Schon zweimal durften wir an dieser Stelle über die neuesten Cabrio-Unikate von Rolls-Royce berichten. Nach dem flammroten La Rose Noire und dem violetten Amethyst, präsentieren die Briten jetzt den dritten von vier Droptails mit dem Namen Arcadia. Der trägt nicht nur einen mythischen Namen, sondern auch unglaubliche Details, die in der Automobilwelt wohl einzigartig sind.
Video: Im Video Rolls Royce Arcadia Droptail
Wie in der Coachbuild-Abteilung der englischen Nobelmarke üblich, wird weder über die Kunden, noch über Geld gesprochen. Immerhin gibt Rolls-Royce einige Details über den Auftraggeber bekannt. Der Arcadia Droptail wurde von einer Person bestellt, die eine ausgeprägte Affinität zu Architektur und Design besitzt. Dessen sogenannte persönliche Luxuscodes würden sich durch Reinheit und subtile Zurückhaltung auszeichnen. Das mit der Zurückhaltung lassen wir mal unkommentiert.
Arkadien aus griechischer Mythologie
Offenbar hat der zahlungskräftige Kunde auch einen Hang zur Geschichte, denn der Name Arcadia geht auf das mythische Reich Arkadien zurück. In der antiken griechischen Mythologie wird ein Land beschrieben, das für seine außergewöhnliche natürliche Schönheit und perfekte Harmonie bekannt ist. Es wird als "Himmel auf Erden" dargestellt.
Wie der Zufluchtsort in dieser Geschichte, stellte sich laut Rolls-Royce der Kunde seinen Arcadia Droptail als einen ruhigen Raum vor, der sich durch "Reduktion, materielle Tiefe und Haptik auszeichnet und als Zufluchtsort vor der Komplexität seines Geschäftslebens" dienen soll. Als Inspirationsquelle dienten den Coachbuildern die tropischen Himmelsgärten in Singapur, Indonesien und Vietnam sowie die britische "biomimetische" Architektur.
Nicht nur ein einfaches Weiß
Für den dritten von vier Droptail-Modellen sollte ein zeitloses Weiß gefunden werden, das auf den ersten Blick wie eine einfache Volltonfarbe aussieht. Bei bestimmten Lichtstimmungen sollen allerdings Aluminium- und Glaspartikel im Lack zum Vorschein kommen und einen sprudelnden, dreidimensionalen Schimmer erzeugen.
Im Gegensatz zu den anderen drei Droptails, sind die untereren Kohlefaser-Abschnitte des Arcadia in Bespoke-Silberfarbe lackiert. Das Fahrzeug wird dadurch optisch angehoben. Die äußere Kühlergrilleinfassung, die "geknickten" Flügelteile und die 22-Zoll-Leichtmetallfelgen wurden als Kontrast dazu vollständig hochglanzpoliert.
Einzigartiges Furnier bis in kleinste Winkel
Bei der Entwicklung des Interieurs stand das Thema Holz im Mittelpunkt. Textur, Maserung und Farbe sollten dabei den kompletten "Reichtum des Materials" konzentrieren. Der Kunde solle viele Beispiele seiner Vorlieben und Inspirationen aus den Bereichen Architektur, Wohnhäuser und Oldtimer mit den Designern und Materialspezialisten von Rolls-Royce Coachbuild als Orientierungshilfe geteilt haben. Am Ende wurde "Santos Straight Grain" ausgewählt. Santos Straight Grain hat eine der feinsten Maserungen aller Holzarten. Allerdings ist es extrem schwierig zu verarbeiten.
Trotz der Herausforderungen dieses empfindlichen Materials wird es überall am Droptail verwendet – einschließlich des aerodynamisch funktionellen hinteren Deckbereichs. Hier wurde die Maserung des offenporigen Furniers in einem exakten 55°-Winkel verlegt. Um eine perfekte Komposition über komplexe Geometrie zu erreichen, verwendeten die Rolls-Royce-Kunsthandwerker insgesamt 233 Holzteile, wobei allein 76 Teile auf dem hinteren Deck angebracht wurden. Zum Schutz wurde ein maßgeschneiderter Lack entwickelt, der über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs nur einmal aufgetragen werden muss. Insgesamt erforderten die Holzstücke und die Schutzbeschichtung mehr als 8.000 Stunden Entwicklungszeit.
Maßgeschneiderte Präzisionsuhr
Einen ähnlich hohen Aufwand steckten die Entwickler in den Zeitmesser, der in der Mitte der Armaturentafel thront. Dabei soll es sich um das komplexeste Rolls-Royce-Zifferblatt handeln, das jemals geschaffen wurde. Allein die Montage war ein fünfmonatiger Prozess, dem mehr als zwei Jahre Entwicklungszeit vorausgingen. Die Uhr verfügt über ein geometrisches Guillochemuster aus Rohmetall mit 119 Facetten – eine symbolische Anspielung auf das Erbe der Marke, die 119 Jahre zuvor startete. Das Zifferblatt umfasst außerdem teils polierte, teils gebürstete Zeiger und 12 "Chaplets" (Stundenmarkierungen), die jeweils nur 0,1 mm dick sind. Um die Lesbarkeit der Uhr zu gewährleisten, haben Spezialisten jedem Kranz eine Füllbrücke verliehen und ihn von Hand mit einer Kamera bemalt, die ein Bild bis zu 100-fach vergrößern kann.
Anstatt die Minutenanzeige der Uhr zu eloxieren, wie es bei der Uhrenherstellung üblich ist, versahen sie die Rolls-Royce-Spezialisten mit einer Keramikbeschichtung, die aufgrund ihrer Stabilität im Laufe der Zeit und ihrer ästhetischen Vorzüge ausgewählt wurde. Kleine Bereiche der Beschichtung wurden mit dem Laser weggeätzt, um die Spiegeloberfläche des darunter liegenden Aluminiummaterials freizulegen.
Antrieb vergleichsweise zurückhaltend
Wer sich angesichts solcher Details tatsächlich noch für so banale Themen wie Motor oder Getriebe interessiert, dem sei versichert, dass es traditionell genügend Leistung in einem Rolls-Royce gibt. Alle vier Droptails setzen auf den fast sieben Liter großen V12 mit annähernd 600 PS und 900 Newtonmeter Drehmoment.
Video: Der Rolls-Royce Droptail Amethyst im Detail
Die Kraft wird dabei über eine Achtstufen-Automatik an alle vier Räder geschickt. Ob die jemals auch höhere Gänge und nicht nur die fürs Concours-Rangieren nutzen wird, darf bezweifelt werden. Schließlich handelt es sich bei diesen Autos kaum um Alltagscruiser. Vielmehr sind es exklusive Kunstwerke auf vier Rädern, die in Preisregionen weltbekannter Gemälde rangieren. Was genau ein Droptail kostet, hat Rolls-Royce bisher nie bekannt gegeben. Zweistellige Millionensummen werden bei einem solchen Auftrag allerdings ganz sicher den Besitzer wechseln. © auto motor und sport
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