KTM-Boss Stefan Pierer räumt die Chefsessel von KTM und der Pierer Mobility: Er wechselt den Posten mit Gottfried Neumeister und ist nur noch Co-CEO. Neben Neumeister mischt offenbar auch der Chef des Auspuffherstellers Remus im Kampf um KTM mit.

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Drei Wochen lang hielt KTM still: Keine Pressemitteilungen zur Insolvenz, keine Interviews, dafür aber die Vorstellung mehrerer Modelle für 2025, von den neuen Supermoto SMC 125 und 390 R über die überarbeitete 790 Duke bis zur 1390 Super Adventure.

Am Abend des 23. Januar 2024 überschlugen sich die Wirtschaftsmeldungen rund um dem Pierer-Konzern.

Kein Wunder, denn am Freitag, 24. Januar, findet in Ried im Innkreis die zweite Gläubigerversammlung der insolventen KTM AG und ihrer Töchter KTM Forschungs-& Entwicklungs-GmbH und KTM Components statt.

Erster Rücktritt Pierers

Der 68-jährige KTM-Boss Pierer stand seit Wochen im Kreuzfeuer der Kritik der rund 5.400 Gläubiger, zu denen Banken und Zulieferer ebenso zählen wie die Mitarbeiter.

Pierers Schritt ins zweite Glied darf daher als Versuch verstanden werden, die Lage vor der Gläubigerversammlung zu beruhigen und sich selbst aus dem Schussfeld zu nehmen. Den neuen Vorstandschef Gottfried Neumeister, 47, hatte Pierer am 1. September 2024 als Co-Vorstand installiert, nachdem sein Finanzvorstand Viktor Sigl hingeworfen hatte.

Die Sanierung seines Konzerns will Pierer nach wie vor "begleiten", wie es in der Mitteilung der KTM-Mutter Pierer Mobility heißt.

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Neue Schreckenszahlen bei KTM

Zudem wurden erste vorläufige Daten zum Geschäftsjahr 2024 veröffentlicht – wie angesichts der Insolvenz nicht anders zu erwarten, eine Schreckensbilanz.

Besonders einschneidend: Mehr als 1.800 Mitarbeiter verloren im Lauf des Jahres ihre Jobs. Erwartet wird bei einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro (2023: 2,7 Milliarden) ein Minus von 300 Millionen Euro, die Nettoverschuldung dürfte weiter steigen.

Weitere Zahlen: Um die Lagerbestände zu verringern, wurde die Produktion auf 230.000 Motorräder heruntergefahren, rund ein Viertel weniger als 2023. Der Absatz an die Händler ging um 21 Prozent zurück, auf rund 292.500 Stück, davon 60.000 über den indischen Partner Bajaj.

Viel Rabatt, viel verkauft, zu wenig verdient

Positiv wertet die Pierer Mobility, dass von den Lagerbeständen – ursprünglich mit rund 135.000 Motorrädern angegeben – inzwischen 40.000 Exemplare abgebaut werden konnten.

Zudem sei die Nachfrage weiter stark: 268.000 Motorräder seien 2024 von den Händlern an die Endkunden verkauft worden, annnähernd genauso viele wie 2023.

Was die Mitteilung nicht erwähnt: Bereits seit Sommer 2024 gewährten die Händler auf die Marken KTM, Husqvarna, GasGas und MV Agusta massive Rabatte, was die Verkäufe stark ankurbelte.

Zweiter Rücktritt Pierers in Sicht?

Welche Investoren bei KTM einsteigen, dazu dürfte es bei der außerordentlichen Hauptversammlung der Pierer Mobility am 27. Januar weitere Informationen geben.

Neben dem indischen Auto- und Motorradhersteller Bajaj und der chinesischen Motorradmarke CFMoto gehört offenbar ein Finanzfonds aus Hongkong zu den Interessenten. Mit im Spiel scheint neuerdings Stephan Zöchling zu sein, Chef des Auspuffherstellers Remus. Er soll bei der Versammlung am 27. Januar in den Aufsichtsrat der Pierer Mobility gewählt werden.

In die Firma investiert hat er offenbar bereits: In einem Schreiben, das dem österreichischen Newsportal "oe24" nach eigenen Angaben vorliegt, behauptet Zöchling, dass an Silvester "nur durch seine 65 Millionen-Euro-Spritze an die Pierer-Gruppe der Konkurs und damit die sofortige Schließung von KTM abgewendet werden konnte."

Zusammen mit dem Hersteller Bajaj sei er bereit, so zitiert ihn "oe24", "langfristig 600 Millionen Euro in die Sanierung von KTM zu stecken." Insider gingen davon aus, schreibt "oe24", dass Zöchling langfristig die Anteile von KTM-Eigner Stefan Pierer übernehmen wolle.

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Fazit

Es war abzusehen, doch der Paukenschlag hallt trotzdem: Nach gut 3 Wochen Funkstille gab die Pierer Mobility am Abend des 23. Januar 2024 bekannt, dass CEO Stefan Pierer seine Posten bei KTM und der Pierer Mobility räumt und in die zweiten Reihen zurücktritt. Gleichzeitig lagen die vorläufigen Geschäftszahlen 2024 vor, die wie erwartet schlecht sind. Neuer KTM-Boss ist der bisherige Vize-CEO Gottfried Neumeister.

Die Zukunft für KTM ist damit keineswegs gesichert. Weiterhin fehlen rund 600 Millionen Euro für Verbindlichkeiten. Neuer Kopf in Mattighofen könnte Stephan Zöchling werden, Chef von Auspuffhersteller Remus. Er schoss wohl bereits Ende 2024 angeblich 65 Millionen Euro ein, und er wird zitiert, zusammen mit Bajaj den Rest stemmen zu wollen. Insidern zufolge ist Zöchlings Ziel, die Anteile von Stefan Pierer komplett zu übernehmen. Es bleibt leider spannend.   © Motorrad-Online

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