Eigentlich schien das Kapitel Europa für Mitsubishi abgeschlossen. Doch die Ankündigung vom Rückzug verursachte einen Aufschrei – weniger in der Bevölkerung als vielmehr bei den Händlern. Tatsächlich gelang es hinter den Kulissen, die Verantwortlichen im fernen Japan davon zu überzeugen, es doch weiter in der Alten Welt zu probieren. Das Problem: Bevor Mitsubishi mit neuen Modellen zu uns auf den Markt rollt, braucht es Übergangslösungen.

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Und so landen wir nach der langen Vorrede beim Kürzel ASX. Das ist bei Mitsubishi bekannt. Das neue Auto dazu ebenfalls. Nur eben nicht als Mitsubishi, sondern als Captur. Richtig, vom langjährigen Partner Renault. Badge Engineering heißt das auf Neudeutsch. Klingt nach Etikettenschwindel? Na, dann schauen wir mal, was Mitsubishi verändert hat und wie sich der ASX gegen Seat Arona und Toyota Yaris Cross schlägt.

Tatsächlich klebt Mitsubishi einfach seine drei Marken-Diamanten auf Kühlermaske, Lenkrad, Schlüsselkarte und Radzierblenden und ersetzt die Raute am Heck durch eine Rückfahrkamera. Das klingt nach Notlösung, doch das heißt nicht, dass dies eine solche sein muss. Schließlich ist der Captur durchaus ansehnlich – Diamanten hin, Raute her. Zudem bietet Mitsubishi viel mehr Garantie als Renault: fünf Jahre (bis zu 100.000 km), bei ausstattungsbereinigt nur ca. 1.000 Euro Mehrpreis.

Der Wahljapaner tritt zum Test zwar mit dem nominell kräftigsten Motor, jedoch in der zweckmäßigen Plus-Ausstattung (28.390 Euro) an. Das merkt man beim Testwagen zum einen daran, dass uns das Hartplastik etwas plumper entgegenschlägt, als wir es gewöhnt sind, und Annehmlichkeiten wie Ambiente-Licht oder das Navi fehlen. Diese Optionen können teils nicht separat geordert werden, sondern sind an andere Ausstattungslinien samt Motoren und Getriebe gekoppelt. Zwangsläufig verbindet man so im Testwagen das Handy via Kabel zum Navigieren. Doch das stört genauso wenig wie analoge Instrumente, die sich bestens ablesen lassen. Die Bedienung ist natürlich typisch Renault, was Markenkenner am Bediensatelliten für die Lautstärke erkennen.

Der Mitsubishi ASX, mehr Franzose als Japaner

Ebenfalls französisch: der Fahrkomfort. So federt der ASX in diesem Trio am komfortabelsten, da das Fahrwerk lange Wellen am souveränsten verarbeitet. Zum Komfort-Charakter fehlt nur noch ein adaptiver Tempomat. Dafür geht es innen subjektiv leiser zu als im Arona und Yaris. Auf den erhöhten Sitzen stören manch einen die weit nach vorn ragenden Kopfstützen und fehlende verstellbare Lordosenstützen. Hinten behindert die heruntergezogene Dachlinie den Einstieg, dafür lässt sich die Rückbank verschieben und der höhenverstellbare Ladeboden herausnehmen.

So weit, so bekannt. Und wie sieht’s fahrdynamisch aus? Nun, begleitet von leichten Traktionsproblemen, wirkt der ASX am engagiertesten. Er hat mit dem 140 PS starken 1,33-Liter-Vierzylinder ja auch am meisten Kraft unter der Haube und bestätigt das mit überlegenen Spurtwerten. Schade nur, dass sein Sechsgang-Schaltgetriebe über lange Wege verfügt. Die Lenkung ist weder rückmeldungsstark noch frei von Antriebseinflüssen, zudem wirkt sie stößig. Und: In Kurven gerät der ganze Aufbau ins Wanken. Ein Kurvenfreund ist der ASX jedenfalls nicht.

Kleinwagen Toyota Yaris ganz Cross

Ein Kurvenräuber ist auch der Toyota nicht. Der setzt aber auf einen reinen Stammbaum: Unter dem Cross steckt, na klar, die Plattform des Yaris. Trotzdem tritt der Crossover eigenständig auf. Ihn treibt an der Vorderachse der bekannte Hybridverbund aus 1,5-Liter-Benziner (92 PS) und 80 PS starkem Elektromotor an, die sich zusammen mit einem zusätzlichen, rund 5 PS schwachen E-Motor an der Hinterachse zu 116 PS Systemleistung addieren und vor allem beim Sparen helfen sollen. In der Stadt gelingt das Antriebsschauspiel samt Planetengetriebe am besten. Tatsächlich liegt er mit einem Testverbrauch von 5,9 l/100 km klar vorn (ASX: 6,9 l, Arona: 6,7 l).

Allerdings ist der dröhnige Dreizylinder schon bei Teillast so präsent wie ein Schiffsdiesel. Bei Volllast legt er sich zwar tüchtig ins Zeug, doch das Erreichen der theoretisch möglichen Höchstgeschwindigkeit ist kein Sprint, sondern ein Ausdauerlauf. Dabei bringt der kurze Radstand in Verbindung mit dem erhöhten Aufbau sowie der straffen Fahrwerksauslegung Unruhe ins Auto. In Kurven schiebt der Cross erst über die Vorderräder, bis beim AWD-i der zweite Elektromotor auf die Hinterräder wirkt und so tatsächlich etwas Agilität ins Heck bringt. Dabei poltert der Cross selbst über intakte Landstraßen.

