50.000 Test-Kilometer absolviert die neue Tuono 660 im Dauertest von MOTORRAD. Lob, Probleme und Auffälligkeiten sammeln wir hier.

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Seit Herbst 2021 bereichert die Aprilia 660 Tuono den Dauertestfuhrpark. Knapp über 1.000 Kilometer und die erste Inspektion waren schnell absolviert. Der Verbrauch lag über die moderat gefahrenen Einfahr-Kilometer bei durchschnittlich 4,6 Liter auf 100 Kilometer. Und auch im weiteren Testbetrieb genehmigte sie sich nur 4,4 Liter. Unsere Aprilia ist mit viel Extras ab Werk ausgestattet. Hierzu zählen die Sechsachsen-IMU, volle Smartphone-Konnektivität und ein Quickshifter/Blipper.

Einträge aus dem Fahrtenbuch

Kilometerstand: 45.561, 8/2024

Tobias Beyl, Redakteur Service-Ressort: Die Aprilia 660 Tuono macht einfach Spaß. Ich hab die Tuono zum Pendeln genutzt von Ludwigsburg nach Stuttgart. Da gerade Ferienzeit ist, war wenig los auf den Straßen und ich überraschend schnell im Büro. Darauf waren die Aprilia und ich nicht vorbereitet und entsprechend enttäuscht, dass die Fahrt schon viel zu früh Ende war. Und das sogar bei vergleichsweise langweiligem Stadtgebummel! Da fällt es einem nicht schwer, sich den Spaß auszumalen, den man haben kann, wenn man die Tuono artgerecht bewegt.

Kilometerstand: 42.500, 6/2024

Wohl ist die Aprilia 660 Tuono nicht die allererste Wahl bei der Langstrecken-Fraktion, auch weil man sich bei ihr stets zwischen Gepäck oder Sozius entscheiden muss. Aber sie funktioniert bislang mit großer Zuverlässigkeit und weitgehend frei von Zicken. Weitgehend deshalb, weil sie im letzten Herbst (2023) mit Ladeströmen bis zu 16,5 Volt elektrisch auffällig wurde, nicht mehr zuverlässig ansprang und nach kurzer Zeit der Starter seinen Dienst verweigerte. Die Ursache war schnell gefunden (Starter-Relais defekt, Anschlüsse und Kabel stark oxidiert), das neue Relais ließ aber knapp 7 Wochen auf sich warten. Mit rund 60 Euro lag es preislich zwar noch im Rahmen, doch die zeitaufwendige Reparatur ließ die Rechnung auf 190 Euro anwachsen. Die zweite unfreiwillige lange Pause hatte sie, als bei 42.000 km der dritte Kettensatz fällig wurde. Als nach 5 Wochen immer noch kein originaler Kettensatz lieferbar war, improvisierte die Werkstatt und stellte den Kit aus einzelnen Komponenten zusammen, was dann am Ende inklusive Montage stolze 522,20 Euro kostete. Nun denn, jetzt bollert sie wieder, und es müsste schon mit dem Diavolo zugehen, wenn sie in diesem Sommer nicht fertig werden würde mit den 50.000 Kilometern.

Kilometerstand: 25.540, 4/2023

Der Mensch ist ja oft mit der Neigung versehen, sich oder auch sein Fahrzeug von der Masse abzuheben. Und so bekam die Aprilia 660 Tuono einen Satz Sportspiegel von SW-Motech für 250 Euro spendiert. Links SW-Motech, rechts das Original. Der wesentliche Unterschied liegt in der gefälligeren Optik sowie der Möglichkeit, die Spiegelarme verlängern zu können.

Kilometerstand: 25.120, 3/2023

Pessimisten oder Dauernörgler könnten angesichts der Aprilia Tuono 660 behaupten, dass italienische Motorräder auch nicht mehr sind, was sie einmal waren. Denn abgesehen von konzeptbedingten Eigenheiten wie dem unten und in der Mitte eher blutarm agierenden Twin, dem direkt angelenkten, einfachen und harsch ansprechenden Federbein oder den Rotstift geschuldeten Fakten wie die nicht überlackierten und sich deshalb schon nach kurzer Zeit abzulösen beginnenden Aufkleber macht das gar nicht so nackte Naked Bike viel Freude. Keine Spur von Diva oder Zicken im Alltag. Sie springt stets zuverlässig an, verbraucht abseits von Volle-Pulle-Autobahnetappen deutlich unter 5 Liter. Stehen Transportaufgaben an, verbirgt sich ein solider und gut nutzbarer Gepäckträger unter dem Soziuspolster. Aktuell laufen die Vorbereitungen für die in Kürze anstehende Zwischenbilanz. Kleiner Teaser: Die Gel-Komfort-Sitzbank für 199 Euro baut einen Zentimeter höher und macht ihrem Namen zwar alle Ehre, zeigt aber bereits nach kurzer Benutzung hässlichen Faltenwurf des Bezugs.

