Der ADAC hat bei mittlerweile rund 700 Fahrzeugen mit Keyless-Schließsystemen herausgefunden, dass fast alle getesteten Modelle leicht zu öffnen und zu stehlen sind.
Fundierte Kenntnisse, etwa zum Hacken oder Entschlüsseln von Daten, sind nicht notwendig, um ein mit "Keyless-Go" ausgestattetes Fahrzeug zu öffnen. Dafür reicht ein frei und legal erhältlicher Reichweitenverlängerer, mit dem die Tester die Fahrzeuge in Sekundenschnelle öffnen und wegfahren konnten, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen.
Keine Einbruchsspuren – Versicherung zickt
Der Trick: Diebe müssen mit einem Gerät in der Nähe des Schlüssels sein und mit einem zweiten Gerät in der Nähe der Autotür. Die Funksignale werden so über mehrere hundert Meter verlängert, erklärt der ADAC. Das funktioniert auch dann, so der Autoclub "wenn der Schlüssel im Haus liegt oder der Besitzer im Biergarten sitzt mit Schlüssel in der Hosentasche". Beide Reichweitenverlängerer, deren Bauteile auch in jedem Elektronikladen für rund 100 Euro zu kaufen sind, lassen sich mit geringem Aufwand bauen.
UWB als sicherer Diebstahl-Schutz
Läuft der Motor einmal, bleibt er, bis der Tank leer ist, auch in Betrieb. Gegebenenfalls kann der Dieb das Auto bei laufendem Motor tanken. Dadurch, dass keine Einbruchspuren am Fahrzeug zu sehen sind, laufen Fahrzeugbesitzer zudem Gefahr in den Verdacht des Versicherungsbetrugs zu kommen, wenn das geklaute Auto mit abgestorbenem Motor zurückgelassen wird.
Hersteller können ihre Keyless-Modelle durch den Einsatz digitaler Funktechnik sicherer gestalten. Diese Technik nutzt Computerchips mit Ultra-Wide-Band (UWB)-Technologie im Schließsystem, wodurch die Entfernung des Schlüssels zum Fahrzeug präzise anhand der Laufzeit der Funksignale ermittelt wird. Dadurch bleibt das Fahrzeug unempfindlich gegenüber den vom ADAC verwendeten Funkverlängerungen.
Jaguar Land Rover war erfreulicherweise der erste Autohersteller, der diese Technologie seit 2018 in neuen Modellen integriert hat. Neben dem Discovery wird laut Herstellerangaben die neue Keyless-Technologie auch in den Modellen Range Rover, Range Rover Sport (jeweils ab Modelljahr 2018), Jaguar E-Pace und i-Pace eingesetzt.
Seit 2019 sind zudem immer mehr Modelle von Audi (darunter A3, Q4 e-tron), Cupra (u.a. Born, Formentor), Seat (Leon), Škoda (u.a. Enyaq, Octavia) und Volkswagen (u.a. Golf 8, ID.-Modelle, Caddy, T7) mit UWB-Technologie geschützt. Auch von BMW, Genesis, GWM (Great Wall Motors), Hyundai, Kia, Mercedes und Suzuki gibt es mittlerweile erste Modelle mit verbessertem Schutz (siehe Fotoshow).
So schützen Sie sich vor Diebstahl
- Besitzer eines Autos mit Keyless-Schließsystem sollten in der Betriebsanleitung überprüfen, ob das System deaktivierbar ist. Dies kann das Fahrzeug vor unbefugtem Zugriff schützen, allerdings geht dabei der Keyless-Komfort verloren.
- Vor dem Autokauf den Sicherheitsaspekt des Keyless-Systems berücksichtigen und gegebenenfalls auf ein solches System verzichten.
- Das Fahrzeug über Nacht nach Möglichkeit in einer verschlossenen Garage abstellen.
- Den Funkschlüssel in Innenräumen nicht in der Nähe von Außentüren, Außenwänden oder Fenstern aufbewahren.
Damit können Sie sich behelfen
- Den Schlüssel in eine Metalldose, ein abschirmendes Etui, einen Kochtopf (mit Deckel) oder in Alufolie zu legen, kann helfen, wenn alle Funkstrahlen vollständig abgeschirmt werden. Um die Wirksamkeit zu testen, den Schlüssel in das jeweilige Behältnis legen und verschließen, dann in die Nähe der Fahrertür (weniger als einen Meter Abstand) treten und prüfen, ob das Auto sich öffnen oder verriegeln lässt. Falls ja, ist die Methode nicht effektiv.
- Nachrüstlösungen mit elektronischen Schutzschaltungen können den für das Öffnen und Starten wichtigen Stromkreis unterbrechen. Diese Lösungen erfordern jedoch häufig ein zusätzliches Keyless-System, das ebenso anfällig für Manipulationen sein kann wie das ursprüngliche System. Dies wurde von ehemaligen Forschern der Uni Magdeburg aufgezeigt.
- Den Schlüssel im Kühlschrank aufzubewahren könnte theoretisch funktionieren, ist jedoch nicht praktikabel. Funkstrahlen könnten durch die Dichtung oder eine Glastür dringen. Zudem kann die Batterie durch die Kälte an Leistung verlieren, und die Elektronik könnte durch Feuchtigkeit beschädigt werden. Daher wird von dieser Methode abgeraten.
Übrigens: Einige Hersteller setzen bei ihren Keyless-Go-System auf Bewegungssenoren im Schlüssel. Wird dieser für eine gewisse Zeitspanne nicht bewegt, schaltet sich das Funksignal ab. Der Autoclub hält diese Form der Sicherung jedoch für unzureichend. © auto motor und sport
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