Schicker, kleiner, teurer

Das passt nicht so recht zum Rest: Einsteigen gelingt dank leicht erhöhter Sitzposition erfreulich komfortabel, und auch die Eingewöhnung verläuft problemlos. Mit zahlreichen Tasten auf den Lenkradstegen lassen sich zum einen der etwas verschachtelte Bordcomputer und zum anderen die Fahrassistenten zielsicher bedienen. Viele Helfer hat der Testwagen seinen Kontrahenten dabei voraus: Die Japaner bringen sogar eine Bergabfahrkontrolle in den Cross. Okay, echte Geländeambitionen scheitern trotz Allradantrieb an der überschaubaren Bodenfreiheit samt Trittbrettern.

Jedoch verwöhnt der Mini-SUV mit oberklassigen Features wie Head-up-Display und Matrix-LED-Scheinwerfern (1440 Euro im Paket). Im aufgesetzten Infotainment-Screen mit optionaler JBL-Soundanlage finden Sie sich ebenfalls schnell zurecht und freuen sich über eine echte Home.Taste sowie Tasten für die Lautstärkeregelung. Dabei verstreut Toyota ein paar Ablagemöglichkeiten im Cockpit, die aber etwas klein ausfallen. Das gilt auch für den Stauraum im Heck, der sich mit einer dreiteiligen Lehne erweitern lässt.

Für diese Klasse üblich sind die harten Kunststoffe, die hin und wieder leicht vibrieren. Doch Toyota gibt sich Mühe, alles ansehnlich zu gestalten und mit Stoff- und Metall-Elementen aufzuhübschen.

Und was gibt’s sonst noch? Unter anderem die Kleinigkeit von 15 Jahren Garantie bei regelmäßiger Wartung. Allerdings hat das alles seinen Preis: ab 35.120 Euro. Damit steht er über 8.000 Euro teurer als der Arona mit FR-Ausstattung in der Preisliste, bei dem Sie jedoch einige der Annehmlichkeiten extra zahlen müssen, die der Yaris Cross in der Adventure-Version serienmäßig bietet.

Noch lange kein altes Eisen, der Seat Arona

Dennoch ist der Seat hier das Schnäppchen. Eines, das schon länger nicht mehr in der Redaktion zu Gast war. Klar, Cupra hat Vorrang. Und Seat? Ist bald nur noch Mobilitätsdienstleister. Schade, denn der Arona glänzt mit bewährten Tugenden. Die Bedienung stammt noch aus glorreichen VW-Zeiten: durchdacht, intuitiv bedienbar, ohne deshalb völlig altbacken rüberzukommen.

Wie im Toyota gelingt die Verwaltung des Bordcomputers einfach via Lenkradtasten und -walzen. Auch die Klimaanlage justiert man hier mit Drehreglern. Mehr Aufmerksamkeit verlangt da schon das modernisierte Infotainment-System (ab 1.200 Euro), das zwar mit Funktionsfülle lockt, allerdings auch mit kleinen Symbolen überladen wurde.

Klar, auch hier kommt innen viel hartes Plastik zum Einsatz. Das peppt Seat mit roten Ziernähten sowie Dekoelementen auf und organisiert den Arona innen betont pragmatisch: Von der Trinkflasche über das Handy bis hin zum Rucksack findet alles schnell seinen Platz. Das digitale Cockpit lässt sich vielfach individualisieren, was wenig an der groben Tacho-Skalierung ändert.

Der Fahrer sitzt hier weniger erhöht und mit spürbar mehr Seitenhalt als in Toyota und Mitsubishi. Hinterbänkler reisen auf der bequem gepolsterten und gut ausgeformten Rückbank übrigens am liebsten im Arona mit. Große Türausschnitte erleichtern dabei das Anschnallen der Jüngsten im Kindersitz. Allerdings fehlen hinten Lüftungsausströmer. Praktisch sind Taschenhaken und der höhenverstellbare Ladeboden mit Ersatzrad darunter sowie die im Verhältnis 40:60 geteilt umlegbare Rücksitzlehne. Dabei verstaut er mit maximal 1.280 Litern so viel wie der ASX und deutlich mehr als der Yaris.

Munter, agil und kräftig

Alles sicher verstaut? Gut, denn im Arona bereitet flottes Kurvenfahren – kaum zu glauben – durchaus Spaß. Die Lenkung agiert präzise, direkt und vergleichsweise feinfühlig. So flitzt der Arona fast schon lustvoll durch Kurven. Dabei hilft die straffere, aber nicht unkomfortable Abstimmung des Fahrwerks. Somit wankt der Seat spürbar weniger und wirkt direkter angebunden als die Konkurrenten. Ausbremsen lässt er sich von denen ohnehin nicht: Mit 36,3 Metern steht er aus Tempo 100 früher als der Mitsubishi (38,1 Meter) und der Toyota (37,3 Meter) wieder still.

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Unter der Haube werkelt ein 1,0-Liter-Dreizylinder, und zwar einer von der schnurrigen Sorte. Nur wenn man kräftig beschleunigt, bekommen die Insassen etwas von seinem Treiben mit. Okay, gefühlt könnte der TSI noch etwas besser vorwärtsgehen, dennoch ist er in puncto Leistung im Alltag völlig ausreichend. Der Fahrer hat dafür alle Hände voll zu tun – was positiv gemeint ist. Denn Gangwechsel machen mit der manuell schaltbaren Sechsgangbox richtig Freude: Das Getriebe ist kurz gestuft und präzise führbar. Und so gewinnt der Spanier am Ende locker gegen Fake- und echten Japaner.  © auto motor und sport

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