Kilometerstand: 22.506, 10/2024

Der charaktervolle, gierig hochdrehende Twin, das sportlich-präzise Fahrwerk und der kleine Verbrauch von deutlich unter 5 Litern kommen gut an. Je nach FahrerInnen-Natur werden Überschaubarkeit in Sachen Tiefendruck und Windschutz hier und da mal angemahnt, aber zumindest Letzterem begegneten wir unlängst mit einem größeren, sehr wirksamen Windschild für die Aprilia 660 Tuono aus dem Werks-Zubehör. Auch das jüngst verbaute Gepäcksystem, bestehend aus Tankrucksack und Seitentaschen von SW-Motech, steigern die Alltagseinsätze der Aprilia 660 Tuono. 3 planmäßige und äußerst unauffällige Servicetermine gab es bisher. Was es hingegen nicht gab: Defekte. Da sind die gelegentlichen Verschlucker bei nasskalter Witterung schon die größten "Fehlbarkeiten". Geschenkt.

Kilometerstand: 18.400, 9/2022

Nach der letzten Winterfahrt bei Kilometer 6.100 ist Jens Kratschmar von der Sommerperformance der Aprilia 660 Tuono überrascht. Entweder haben sich Getriebe, Quickshifter und der elektrische Gasgriff eingearbeitet oder der Aprilia tut Wärme gut. Alle zuvor bekrittelten Komponenten arbeiten bei über 20 Grad auf höchstem Niveau und geben derart wenig Anlass zum Meckern, dass man es sich sparen kann. Gegenbeweis: An einem luftfeuchten Morgen bei nur 12 Grad fängt die Tuono am Gas wieder an zu zicken und verschluckt sich öfter. Ungewöhnlich: Nach dem Parken in strömendem Regen steht Wasser im Überlaufring des Tanks. Ein Wunder, wenn das beim nächsten Öffnen nicht in den Sprit liefe. Mit der Serienbereifung Pirelli Rosso Corsa II – hinten in 180/55 – durchwuselt die Aprilia die engsten Radien auf einfachste Weise und ist selbst von Resten agrarökonomischer Arbeit auf Asphalt nicht aus der Ruhe zu bringen.

Kilometerstand: 15.200, 8/2022

Mit fast schon erschreckender Unauffälligkeit geht es mit der Aprilia 660 Tuono voran. Auffällig ist eher die meist gute Laune derer, die von ihr absteigen.

Kilometerstand: 13.500, 7/2022

Ein herrliches kleines Feuerzeug ist der kleine Donner. So viel Spaß mit so wenig Motor hatte Daniel Lengwenus vom MOTORRAD action team schon lange nicht mehr. "Es erinnerte mich sehr an meinen Schottland-Trip vor etwa 20 Jahren, als ich die kleine Suzuki SV 650 mit Gitterrohrrahmen und etwa 70 PS dabei hatte. Natürlich ist die Aprilia 660 Tuono um einiges moderner und fahraktiver, der Motor ist so drehfreudig und hat macht auch untenrum schon Druck, so dass auch diesseits der 6.000/min richtig schön getourt werden kann.

Das Fahrwerk der Aprilia 660 Tuono ist sportlich und eher von der harten Art, dennoch passt es für die meisten Straßenzustände. Nur grobes Kopfsteinpflaster war kaum zu ertragen. Da dämpften eher die Bandscheiben als das Fahrwerk, man spürte jeden Stein. Aber wenn der Asphalt dann glatt wurde, wie zum Beispiel in den Höhenlagen des Harzes, kam richtig Freude auf. Auch die Sitzposition ist für lange Touren nicht zu sportlich und auf der Sitzbank lässt es sich länger aushalten als zunächst gedacht. Alles in allem ein ganz feiner Landstraßenfeger, der auch optisch richtig was hermacht."

Kilometerstand: 10.300, 6/2022

Die Aprilia 660 Tuono weilte zum 10.000er-Service planmäßig in der Werkstatt. 323,01 Euro kostete der Spaß, der im Wesentlichen einen Ölwechsel enthielt.

Kilometerstand: 8.100, 5/2022

Die kleine Tuono wird gerne für die Feierabendrunde oder den WE-Trip ausgefasst. Bislang läuft der Landstraßenfeger absolut problemlos.

