Tesla-Chef Elon Musk will die Investoren mit einem Robotaxi zurückerobern. Doch weil Tesla einfach Tesla ist, konnte das ursprüngliche Debüt-Datum nicht gehalten werden. Jetzt gibt es einen neuen Termin.

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Lange Zeit ging es für Tesla steil aufwärts. Doch die Hochphase ist selbst beim teils kultisch verehrten E-Auto-Hersteller vorbei. Die Negativschlagzeilen erscheinen in immer kürzeren Zeitabständen. Zwar ging es in Sachen produzierter und ausgelieferter Fahrzeuge nach einem Tief rund um den Jahreswechsel zuletzt wieder etwas aufwärts, doch der E-Auto-Hersteller hinkt bei diesen und weiteren Kennzahlen weiterhin den eigenen Ansprüchen und jenen seiner Investoren hinterher. Zudem sorgte im Frühjahr ein Reuters-Bericht für Wirbel: Journalisten der Nachrichtenagentur wollen erfahren haben, dass das lange angekündigte Einstiegsmodell Model 2 doch nicht kommen soll.

Letzteres dementierte Elon Musk im Anschluss energisch. Der Tesla-Chef sprach gar von einer "Lüge" und diffamierte die Nachrichtenagentur als "sterbend". Und wie es so seine Art ist, ging er direkt im Anschluss in die Offensive – natürlich mit einer Nachricht auf dem zu seinem Firmenimperium gehörenden Kurznachrichtendienst "X". Der knappe Text lautete im Original: "Tesla Robotaxi unveil on 8/8", was ins Deutsche übersetzt bedeutet: Tesla wird am 8. August ein neues Robotaxi vorstellen.

Debüt im Oktober statt August

Obwohl Musk keine Jahreszahl nannte, dürfte der 8. August 2024 gemeint gewesen sein. Doch weil Tesla einfach Tesla ist, war der Termin kurze Zeit nach seiner Bekanntgabe schon wieder hinfällig. Grund für die Verzögerung sollen technische Schwierigkeiten sein, die weitere Verfeinerungen und zusätzliche Testfahrten erforderten. Eine Bestätigung dieser Informationen gibt es von Tesla nicht – auch das ist typisch für das Unternehmen. Im Rahmen der Quartalskonferenz im Juli 2024 nannte Musk den 10. Oktober 2024 als neuen Premierentermin für das Robotaxi.

Weitere Informationen gab und gibt es von Musk seinerzeit nicht – zumindest nicht direkt. Aber Hinweise. In einem weiteren X-Post gratulierte er Teslas KI-Team und behauptete, dass die Autos des US-Herstellers inzwischen mehr als eine Milliarde Meilen (1,6 Milliarden Kilometer) im "Full Self Driving"-Mode, also selbstfahrend, zurückgelegt hätten. Und er verwies auf den vor etwa acht Jahren erschienenen zweiten Teil seines "Masterplans". Darin kündigte er ein "städtisches Verkehrsmittel mit hoher Passagierdichte" an, das sich "in einem frühen Entwicklungsstadium" befinde und "nächstes Jahr zur Enthüllung bereit sein" sollte. Das wäre 2017 gewesen.

"The Boring Company" mit Robotaxi-Studie

Daraus wurde bekanntlich nichts. Einen ersten konkreten Hinweis auf ein Tesla-Robotaxi gab es erst mehrere Jahre später. Als Musk im Frühjahr 2022 die Tesla-Gigafactory in Texas offiziell eröffnete, versprach er ein selbstfahrendes Auto, das ziemlich "futuristisch" aussehen werde. Ungefähr ein Jahr vorher veröffentlichte seine Tunnelbau-Firma "The Boring Company" Entwürfe eines autonomen Vans, der damaligen Plänen zufolge irgendwann in großer Anzahl durch die Boring-Company-Röhren fahren soll. Wobei es zum jetzigen Zeitpunkt höchst fraglich ist, ob Tesla das damalige Konzept tatsächlich weiterentwickelt hat oder am 8. August etwas völlig Neues enthüllt.

Ein weiterer Hinweis spricht für Letzteres. Am 20. Mai 2024 veröffentlichte Tesla auf "X" ein Video, das die bisherigen Errungenschaften des Autoherstellers anpreist und um Investoren wirbt (beziehungsweise die aktuellen Anteilseigner auffordert, in Musks Sinne zu entscheiden). Darin ist für wenige Sekunden ein offenbar aus Sperrholz gefertigtes Autogerippe zu erkennen. Eine Art Sitzkiste mit einem Armaturenbrett, an dem kein Lenkrad zu erkennen ist. Das Design ist allerdings eher coupéartig-elegant statt kastig und praktisch; das Platzangebot wäre für ein als "People Mover" konzipiertes Robotaxi definitiv arg beengt.

Interessante Hinweise im Video

Besonders interessant sind die Hinweise auf der Wand hinter dem Automodell. Hier sieht "NV93 Vehicle Package Side View". Doch was bedeutet das? US-Medien zufolge steht NV93 für "New Vehicle 93", was der Nachfolger des "New Vehicle 91" sei, bei dem es sich wiederum um den eingangs erwähnten Einstiegs-Tesla für 25.000 Dollar handeln soll. Ein weiteres kurzes Bild soll zudem den Innenraum des NV93 zeigen, während eine andere Sekundenbruchteil-Sequenz die Kante des vorderen Stoßfängers mit schwarzem Splitter und einer Aluminiumstruktur zeigen soll. Womit direkt Spekulationen ins Kraut schießen, nach denen das Robotaxi ähnlich expressiv geformt sein soll wie der Cybertruck.

Der Masterplan von 2016 stellt da noch ganz andere Ideen in Aussicht, die Tesla mit seinem Robotaxi verfolgen könnte. Damals hieß es, das Fahrzeug solle kleiner sein als ein herkömmlicher Bus und das Design sei für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder geeignet. Gerufen werde das selbstfahrende Auto per Smartphone-App oder über feste Ruftasten an bestehenden Bushaltestellen. Statt eines Busfahrers gebe es einen "Flotten-Manager", der die Robotaxis aus der Ferne überwache. Musk gab aber damals auch zu bedenken, dass "etwa sechs Milliarden Meilen (knapp zehn Milliarden Kilometer) erforderlich sein werden", bis die weltweite behördliche Genehmigung für echtes autonomes Fahren gewährt werden könnte. Also das Sechsfache jener Marke, die Tesla kürzlich erreichte.

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Musk steht unter Druck

Kurzfristig ging Musks übrigens Plan auf: Nachdem die Tesla-Aktie direkt im Anschluss an die Model-2-Hiobsbotschaft stark nachgegeben hatte, stieg der Kurs infolge der Robotaxi-Ankündigung sofort wieder an. Allerdings steht Tesla nun unter Druck, möglichst bald tatsächlich ein echtes Robotaxi vorstellen zu müssen.  © auto motor und sport

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