E5-Benzin ist in Deutschland extrem beliebt, doch Tankstellen-Verbände wirken auf ein Auslaufen der Benzin-Sorte hin. Wir erklären die Hintergründe.

Mehr zum Thema Mobilität

In einigen europäischen Ländern wie Österreich, Tschechien oder in skandinavischen Ländern ist E5 von den Tankstellen ganz oder teilweise verschwunden. In Deutschland erfreut sich das Superbenzin indes großer Beliebtheit. Hierzulande ist E5 als "Schutzsorte" gesetzlich vorgeschrieben. So heißt es in der 10. Verordnung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§3, Absatz 2): "Wer Ottokraftstoffe nach […] der Qualität "Super" mit mehr als 5 Volumenprozent Ethanol anbietet, ist verpflichtet, an derselben Abgabestelle auch Ottokraftstoffe […] der Qualität "Super" mit […] einem maximalen Ethanolgehalt von 5 Volumenprozent anzubieten."

"Mittelfristig brauchen wir nur zwei Benzinsorten"

Diese Schutzformel wollen mittelständische Tankstellen-Verbände flexibler gestalten. Sie fordern, dass sich Betriebe für eine der beiden Benzin-Sorten entscheiden dürfen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. So gibt es nur begrenzte Zapfsäulen-Plätze und unter anderem mit der Einführung des HVO100-Diesels seit Ende Mai 2024 kamen weitere Sorten dazu. "Mittelfristig brauchen wir nur zwei Benzinsorten und nicht drei. In unseren Nachbarländern ist das längst der Fall", sagt Duraid El Obeid, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands freier Tankstellen (bft) und Geschäftsführer des BMV Mineralöl Handel in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa. Der Verband vertritt mittelständische Unternehmen mit zusammen 2.800 Tankstellen und spricht sich für eine Übergangsfrist aus. "Ich könnte mir vorstellen, dass der Verkauf von Superbenzin E5 zum Jahresende 2025 eingestellt wird".

Der Branchenverband Uniti, der circa 6.000 mittelständische Tankstellen vereint, fordert eine Reform des o.g. Gesetzes. "Dass das federführende Bundesministerium für Umwelt- und Naturschutz bislang nicht auf die entsprechenden Wünsche der Kraftstoffbranche eingegangen ist, halten wir für ärgerlich und unverständlich", zitiert die Welt den Uniti-Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn. Als weiteres Argument für ein E5-Aus stehen die hohen Ansprüche, die CO₂-Emissionen zu reduzieren, man käme, "um ein Ende von Superbenzin E5 nicht umhin", so El Obeid.

Bundesrats-Initiative für mehr E5/E10-Flexibilität

Auch die Politik signalisiert Zustimmung, das Gesetz ändern zu lassen. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat zusammen mit Baden-Württemberg eine Bundesrats-Initiative gestartet. Ziel ist es, den Tankstellen die Angebotsflexibilität zu gewähren.

Die großen Tankstellenketten warten indes ab. "Wir planen aktuell keine Benzinsorte aus dem Angebot zu nehmen, das betrifft Superbenzin E5 wie auch Superbenzin E10", sagte BP-Europachef Patrick Wendeler gegenüber der Welt.

Laut Wissenschaftlern des Instituts Automotive Powertrain benötigen nur wenige Fahrzeuge Superbenzin E5. Nach ihren Erkenntnissen betrifft überwiegend ältere Fahrzeuge aus den 1990er-Jahren. Angesichts der wenigen betroffenen Fahrzeuge und der signifikanten CO₂-Einsparung wäre es den Haltern dieser Fahrzeuge zumutbar, Super Plus zu tanken, erklärt Thomas Heinze, Leiter des Instituts an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, gegenüber der Welt.

E10-Verträglichkeit bei Motorrädern

Geschätzt vertragen rund eine Million Motorräder in Deutschland kein E10. Doch für die Mehrzahl der Modelle erteilen die Hersteller eine unverbindliche Freigabe. Versehentlich beim Tanken verschüttet, schädigt E10 Lackoberflächen nicht mehr als E5. Egal, welcher Sprit: Spritzer soll man sofort mit einem weichen Tuch abwischen. E10 kann nicht dafür freigegebene Maschinen bereits durch eine Tankfüllung dauerhaft und unumkehrbar schädigen.

Und wenn man das Motorrad doch mal falsch betankt hat?

Motor nicht starten, Tankinhalt in ein geeignetes Gefäß ablassen und möglichst mit Super Plus wieder auffüllen. Als ethanolgefährdet gilt bei Metallen Aluminium, doch nur bei hohen Drücken und Temperaturen. Und wenn es "unpassiviert", ist: Bei Kontakt mit der Luft überzieht sich Aluminium mit einer sehr dünnen, aber extrem stabilen und schützenden Oxidschicht.

Gefährdet E10 Benzinleitungen und Dichtungen?

Nur Gummischläuche, die nicht die aktuellen Normen DIN 73378 und 73379-1 erfüllen. Bei älteren Leitungen könnte im Extremfall durch Rissbildung und Versprödung Benzin auf heiße Stellen des Motorrads gelangen. Für Dichtungen sei E10 nicht kritischer als E5, sagt die Firma Wagner. Im Gegenteil: "Benzin-Alkohol-Mischungen verhalten sich umso weniger aggressiv gegenüber Dichtungen, je höher der Anteil des Alkohols in der Mischung ist."

Unterschied zwischen E5 und E10

Der wesentliche Unterschied zwischen E5 und E10 ist der Ethanolanteil im Kraftstoff. E10 enthält bis zu zehn Prozent Ethanol und mindestens 90 Prozent Benzin aus fossilen Quellen, während Super E5 bis zu fünf Prozent Ethanol und mindestens 95 Prozent Benzin aus Erdöl enthält.

Was ist E20?

In Mannheim gibt es die erste Tankstelle, die Super-E20 anbietet. Dem Kraftstoff ist 20 Prozent Bioethanol beigemischt, er wird zunächst nur im Rahmen einer geschlossenen Flottenversuchsreihe getestet.

MOTORRAD online werbefrei lesen
Lesen Sie alle Inhalte auf motorradonline.de werbefrei und ohne Werbetracking

Fazit

Die Zukunft von E5 steht in Deutschland auf dem Spiel, da Tankstellenverbände auf ein mögliches Auslaufen dieser Benzinsorte drängen, während es in anderen europäischen Ländern bereits verschwunden ist. Mittelständische Tankstellenverbände fordern Flexibilität in Bezug auf die Angebotspalette und schlagen vor, dass Tankstellenbetreiber zwischen E5 und E10 wählen können. Politische Unterstützung für eine Gesetzesänderung kommt von Bayern und Baden-Württemberg, die eine Bundesratsinitiative gestartet haben. Währenddessen halten große Tankstellenketten vorerst an beiden Benzinsorten fest, und Experten argumentieren weiterhin über die Vor- und Nachteile von E10 im Vergleich zu E5.  © Motorrad-Online

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.