Kilometerstand: 6.407, 3/2022

Ziemlich auffällig, unsere Dauertest-Aprilia 660 Tuono. Auffällig gut, auffällig beliebt, auffällig selten im Fuhrpark verfügbar. Probleme oder Negatives bisher? Nada. Langsam ist auch dem letzen Testpiloten klar, warum Kollegin Pekarek die Italienerin bei ihrem Einstand kaum abgeben wollte: Das Gerät macht einfach nur Laune. Entsprechend vielfältig die Zuneigungsbekundungen im Fahrtenbuch. Drehfreudiger, kraftvoller Motor mit geringem Verbrauch, perfekter Quickshifter, gelungene Ergonomie, tolles Handling. Hervorragend, drum: Weiter so!

Kilometerstand: 6.158 Kilometer, 11/2021

"Sparsame Spaß-Pendlerin", so würde ich die Aprilia Tuono 660 betiteln. Und damit stellt sie das komplette Gegenteil von dem dar, was ich, Jens Kratschmar, von ihr erwartet hatte. Denn mit 120 Kilo fahrfertig ist der Autor nur 63 Kilo leichter als die Tuono trocken. Entsprechend habe ich ein in jeder Hinsicht überfordertes Krad unter mir prognostiziert und mit 10.500 Euro als deutlich zu teuer für einen Mittelklasse-Flitzer eingeordnet. Selten lag ich so daneben.

Video: Dauertest-Begrüßung: Aprilia Tuono 660

Dieser Quickshifter

"Boah, ist der Quickshifter gut", entfährt es mir bereits im Feierabend-Verkehr den Stuttgarter Kessel hinauf beim flotten Durchtanzen des Getriebes. Hoch geht jederzeit sauber und selbst unter ruppigem Fuß klaglos, runter muss man mit etwas Gefühl arbeiten. Gerade bei sehr langsamer Fahrt dreht der Motor als Zwischengas bei Druck auf den Schalthebel hoch, noch bevor der Gang gewechselt wird. Das endet ab und an in einem kleinem Rodeoritt mit stempelndem Hinterrad kurz vor dem Stillstand. Im freien Feld streichelt der Fuß die Gänge hoch, es ist ein Fest mit der Aprilia 660 Tuono durchzuladen. Mit etwas Feuer gefahren funktioniert der Blipper gangabwärts sogar unter etwas Zug an der Drosselklappe, was mir sehr zu Pass kommt. Es bleibt: Grandioser Quickshifter.

Diese Reifen von Michelin

Bei knapp 4.500 Kilometer kam der neue Michelin Road 6 GT auf die Felgen. Vorn in 120/70 ZR 17, hinten in 180/55 ZR 17. Ja: Seriendimension hinten ist ein 180/60 ZR 17, jedoch ist der 55er-Querschnitt ebenfalls eingetragen, zumindest in den italienischen Papieren. Sehr gut, Aprilia. Der Reifen funktioniert ab dem ersten Meter, selbst bei 0 Grad Celsius. Komfort und Handling passen. Einzig der Serienluftdruck mit 2,5 vorn und 2,9 hinten scheinen für den GT etwas zu hoch zu sein, ich vermisse die letzte Konsequenz in Sachen Komfort, wie ich ihn von der Michelin Road-Familie gewöhnt bin.

Dieses Fahrwerk

Bisher waren die aktuelle Suzuki SV 650 oder Kawas Z 900 für mich Paradebeispiele, wie einfache Federelemente sauber abgestimmt funktionieren können. Meine neue Queen: die Aprilia Tuono 660. Straffe Federn, kräftige Dämpfungen. Zwar nur in Vorspannung und Zugstufe einstellbar, aber im Grunde schon passend ab Werk. Ein bisschen Feingefühl an den Schräubchen und jeder findet seine Einstellung. Selbst wenn das das etwas trampelig ansprechende Federbein nicht kurieren dürfte. Allerdings: Die Tuono ist trotz Mittelklasse und optionaler 35-kW-Version kein Krad für Anfänger, denn sie hat die deutliche Tendenz bei Verzögerung in Schräglage merklich in die Kurve zu kippen. Ideal läuft's, wenn die Kurvengeschwindigkeit und Linie direkt passen.

