Radfahrer sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Autofahrer sind deshalb dazu angehalten, Rücksicht mit den schwächeren Verkehrsteilnehmern walten zu lassen. Ein Freifahrtschein für Fahrradfahrer ist das natürlich nicht. Auch sie müssen sich an geltende Verkehrsregeln halten - und im Falle eines Fehlverhaltens Schadensersatz leisten.

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In Großstädten treffen Fahrrad- und Autofahrer auf engem Raum aufeinander - Ärger ist da quasi vorprogrammiert. Viele Radler legen die Verkehrsregeln für sich selbst etwas großzügiger aus, dabei sind sie es, die im Falle eines Unfalls zumeist den Kürzeren ziehen. Dass auch Radfahrer Schadensersatz an Autofahrer leisten müssen, wenn sie deren Vorfahrt missachten, hat das Oberlandesgericht Oldenburg nun anhand eines konkreten Falls entschieden (Az.: 1 U 19/14).

Radfahrerin missachtete Vorfahrt eines Autofahrers

Der vor Gericht verhandelte Unfall ereignete sich im Februar 2012 in Oldenburg. Gegen 6 Uhr morgens fuhr eine 20-Jährige mit dem Fahrrad stadtauswärts, als ihr ein stadteinwärts fahrender Pkw entgegenkam. Die Radfahrerin bog links ab und nahm dem geradeaus fahrenden Auto damit die Vorfahrt - es kam zur Kollision. Die Radlerin verletzte sich schwer, als sie gegen Windschutzscheibe und Dachkante des Pkw prallte, der Autofahrer erlitt einen Schock. Da die Versicherung der jungen Frau nur 50 Prozent des Schadens am Auto übernahm, zog der Halter vor Gericht. Er forderte die vollständige Schadensregulierung sowie die Zahlung von Schmerzensgeld.

Vollständige Verantwortung für den Unfall

Das Landgericht Oldenburg gab der Klage weitgehend statt, die Berufung der Radfahrerin wurde vom Oberlandesgericht abgewiesen. Als Begründung gab das Gericht an, dass die junge Frau alleine für den Unfall verantwortlich sei. Der Autofahrer sei weder zu schnell gewesen noch habe er die Abbiegeabsicht der Radfahrerin rechtzeitig erkennen können. Selbst der übliche Haftungsanteil von Pkw-Fahrern in Höhe von 20 bis 25 Prozent, der sich aus der Betriebsgefahr von Autos ergibt, entfiel in diesem Fall, da die volljährige Radfahrerin eindeutig gegen die Vorfahrtsregeln verstieß. Sie muss dem Autofahrer also den vollständigen Schaden ersetzen sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zahlen.

Verkehrsregeln gelten auch für Fahrradfahrer

Als Fahrradfahrer sollten Sie sich daher nicht nur zum eigenen Schutz an geltende Verkehrsregeln halten. Verschulden Sie einen Unfall, können Sie sich nicht allein auf ihren Status als schwächerer Verkehrsteilnehmer berufen. Zwar handelt es sich in dem verhandelten Fall nur um eine Einzelentscheidung. Wenn die Schuldfrage allerdings so eindeutig zu klären ist, könnten andere Gerichte genauso entscheiden.  © 1&1 Mail & Media/ContentFleet

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