Berlin - Die Zahl der Führerscheinprüfungen hat wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht - allerdings steigt tendenziell die Durchfallquote. "Der Trend der Vor-Corona-Jahre zu immer mehr Fahrprüfungen setzt sich fort", sagte Joachim Bühler, Geschäftsführer des Tüv-Verbands, am Mittwoch. Nach Erhebungen des Verbands gab es in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres wieder so viele Prüfungen wie in den ersten drei Quartalen 2019. In den vergangenen beiden Jahren waren die Zahlen pandemiebedingt gesunken.
Nach Angaben des Tüv-Verbands wurden im vergangenen Jahr 43 Prozent der praktischen Prüfungen für den normalen Autoführerschein nicht bestanden. Das sind 7 Prozentpunkte mehr als noch 2014. Bei den Theorieprüfungen ging es im selben Zeitraum um 5 Prozentpunkte nach oben - von 32 auf 37 Prozent. Der Tüv-Verband bezieht sich dabei auf Erhebungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA).
Der Geschäftsführer des Tüv-Verbands, Joachim Bühler, sieht in dem Trend eine gesellschaftliche Entwicklung, bei der die Verkehrserziehung in den Hintergrund rückt. Es sei wichtig, auch in Schulen und mit Kampagnen mehr über Verkehrssicherheit aufzuklären. "Dabei geht es auch um gesellschaftliche Teilhabe", sagte er.
Mehr Prüfungen durch Durchfaller
Auch die Durchfaller sorgen mit ihren nächsten Versuchen dafür, dass die Zahl der Prüfungen insgesamt steigt. 2014 wurden nach Zahlen des Bundesamts etwa 1,5 Millionen Fahrprüfungen abgenommen, 2019 waren es 1,74 Millionen. In den Corona-Jahren 2020 und 2021 sank die Zahl der Prüfungen pandemiebedingt. 2020 gab es 200.000 Prüfungen weniger, 2021 waren es 100.000 weniger.
Bühler sieht bei der Entscheidung für einen Führerschein einen klaren Unterschied zwischen Stadt und Land. "Je ländlicher die Region, desto stärker ist man auf den Führerschein angewiesen", sagte er. In einer Befragung des Tüv gaben drei Viertel der Menschen in Orten mit weniger als 5000 Einwohnern an, dass sie den Führerschein aus Mangel an Alternativen bräuchten. Bühler sieht darin ein Signal an die Politik für einen Ausbau des ÖPNV auf dem Land.
Der Berliner Senat hatte zuletzt in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP von einem rückläufigen Interesse an Führerscheinen in der Hauptstadt berichtet. 2017 wurden demnach rund 46.000 Führerscheine ausgestellt, 2019 waren es 48.300. Im vergangenen Jahr wurden rund 41.600 Führerscheine für Autos, Motorräder, Lastwagen und Busse erteilt.
Warten auf den Prüfungstermin
In Ballungsgebieten wie Berlin, NRW und Frankfurt am Main gibt es laut Bühler vermehrt das Problem, dass Menschen mehrere Monate auf einen Prüfungstermin warten müssten. Die Gründe dafür seien zahlreich: Die Isolationspflicht für Corona-Infizierte sorge beispielsweise dafür, dass kurzfristig Termine ausfielen und nachgeholt werden müssten. Auch gebe es zu wenig ausgebildete Fahrprüfer. Fahrschulen reagierten häufig, indem sie Termine bei den Ämtern hamsterten, was die Situation weiter verschärfe.
Der Tüv-Verband habe darauf bereits mit mehr Personal und Prüfungsterminen an Samstagen reagiert, außerdem sollten Prozesse wie die Terminvergabe besser strukturiert und digitalisiert werden. Bühler betonte, dass es sich dabei nur um ein lokales Problem handle und die durchschnittliche Wartezeit in Deutschland bei zwei bis drei Wochen liege. © dpa
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