Rage Bait zeigt sich auf verschiedene Art und Weise:
 
  • Mittels kontroverser Aussagen oder polarisierender Statements, die bewusst starke Meinungsunterschiede provozieren
  • Fake News und Falschbehauptungen
  • Angst schürende Inhalte (z. B. gegenüber Minderheiten)

Formate, in denen Rage Bait oft in Erscheinung tritt:
 
  • Sogenannte "Meinungsvideos" mit provozierendem Unterton
  • Video-Clips, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden
  • Bildschirmfotos von Tweets bzw. Posts mit bewusst radikalen Aussagen
  • Memes, die eine klare Botschaft transportieren
Was sind Memes?
Memes sind Fotos oder andere Medieninhalte mit humoristischem oder gesellschaftskritischem Charakter. Häufig ist Musik hinterlegt oder eine entsprechende Überschrift.

Beispiel für Rage Bait

"Klimakleber zerstören unseren Alltag – und keiner stoppt diesen Irrsinn!"

Folgende typische Merkmale von Rage Bait sind hier zu finden:
 
  • Dramatisierung und Emotionalisierung: Die Worte "zerstören" und "Irrsinn" erzeugen starke Gefühle und vermitteln ein negatives Weltbild.
  • Polarisierung: Die egoistischen Klimakleber gegen die "normale" Bevölkerung.
  • Feindbild: Die Protestierenden werden pauschal als Urheber von Chaos und Zerstörung dargestellt.
  • Empörung durch Schuldzuweisung: "… und keiner stoppt…!" wendet sich gegen die Politik bzw. vermittelt den Eindruck einer schwachen Gesellschaft, die sich nicht wehrt.
  • Anreiz zur Reaktion: Klimaaktivisten und Befürworter von Klimaschutz fühlen sich angegriffen – Kritiker und Gegner hingegen fühlen sich bestätigt.

Hier ein paar Beispiele, wie eine typische Antwort von Gegnern und Befürwortern aussehen könnte:

"Endlich bringt es mal jemand auf den Punkt! Dieses Ökogesocks sollen arbeiten gehen, statt sich auf der Straße festzukleben!"

"Wie könnt Ihr so über die jungen Menschen reden, die für unsere Zukunft kämpfen, einfach unfassbar!"

"Und die Politik schaut mal wieder nur zu, während die normale Bevölkerung unter solchen Aktionen leidet!"

 

Was ist das Motiv von Rage Bait?

Rage Bait wird ganz gezielt dazu genutzt, mehr Aufmerksamkeit für das eigene Social Media Profil zu erhalten.
Denn durch die starke Emotionalisierung durch Rage Bait werden besonders viele Interaktionen erzeugt: Follower und andere Nutzer kommentieren und teilen die negativen Inhalte mit ihren Kontakten.

Das wiederum wird von den Sozialen Medien belohnt: Die Algorithmen von TikTok oder Instagram bewerten Reaktionen und Kommentare nämlich meist stärker als reine Klicks. Der Rage Baiter bekommt so mehr Reichweite.

Gehört Rage Bait damit zu den manipulativen Content-Strategien?

Klares Ja. Spielen Influencer bzw. Content Creator gezielt mit den Gefühlen von anderen Menschen, schüren sie kalkuliert Wut, Empörung und Entrüstung, dann ist hier definitiv Manipulation im Spiel.
Böse blickender, fluchender Teufel-Smiley
Rage Bait: Mit Wut-Posts negative Emotionen für die eigene Reichweite triggern

 
Tatsächlich gibt es auch mehr und mehr politisch motivierte Rage Baits. Die Gründe sind dabei sehr vielschichtig:
 
  • Politiker möchten mehr Aufmerksamkeit für ihre eigene Agenda erzeugen.
  • Wähler(innen) sollen mobilisiert werden.
  • Politische Gegner sollen diskreditiert werden.
  • Ein bestehendes System soll destabilisiert werden.
  • Es wird Angst und Empörung verbreitet, um das eigene politische Programm als heilsbringende Lösung verkaufen zu können.
 
Insgesamt sind Rage Baits ein sehr wirkmächtiges Werkzeug, das von Politikern, Parteien, aber auch Aktivisten, Influencern und alternativen Kanälen gleichermaßen eingesetzt wird.

Warum ist Rage Bait so gefährlich?

Rage Bait ist in vielerlei Hinsicht gefährlich:
 
  • Es lebt von extremen Meinungen und Positionen und fördert das "Wir-gegen-die-Narrativ". Damit hetzt es gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auf.
  • Es fördert Ängste in der Gesellschaft und hat damit auch negative psychische Effekte.
  • Es schürt Aggressionen und zerstört den Dialog.
  • Es streut toxische, falsche und unvollständige Inhalte und fördert damit auch Desinformation.
  • Politisches Rage Bait führt dazu, dass Menschen ihr Vertrauen in demokratische Prozesse und in den Rechtsstaat verlieren.

