Mähen, Schleppen, Bürsten – der Alltag eines Unimog ist vielfältig und kraftaufwändig. Dabei pochte seit Jahrzehnten stets ein Dieselherz unter der sympathischen Arbeiterhülle. Doch das muss in ferner Zukunft durch eine klimafreundlichere Variante ersetzt werden. Mittlerweile arbeiten viele große Nutzfahrzeughersteller wie Daimler Trucks an Alternativen. Stark im Fokus: Wasserstoff.

Mehr zum Thema Mobilität

Einen ersten Unimog-Prototyp (Geräteträger U430) mit Wasserstoff-Antrieb hat Daimler jetzt im Einsatz. Das in vier 700-bar-Hochdrucktanks mitgeführte Gas wird allerdings nicht via Brennstoffzelle in Strom verwandelt, sondern in einem neu entwickelten Hubkolbenmotor verbrannt. Auch wenn Mercedes hier noch keine genauen Angaben macht, dürfte es sich bei dem Motor um einen umgerüsteten Sechszylinder-Diesel handeln. Und der soll mit Wasserstoff nicht nur sauberer, sondern auch leiser laufen.

Umgerüsteter Dieselmotor

Infrage kommt eigentlich nur der sogenannte OM 936 mit 7,7 Litern Hubraum, der im herkömmlichen Unimog zwischen 200 kW/272 PS und 260 kW/354 PS leistet. Als Wasserstoff-Verbrenner kommt das umgerüstete Aggregat immerhin auf 290 PS und bringt es auf ein beeindruckendes Drehmoment von 1.000 Newtonmeter. Damit genug Kraftstoff für eine Arbeitsschicht bleibt, trägt der Unimog 14 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff mit sich huckepack.

Die vier Tankflaschen hinter der Fahrerkabine sind zu zwei Doppeltanks zusammengefasst, die mit jeweils einem Tanksteuergerät unabhängig voneinander betrieben werden. In einer nächsten Entwicklungsstufe soll das Volumen erhöht werden, um einen ganzen Arbeitstag abdecken zu können. Nach dem ersten erfolgreichen Praxiseinsatz bleibt dem Entwicklungsteam eine restliche Projektlaufzeit von sechs Monaten, um weitere Anpassungen und Verbesserungen vorzunehmen. Dann läuft die Förderung aus.

Projekt "WaVe" wird gefördert

Die Entwicklung des Versuchsfahrzeugs mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor findet nämlich im Rahmen des öffentlich geförderten Projekts "WaVe" statt. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Vorhaben wird von 18 Partnern aus Industrie und Wissenschaft gemeinschaftlich umgesetzt und begann im Juli 2021. Ziel des WaVe-Projekts ist es, zu prüfen, inwiefern der konventionelle Dieselmotor bei multifunktionalen Nutzfahrzeugen durch einen wasserstoffbetriebenen Verbrennungsmotor ersetzt werden kann.

Dennoch hält Dr. Günter Pitz, Leiter der Powertrain-Entwicklung bei Mercedes-Benz Special Trucks, eine Weiterführung des Projekts für sinnvoll: "Das Antriebskonzept der Wasserstoffverbrennung kann als Blaupause für leistungsintensive Anwendungen im Sonderfahrzeugbereich dienen. Auf Baustellen, im kommunalen oder im landwirtschaftlichen Bereich könnte damit sehr schadstoffarm gefahren und gearbeitet werden. Um bei solchen Fahrzeugen die Serienreife zu erreichen, braucht es auch weiterhin finanzielle Planbarkeit durch gezielte Förderung."

Warum Wasserstoff?

Schließlich kommen batterieelektrische Antriebe bei so manch schwerem Nutzfahrzeug, das im Dauereinsatz schuften muss, nicht infrage. Wasserstoff bietet dagegen den Vorteil, dass er schnell betankt werden kann und eine hohe Energiedichte besitzt. Er wird in einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt oder in einem Verbrennungsmotor verbrannt.

Brennstoffzellen mit Elektroantrieb würden zwar effizienter als ein Verbrenner arbeiten, sie sind allerdings nicht so leistungsstark und reagieren anfälliger auf Staub, Erschütterungen und Verunreinigungen im Wasserstoff selbst. Verbrenner dagegen sind robuster als Brennstoffzellen, einfacher zu konstruieren und können zum großen Teil bewährte Komponenten verwenden. Bei der Wasserstoffverbrennung im Motorraum entsteht Wasser, das als heißer Wasserdampf den Auspuff verlässt.

Zwischen Bayreuth und Bamberg im Einsatz

Der Unimog U430 ist ein Versuchsfahrzeug, mit dem erforscht wird, unter welchen Bedingungen die Wasserstoffverbrennung als sinnvolle Ergänzung zu batterieelektrischen und brennstoffzellenbasierten Antrieben umsetzbar ist. Auf einem stillgelegten Autobahnabschnitt zwischen Bayreuth und Bamberg erheben die Ingenieure nun beim Mähen des Grünstreifens, bei Beschleunigungsfahrten und beim Tanken an einer öffentlichen Zapfsäule Messdaten, die für die weitere Fahrzeugentwicklung genutzt werden.

Video: ams erklärt EP57 - Wasserstoff für den Dieselmotor? So geht es!

Viele Vorteile mit ams+
Erhalten Sie werbereduzierten Zugang zu allen Inhalten von auto-motor-und-sport.de inkl. der digitalen Zeitschrift als E-Paper. Monatlich kündbar.

Mitarbeiter der Autobahn GmbH begleiten die Tests. Die praktische Erprobung bei niedrigen Temperaturen und abwechslungsreicher Topografie ist laut Daimler ein wichtiger Schritt im laufenden Entwicklungsprojekt. Ob es in Zukunft noch mehr Universal-Motorgeräte mit Wasserstoffantrieb geben wird, bleibt abzuwarten.  © auto motor und sport

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.