Nur zwei der bisherigen M5-Episoden erschienen als Kombi. In Teil sieben kommt nun Power-Touring Numero drei. Wobei das Wort "kommen" die Wucht seines Auftritts maßlos untertreibt.
Es soll ja Menschen geben, die auch eine rein emotionale Entscheidung mit trockenen Vernunftgründen argumentieren müssen. Für sie ist der neue BMW M5 Touring, ein gut gepolstertes Konto vorausgesetzt, genau das richtige Auto: Seine 727 PS Leistung und 1.000 Nm fahren direkt in den Bauch, die 500 bis 1.630 Liter Kombi-Kofferraum und die zwei Tonnen Anhängelast beruhigen den Verstand.
Aus Sicht des Herstellers hingegen erscheint der Hochleistungs-Touring als Risiko. Vom letzten seiner beiden Vorgänger, dem E61 (2005 bis 2010), verkauften die Bayern nur um die 1.000 Stück, etwa fünf Prozent des M5-Volumens. Aber sie versuchen’s jetzt, in der nunmehr siebten Generation G60, trotzdem noch mal. Auch, um dem Audi RS6 Avant und dem Mercedes-AMG E63 T-Modell einen starken Rivalen entgegensetzen zu können.
In der Praxis
Nun, gemessen an der Ernüchterung, die die Kernzahlen des M5 bei seiner Enthüllung auslösten, ist das Erlebnis überragend. Dampf ohne Ende, unerschütterliche Traktion, reichlich Präzision in der direkt angebundenen, danach jedoch etwas ausleiernden Lenkung. Ja sogar den BMW-typischen Tendenzen zum Leistungsübersteuern lässt sich trotz der vielen Masse weiterhin frönen – je nach Antriebsmodus entweder dezent (4WD), deutlich freizügiger in 4WD Sport oder restlos enthemmt in 2WD, wenn sich der gesamte Wahnsinn auf der Hinterachse entlädt.
Inwieweit der M5 die gute Figur aber auch unter Druck, sprich auf der Rennstrecke aufrechtzuerhalten vermag, ist von hier aus noch nicht zu ermessen, da BMW die Testrouten auf die öffentlichen Straßen des Bayrischen Walds legte, wo sich zwar die hervorragende Leistungskonsistenz des Hybridsystems unter Beweis stellt, die Möglichkeiten des M5 aber nicht ausreizen lassen. Das Gewissen, Sie verstehen.
Karosserie
An der Optik soll’s nicht scheitern, sie stellt die Power deutlich genug zur Schau. Wie bei der Limousine prägen große, kantige Lufteinlass-Körper die Front, die Kontur der Niere ist beleuchtet. Zwischen den weit ausgestellten Radhäusern spannen sich trapezförmige Schweller. Am Heck beschattet ein langer Spoiler das Fenster, die Leuchten ziehen sich weit in die Seitenwände. Im martialisch gezeichneten Diffusor-Einsatz dominieren die vier Endrohre der Abgasanlage, die über schaltbare Klappen verfügt. All diese Details fügen sich in die klassische Kombi-Linie von BMW mit aufsteigender Fensterlinie, spannungsvoll gewölbten Flanken, Hofmeister-Knick und einer sich leicht neigenden Dachlinie. Das Dach ist serienmäßig schwarz lackiert.
Antrieb des neuen BMW M5 Touring
Unterm Blechkleid steckt dieselbe Technik wie bei der M5-Limousine. Den Antrieb besorgen ein 4,4 Liter großer V8-Biturbo mit 585 PS (430 kW), den zwei Turbolader beatmen, und eine E-Maschine (145 kW), die in die Achtgang-Steptronic integriert ist. Gemeinsam bringt es diese Kombi auf 727 PS (535 kW) und 1.000 Nm (!) Systemdrehmoment. Die Kräfte und Momente strömen auf den hinterradbetonten Allradantrieb M xDrive. Per Tastendruck kann der Fahrer die Vorderachse abkoppeln, so dass der Power-Touring zum reinen Hecktriebler wird. Ferner lassen sich viele weitere Parameter individuell einstellen, von der Stabilitätskontrolle bis zur Rekuperation. Ein elektronisch geregeltes Sperrdifferenzial komplettiert den Antriebsstrang. Null-Hundert geht in 3,6 Sekunden, im sogenannten M Driver’s Package hebt BMW den Topspeed von 250 auf 305 km/h an.
Der M5 Touring ist als Plug-in-Hybrid konzipiert; sein Akku bietet 18,6 kWh Energiekapazität netto und lässt sich mit maximal 11 kW laden. Gemäß WLTP fährt er rein elektrisch bis zu 67 Kilometer weit.
Fahrwerk
Die ganze Technik drückt schwer aufs Gewicht – der 5,10 Meter lange und 1,97 Meter breite Kombi wiegt 2.475 kg und damit 40 kg mehr als die Limousine, wobei hier auch die zusätzlich versteifte Karosserie mit im Spiel ist. Das breitspurige Fahrwerk mit den adaptiven Dämpfern ist straff abgestimmt, die Hinterräder lenken bei niedrigen Geschwindigkeiten leicht mit. Die Räder haben vorn 20 und hinten 21-Zoll-Format, auf Wunsch montiert BMW dahinter Bremsscheiben aus Carbon und Keramik.
Marktstart, Preis, Ausstattung
Der Marktstart des BMW M5 Touring ist im November, den Basispreis gibt BMW mit 146.000 Euro an. Viel Geld, aber vrgleichsweise schmale 2.000 Euro mehr als für die Limousine. Dafür gibt’s auch ordentlich Ausstattung: Head-up-Display, Leder Merino, eine M-spezifische Innenbeleuchtung und ein Surroundsystem von Bower & Wilkins. Der Schnelllaster aus dem Werk Dingolfing hat noch das Linux-basierte Betriebssystem BMW OS 8.5 an Bord, die Bedienung läuft ausschließlich über Touch und Sprache. © auto motor und sport
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