Was ist der Unterschied zwischen Rage Bait und Hate Speech?

Rage Bate geht – im Gegensatz zur Hate Speech, bei dem ganz unverblümt menschenverachtende und auch bedrohliche Hasskommentare gepostet werden – meist etwas subtiler vor: Man wirft lediglich einen "Meinungs-Happen" als Köder aus, um negative Emotionen zu triggern.

Das ist zwar moralisch höchst fragwürdig, bewegt sich aber meist noch im legalen Bereich. Ein Beispiel:

"Früher wurde noch gearbeitet, heute wird nur noch gegendert" . Diese Aussage spaltet zwar, ist jedoch noch keine Hassrede.
 
Wenngleich es genügend Beispiele gibt, wo sich Inhalte als Rage Bait tarnen, bei genauerem Hinsehen aber sexistische oder rassistische Codes transportieren.
 
Bei Hate Speech wird gezielt und ganz offensiv Hass im Netz verbreitet. Die Inhalte sind oft strafbar und können entsprechend belangt werden (z. B. wenn der Straftatbestand der Volksverhetzung, Bedrohung, Nötigung gegeben ist).

Was kann man gegen Rage Bait tun?

Um den Belohnungs-Algorithmus für Rage Bait zu stoppen, sollte man am besten gar nicht auf provokante Posts reagieren.
Im ersten Schritt ist es daher immer wichtig, die Wut-Falle auch als solche zu erkennen. Und dann entsprechend zu ignorieren.
 
Tipp: Sie stoßen auf Social Media und beim Surfen öfter mal auf Rage Bait? Dann hinterfragen Sie unbedingt Ihre Informationsquellen und die Kontakte, denen Sie folgen.

Alternativ kann man wie bei Hate Speech aber auch versuchen, sachlich auf den Post zu antworten. Vielleicht gelingt es Ihnen, argumentativ der Sache den Wind aus den Segeln zu nehmen und den Rage Bait zu entlarven. Eventuell auch mit einer so simplen Frage wie: "Gibt es konkrete Zahlen, die Deine Behauptung belegen?"
 
Wenn Sie das Geschriebene also nicht unkommentiert stehen lassen wollen, hier noch ein paar Tipps dazu, wie Sie vorgehen können:
 
  • Netiquette: Bleiben Sie immer sachlich und höflich.
  • Deeskalation: Versuchen Sie, das Thema kritisch, aber dennoch konstruktiv anzugehen. Z. B., indem Sie folgende Formulierung wählen: "Ich finde: Klimaprotest verdient Aufmerksamkeit, aber es darf nicht auf Kosten der Gemeinschaft gehen." Damit stellen Sie die Art des Protests in Frage, und machen klar, dass es andere Lösungen geben sollte. Gleichzeitig zeigen Sie, dass Ihnen Klimaschutz wichtig ist. Möglicherweise regt Ihre Antwort ja zum Nachdenken an und erstickt so negative oder aggressive Kommentare im Keim.
  • Antworten Sie humorvoll: Zugegeben, ein etwas unkonventionellerer Ansatz, um auf Rage Bait zu reagieren, aber auf diese Weise können Sie dem Rage Baiter womöglich ebenfalls ein Schnippchen schlagen.
  • Beweisen Sie das Gegenteil: Führen Sie Fakten und Quellen an, die das Gesagte widerlegen. Zeigen Sie auf, dass das Thema komplexer ist und nicht verkürzt dargestellt werden sollte.
  • Im Ernstfall handeln: Läuft die Diskussion aus dem Ruder bzw. driftet in echte Hassrede ab (der Übergang ist leider oft fließend), melden Sie es auf der entsprechenden Plattform bzw. erstatten sie Anzeige bei der Polizei. Rassistische, antisemitische Äußerungen oder offen ausgesprochene Drohungen haben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.

Mein persönliches Fazit:

Rage Bait ist ein gefährlicher Internet-Trend, der zur Verrohung im Netz beiträgt und sich negativ auf den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft auswirkt. Daher ist es besonders wichtig, dass nicht nur wir Erwachsenen darüber Bescheid wissen. Auch Kinder und Jugendliche sollten unbedingt zu Rage Bait aufgeklärt werden. Schließlich sind sie täglich viel auf Social Media unterwegs.

Gut vorbereit lassen auch sie dann den vergifteten "Wut-Köder" links liegen.
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