Die Affäre um schmutzige Diesel-Abgase ist an BMW bisher weitgehend vorbei gegangen. Zu Unrecht, findet die Deutsche Umwelthilfe, präsentiert eigene Zahlen - und das Verkehrsministerium reagiert. Im Mittelpunkt steht die Frage: Was ist normales Fahrverhalten?
Das Bundesverkehrsministerium lässt Vorwürfe der Deutschen Umwelthilfe gegen BMW prüfen, Diesel-Abgase nicht ausreichend zu reinigen. Das Kraftfahrt-Bundesamt sei "unmittelbar nach Bekanntgabe der Vorwürfe" beauftragt worden, ihnen nachzugehen, teilte das Ministerium in Berlin am Dienstag mit. Zuvor hatte die Umwelthilfe (DUH) eigene Abgas-Messungen veröffentlicht und dem Autobauer vorgeworfen, die Abgasreinigung über eine unzulässige Abschalteinrichtung herunter zu regeln. BMW weist das zurück und beruft sich auf Tests des TÜV Süd und des Kraftfahrt-Bundesamts. Der TÜV Süd warf seinerseits der Umwelthilfe Schlamperei beim Test vor.
Konkret geht es um einen BMW 320d aus dem Jahr 2016
Konkret geht es um einen BMW 320d aus dem Jahr 2016, der nach Darstellung von Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch auf der Straße auch bei alltäglichem Fahrverhalten deutlich mehr gesundheitsschädliche Stickoxide ausstoßen soll als erlaubt. Die DUH veröffentlichte eigene Messergebnisse. Resch sagte, es bestünden "sehr starke Indizien für das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung", die schon im "mittleren Drehzahlbereich" im alltäglichen Fahrbetrieb die Abgasreinigung herunter regle. Das sei aus DUH-Sicht nicht mit dem Schutz des Motors begründbar und damit rechtlich nicht zulässig.
Die Abgasrückführung werde ab 3500 Motor-Umdrehungen komplett abgeschaltet, sagte Resch - diese Drehzahl erreiche man etwa bei 70 Stundenkilometern im dritten Gang oder bei 112 Stundenkilometern im fünften Gang. "Nach Rechtsauffassung der DUH sind solche Abschalteinrichtungen, die dauerhaft aktiviert werden, nicht legal", betonte Resch und forderte eine Überprüfung der Typgenehmigung für das Modell und gegebenenfalls Nachrüstungen an der Abgasreinigung.
BMW wehrte sich gegen die Vorwürfe. "Wenn ein Tester bewusst und zielgerichtet untypische Fahrweisen im Randbereich erzwingt, um plakative Emissionswerte zu konstruieren, dann hat das Züge einer gezielten Kampagne", sagte Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich. Der Autobauer teilte mit, dass Fahrzeuge von BMW grundsätzlich den gesetzlichen Vorschriften entsprächen und nicht manipuliert seien.
Bereits Vorgänger-Modell war anscheinend auffällig
Einem technisch identischen Modell habe schon 2015 der TÜV Süd nach unabhängiger Prüfung ein "sehr robustes Abgasverhalten" und Stickoxid-Werte "innerhalb der technisch erklärbaren sowie erwartbaren Toleranz" bescheinigt, teilte BMW weiter mit. Der TÜV Süd bestätigte das: Ein 320d aus dem Jahr 2015 - nicht von BMW zur Verfügung gestellt - habe bei umfangreichen Tests im Labor und auf der Straße keinerlei Auffälligkeiten gezeigt. "Aus unserer Sicht lag da keine illegale Abschalteinrichtung vor", sagte ein Sprecher.
BMW betonte, auch das Kraftfahrtbundesamt habe erst im vergangenen Sommer den Antrieb des 320d überprüft und "für gut befunden".
Zuvor hatten die ZDF-Sendung "Wiso", die an den DUH-Messungen beteiligt war, sowie die Zeitung "Der Tagesspiegel" über die Ergebnisse berichtet. Dass Dieselautos auf der Straße teils deutlich mehr gesundheitsschädliche Stickoxide ausstoßen als im Labor, ist bekannt und nicht grundsätzlich verboten.
Indes ist umstritten, wann sich das Herunterregeln der Abgasreinigung mit dem Schutz des Motors rechtfertigen lässt. Der Essener Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer forderte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) auf, die Kriterien dafür auf seiner Homepage öffentlich zu machen. Zudem solle nicht mehr das KBA, sondern das dem Bundesumweltministerium zugeordnete Umweltbundesamt für die Prüfung der Abgaswerte zuständig sein, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
BMW hatte im Zuge des VW-Abgasskandals stets betont, sich an die Regeln zu halten. Die EU hat die Messverfahren und Regeln für neue Autos bereits verschärft. © dpa
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