In den 1970er Jahren lieferte GMC ein Wohnmobil mit ganz besonderem Klo aus. Damit sollte das unwürdige Entleeren per Hand ein Ende haben. Die Geschichte geriet in Vergessenheit – aus Gründen.

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Das GMC Motorhome, 1972 von General Motors erstmals präsentiert, war mit seinen drei Achsen, Frontantrieb-V8 und den fast acht Meter Länge nicht nur ziemlich imposant. Man konnte auch ab Werk ein sehr extravagantes Extra bestellen. Schon damals hassten Wohnmobilisten im Campingleben nichts mehr als das unappetitliche Entleeren der Bord-Toilette. Mit dem "Thermasan"-System, damals unter Regie des bis heute tätigen Campingzubehör-Riesen Thetford vertrieben, sollte das ein Ende haben.

Der Poop-Shooter

Die kuriose Idee in Kurzform: Statt die stinkende Suppe vorsichtig in eine Entsorgungsstation zu kippen, sollten die Hinterlassenschaften während der Fahrt per Knopfdruck vaporisiert werden. Das klingt so bizarr, wie es tatsächlich ist und brachte dem Thermasan-System in den USA schnell die geflügelte Bezeichnung "poop shooter" ein, umgangssprachlich übersetzt die "Kot-Kanone".

Allerdings wurden, dafür darf man dankbar sein, Umwelt und hinterherfahrende Autos nicht auf direktem Wege mit der Brühe aus dem Bordklo beworfen. Stattdessen hatte Thermasan ein System entwickelt, mit dem die Melange aus Wasser, Exkrementen und Klopapier im Auspuff des Autos verbrannt wurde. So abgefahren das klingt, scheint es dennoch gut funktioniert zu haben, wie sich bei der Recherche zu diesem Beitrag herausstellte. Es finden sich im weiten Web glaubhafte Berichte von begeisterten Nutzern.

Sogar das 14 Jahre alte Statement eines der damaligen Entwickler kam bei meinen Grabungsarbeiten ans Tageslicht, der zwei Hauptgründe dafür ausmachte, warum der "poop shooter" bereits wenige Jahre nach Einführung wieder in Vergessenheit geriet. Einmal ging es dabei, das liegt auf der Hand, um die Abgaswerte. Zeitgleich mit der Kot-Kanone begann in den USA die Einführung von Katalysatoren, diese Technik ist eher ungeeignet für eine Abwasser-Einspritzanlage.

Geruch nach heißer Windel

Andererseits, so der Entwickler Matt Colie in einem Posting aus dem August 2010, war das Thema Geruch dann doch, leider leider, ein bisschen problematisch. Zellulose aus dem Klopapier, Wasser und die Darm-Hinterlassenschaften seien beim Thermasan-System vorbildlich verdampft und verbrannt worden. Zurück blieb jedoch Ammoniak, was die Wohnmobil-Abgase nach, so Colie wörtlich, "heißer Windel" riechen ließen. Wenn man kurz darüber nachdenkt, wie gerne man an einer gut gefüllten Windel schnuppern möchte, gehört der Gedanke an den Geruch einer heißen Windel nicht zu den bevorzugten Erlebnissen.

Das Thermasan-System wurde über eine eigene Schaltkonsole im Cockpit bedient. Bei Aktivierung wurde zunächst gemessen, ob die Abgastemperatur hoch genug war. Ein weiterer Sensor checkte das Tempo (mindestens 30 mph, rund 50 km/h), damit niemand versehentlich einen Supermarkt-Parkplatz in Heiße-Windel-Duft hüllte. Erst dann wurde mittels Pumpe der Inhalt des Abwassertanks langsam, aber stetig in den Abgasstrom eingesprüht.

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Heute gibt es Verbrenner-Klos

Die Exkrement-Einspritzung von Thermasan wurde damals neben den GMC Motorhomes auch in anderen US-Luxus-Mobilen eingebaut, geriet aber bald wieder in Vergessenheit. Mittlerweile muss man seine Mitmenschen nicht mehr per Wohnmobil-Auspuff an seiner Verdauung teilhaben lassen, wer seine Hinterlassenschaften partout verfeuern möchte, findet heute Verbrennungstoiletten für den Camper, die mit bis zu 600 Grad die Ausscheidungen in Asche verwandeln.  © auto motor und sport

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