Singer Vehicle Design, DP Motorsport, Lightspeed (siehe Video) und und und: Die Schar an Firmen, die Restomod- oder Backdate-Umbauten auf Porsche-911-Basis umsetzen, wächst stetig und lässt sich selbst bei intensiver Suche nur unvollständig darstellen. Zu diesem illustren Kreis gehört seit 2016 auch Theon Design. Jedes Auto, das die Werkshallen in Deddington, gelegen in der Grafschaft Oxfordshire, verlässt, ist eine reine Auftragsarbeit, bei der Technik und Optik höchst individuell in intensiver Abstimmung mit der Kundschaft erarbeitet werden.
Video: So fährt der Restmod 911 von Lightspeed
Als Basis dient, wie so oft bei derartigen Elfer-Projekten, ein Modell der Generation 964. Dieses wird im ersten Schritt komplett restauriert, wobei jeder für einen Theon-Umbau auserkorene Porsche einen Striptease hinlegen muss, bis er mit blankem Chassis dasteht. Um kleinste Fertigungs-Toleranzen zu garantieren, scannt die Truppe um Firmenchef Adam Hawley jedes Einzelteil in 3D. Und designt seinen Produkten ein Karosserie-Kleid, das sich als Mischung der Elfer-Generationen präsentiert: Beim HK002, dem dritten Theon-Erzeugnis, trifft beispielsweise die lange Fronthaube des Ur-Elfers auf die breiten Kotflügel späterer Generationen.
Stahl- oder Carbon-Karosserie
Theon Design hätte die Außenhaut komplett aus Carbon fertigen können (wie beim ITA001 für einen italienischen Kunden), belässt es beim HK002 jedoch bei Stahl. Aus dem edlen Leichtbau-Werkstoff bestehen hier lediglich die Stoßfänger, der Tank und der ausfahrbare Heckspoiler. Dennoch ist der Backdate-Elfer mit einem Leergewicht von 1.248 Kilogramm recht leicht geraten, wobei der ITA001 mit 1.152 Kilogramm noch etwas weniger wiegt. Die Retro-Außenspiegel aus gefrästem Aluminium zeigen sich von der 2018er-Konzeptstudie Porsche 991 Speedster inspiriert und lassen sich elektrisch verstellen.
Neuerdings bietet Theon Design seinen Backdate-Elfer auch mit Targa-Karosserie an, wie der pastellblaue GBR003 (siehe Fotoshow oben) eindrucksvoll demonstriert. Im für das Vereinigte Königreich vorgesehene, also rechtsgelenkte Modell installieren die Briten zwei maßgeschneiderte Carbon-Wannen auf dem Carrera-2-Chassisboden. Das optimiert die Verwindungssteifigkeit, ohne gleichzeitig das nun 1.228 Kilogramm betragende Leergewicht allzu sehr in die Höhe zu treiben. Seine Carbon-Karosserie kombiniert Theon hier mit aus Stahl gefertigten Türen. Das Targadach fertigt Theon neu aus dem Werkstoff Mohair, bei dem die Haare der Angoraziege verwendet werden. Es lässt sich falten und in einer passenden Tasche im Gepäckabteil verstauen.
Mehrere Hubraumvarianten
Mehrere Wahlmöglichkeiten lässt Theon Design auch bei den Motoren. Luftgekühlte Sechszylinder-Boxer mit 3,6 bis 4,0 Liter Hubraum sowie mit oder ohne Aufladung sind zu haben. Beim Triebwerk für den HK002 hat sich der in Hongkong (daher die Modellbezeichnung) ansässige Kunde für die goldene Mitte entschieden. Der 3,8-Liter-Saugmotor leistet 376 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 407 Newtonmetern. Selbstverständlich zeigt sich der Boxer mit neuen Drosselklappen, Laufbuchsen und Kolben von Mahle, Pleueln aus dem Hause Carrillo, bearbeiteten Zylinderköpfen sowie anderen Nockenwellen rundum optimiert.
Über die Saugmotor-Spezifikation mit vier Litern Hubraum verfügen der Theon ITA001 und der GBR003. Ihre Sechszylinder-Boxer leisten 406 PS und liefern ein maximales Drehmoment von 434 Newtonmetern. Als Besonderheit weisen sie eine elektronisch gesteuerte "Drive-by-Wire"-Drosselklappe auf, die das Ansprechverhalten optimieren soll. Der Porsche 993 RS spendiert nicht nur das manuelle Sechsgang-Getriebe, sondern auch die Bremsanlage und das Sperrdifferenzial. Der Klappenauspuff mit vier Endrohren verfügt auf der gesamten Länge über eine Keramikbeschichtung.