Dieser Motor

Das mit dem Zug passt ebenfalls zum Motor. In zweifacher Weise. Der 660er muss mit seinen 95 PS gefahren werden wie ein Go-Kart: Immer schön am Gas halten und rollen lassen. Damit lindert man das etwas ruppige Mapping im unteren und mittleren Drehzahlbereich, bei Lastübergängen. Grundsätzlich hat der Motor einen eher drehmomentleeren Keller und kaschiert das mit einer kurzen Übersetzung. Die Mitte ab 5.000 Touren wirkt spritzig und kräftig, ab 7.000/min mit zweiter Luft, ab 9.500 Touren wird der sonst recht laufruhige Twin brummig und etwas rappelig, dreht aber recht munter weiter.

Dieser Verbrauch

Es artet in echte Arbeit und Wahnsinn aus: Diesen Motor auf der Straße auf 5,0 Liter/100 Kilometer zu pushen, verlangt nach stetiger Verachtung des eigenen Lebens. Kurz: es geht nicht. Selbst forsches Landstraßen-Fräsen nagelt den Schnitt um die 4,5 Liter fest. Respekt für das im Grunde recht hohe Drehzahlniveau, das die Tuono für sportlichen Vortrieb braucht.

Diese Bremsen

Doppelscheibe und Vierkolben-Sättel von Brembo mit radialer Pumpe und sauber abgestimmtem ABS: hammerbremse an der Tuono 660. Knackiger Druckpunkt, starke Initialbremsung, hohe Verzögerungskraft. Wie gesagt: Mittelklasse. Stark. Gleiches Ergebnis für die Fußbremse, mit der praxistauglich gearbeitet werden kann und die sogar so etwas wie ein Bremsgefühl vermittelt.

Dieses Cockpit

TFT mit allerlei Funktionen, übersichtliche Anzeige, Fahrmodi, Kurven-ABS, Tempomat, guter Bordcomputer. Leider nicht sehr gut entspiegelt, trotzdem ein großartiges Cockpit für die Mittelklasse. Allerdings darf man das bei über 10.000 Euro Basispreis erwarten. Wenig erwartet und bekommen habe ich persönlich beim Windschutz: Kleine Verkleidung mit kupierter Scheibe treffen auf 1,88 Meter. Flotte Langstrecke zerrt an der Ausdauer und zieht an den Armen, allerdings erst wirklich auffällig deutlich außerhalb legaler Geschwindigkeiten. Im Normbereich taugt der Windschutz besser.

Diese Ergonomie

Kompliment: Mit meiner Größe und Gewicht habe ich einen Schraubstock erwartet. Doch: Das passt. Grenzwertig beim Windschutz zwar, aber der Hintern hat noch einiges an Freiheit auf dem leider schon leicht abgeschrabbelten roten Poster. Viel Platz für einen Hang-Off, Kniewinkel gerade noch ok. Arme und Handgelenke stehen gut. Fußrasten-Position sportlich, aber nicht anstrengend. Für so ein zierliches Krad eine beachtliche Leistung.

Video: Soundcheck: Aprilia Tuono 660

Dieser Sound

Reihen-Twin mit 270 Grad Hubzapfenversatz. Klingt wie ein 90-Grad-V2-Motor. Und genau das kann die Tuono: klingen. Aus den beiden Auslässen seitlich dringt ein kräftiges Timbre, während der Fahrt untermalt von starken Atemzügen aus der Airbox. Legal und sehr auf der Kippe zum Lärm singt die Tuono ihr Lied und macht dem Donner in ihrem Namen viel Ehre. Immerhin: Im Schiebebetrieb ist die Aprilia ruhig und pröttelt nicht mit ärgerlichem Magerknallen in die Ortschaft hinein.

Kilometerstand: 2.799, 9/2021

Der Quickshifter/Blipper quittiert Gangwechselbefehle in der unteren Hälfte des Drehzahlbands und bei Teillast eher mit langen, ruckartigen Zugkraftunterbrechungen. Hier ist man mit Kupplungseinsatz deutlich geschmeidiger unterwegs. Besser wird’s im Wohlfühlbereich des Twins, jenseits der 5.000, besser 7.000 Touren. Italienischer Sportsgeist eben.

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Dafür ist die Gasannahme unabhängig vom gewählten Mapping und der Drehzahl erfreulich sanft und direkt. Besonders gespannt sind wir auf die Langlebigkeit und Alltagsqualitäten der 660er-Aprilia. Denn aller Sportlichkeit zum Trotz: Serienmäßiger Gepäckträger unter dem Soziussitz sowie die lieferbare Komfortsitzbank und Seitentaschen sind positive Überraschungen. Va bene. Dagegen erstaunen eine teilweise rustikale Materialanmutung und Verarbeitungsqualität des schicken, leider nicht besonders günstigen Italo-Bikes. Dauertestbeginn war am 27. September 2021.  © Motorrad-Online

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