Auch mit Kompressor erhältlich
Obendrein befindet sich ein per Kompressor aufgeladener Sechszylinder im Theon-Angebot. Als Basis dient der luftgekühlte 3,6-Liter-Boxer. Statt eines Turboladers wird hier ein Rotrex-Zentrifugal-Kompressor – quasi ein mechanisch per Riemen angetriebener Turbolader – angeflanscht. Theon will so das Turboloch ausmerzen und den Boxer wie einen noch hubraumstärkeren Sauger agieren lassen. Der Lader fügt sich nahtlos in die Motorperipherie ein und dockt an bereits vorhandenen Schraubpunkten an. Auch an der bestehenden Motorhaube sind keine Änderungen erforderlich. Als Ersatz für einen leistungsfördernden Ladeluftkühler verbaut Theon eine Wasser-Methanol-Einspritzung. Die senkt die Temperatur und erhöht die Oktan-Zahl des Seriensprits von 98 auf 110. Und schon gibt es mehr Power. Unter dem Strich verspricht Theon für den Kompressor-Sechszylinder 456 PS und ein maximales Drehmoment von 500 Newtonmetern.
Zurück zu den Sauger-Versionen. Die Kraftübertragung auf die Hinterräder besorgt hier ein manuelles, aus dem Porsche 993 entliehenes G50-Sechsgang-Getriebe. Das Fahrwerk der Variante 3 stammt vom Spezialisten KW. Eine Hightech-Alternative präsentieren der ITA001 und der GBR003: Ihr aktives und elektronisch gesteuertes Dämpfungssystem erlaubt fünf unterschiedliche Abstimmungen. Den Kabelbaum, die Klimaanlage und die Servolenkung hat Theon Design hier wie dort nicht nur gegen modernere Pendants getauscht, sondern teils auch neu angeordnet. Unter anderem wegen solcher Detailarbeit gelingt es den Briten nach eigener Aussage, das Gewichtsverhältnis zwischen Vorder- und Hinterachse bei 50:50 (48:52 beim Targa) anzusiedeln.
Individuell eingerichtete Innenräume
Die Innenräume ihrer Theon-Porsche haben sich die Eigentümer komplett nach eigenen Vorstellungen einrichten lassen. Beim HK002 trifft hier Grün auf Gelb, der GBR003 kombiniert schwarzes Leder mit klassischem Pepita-Look. Die Sportsitze liefert Recaro zu, das Lenkrad stammt von Nardi. Bei den vorrangig verwendeten Materialien handelt es sich um Carbon und Leder, wobei die Sitzmittelbahnen beim HK002 aus einem Ledergewebe namens Spinneybeck bestehen. Dieselben Materialien aus dem Interieur finden sich im Kofferraum wieder: Carbon an den Seiten, Spinneybeck-Gewebe an der Domstrebe aus dem Porsche 964 RS und Leder rund um den Carbon-Tank.
Die Optik des Interieurs wirkt in allen Darreichungsformen des Theon-Porsche naturbelassen, weist aber jeweils einige Überraschungen auf. Das aus Pioneer- und Focal-Komponenten bestehende Soundsystem ist ebenso versteckt untergebracht wie das Display, welches das Bild der Rückfahrkamera zeigt. Dieses klappt erst heraus, sobald der Rückwärtsgang eingelegt wird. Hinter dem Armaturenbrett befindet sich eine kabellose Ladestation für ein Smartphone, über die auch die nötige Konnektivität hergestellt wird. Klar, dass hinter den Oldschool-Klimareglern ebenfalls moderne Technik arbeitet.
Mindestens 390.000 Pfund
Theon Design benötigt etwa 18 Monate, um ein Backdate-Exemplar fertigzustellen. Allerdings ist der aktuelle Trend massiv steigender Autopreise ebenso bei diesem Kleinserien-Hersteller zu beobachten: Lag der Mindestpreis für einen Elfer aus dem Hause Theon 2021 noch bei mindestens 300.000 Pfund (aktuell umgerechnet knapp 351.000 Euro), verlangen die Briten inzwischen Preise ab 390.000 Pfund (fast 456.000 Euro). Der Targa kostet gar mindestens 415.000 Pfund (485.000 Euro). © auto motor und sport
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