Der Suzuki Jimny gehört zu den Exoten auf Deutschlands Straßen. Doch immer dann, wenn der erste Schnee des Winters fällt, scheint dessen Verbreitung sprunghaft zuzunehmen. Besonders oft sieht man den kleinen japanischen Offroader dann mit einem Schneeschild am Vorderwagen, manchmal auch mit einer Streuvorrichtung am Heck. Doch warum ist gerade dieser Suzuki als Räumfahrzeug so beliebt bei Hausmeister- und Winterdiensten?
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Marco-André Fürst bestätigt den allwinterlichen Eindruck: "50 Prozent meiner Kunden wollen einen Jimny für diesen Zweck einsetzen", sagt der Inhaber der im bayerischen Memmingen ansässigen Firma "Schneefürst", die auf Umbau, Verkauf und Wartung von Winterdienst-Fahrzeugen spezialisiert ist. Das sei aber auch kein Wunder, denn nur dieses Modell biete ein Paket an Eigenschaften, das für diesen speziellen Anspruch perfekt geschnürt sei.
"Schmal, wendig, mehr Kraft"
"Unsere Kunden schätzen seine Wendigkeit und die schmale Spur", sagt Fürst über das 3,48 Meter lange und 1,65 Meter breite Kultmobil, dessen Wendekreis nicht einmal zehn Meter beträgt. Zudem muss lediglich das Fahrwerk mit neuen Federn aufgerüstet werden, damit der Offroader die nötigen Achlasten erreicht und sich das zulässige Gesamtgewicht erhöht. Hier profitiert er von seinem verbesserten Leiterrahmen, den Suzuki beim Jimny GJ gegenüber dem Vorgängermodell FJ mit neuen X- und Querträgern verstärkt hat.
"Der Motor hat zudem spürbar mehr Kraft", erklärt der Experte. Ein Kraftmeier ist der Jimny mit seinem 102 PS und maximal 130 Newtonmeter starken 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner zwar nicht gerade. Doch im Vergleich zum Vorgänger, der maximal 86 PS bot, bedeuten die technischen Daten einen klaren Fortschritt. Hinzu kommt die ausgereifte Antriebstechnik, deren Stärken beim Einsatz im Schnee voll zur Geltung kommen: per Hebel zuschaltbarer Allradantrieb, Getriebereduktion und eine elektronisch über radselektive Bremseingriffe simulierte Quersperre.
Jimny besser als Niva
Marco-André Fürst, der selbst Winterdienst-Aufgaben übernimmt und einen Jimny im Fuhrpark hat, und seine Kunden würdigen vor allem dessen Zuverlässigkeit und Robustheit. "Da spürt man einfach die japanische Qualität", sagt der Experte. Diese sei ein großer Vorteil gegenüber dem Lada Niva, der zwar auch seine Fans habe, aber schneller roste, aufgrund seiner schwachen Elektrik öfter liegenbleibe und mit seiner hakeligen Schaltung nerve. "Da passt die Grundsubstanz nicht", lautet die ernüchternde Einschätzung des Winterdienst-Experten. Hinzu kommt ein Problem seit der Invasion in der Ukraine: Aufgrund der Sanktionen gegen Russland sei inzwischen die Ersatzteilversorgung für das Geländewagen-Urgestein kritisch.
Den Jimny gibt es dagegen auf Wunsch sogar mit einem vierstufigen Automatikgetriebe (serienmäßig ist eine manuelle Fünfgang-Schaltung an Bord). Und zudem mit allerlei Annehmlichkeiten wie Klimaautomatik, Sitzheizung und beheizbaren Außenspiegeln, die besonders im Winter das Wohlbefinden der Arbeiter spürbar erhöhen. Suzuki stattet den Geländewagen obendrein mit diversen optionalen Komfort- und elektronischen Sicherheits-Merkmalen aus. "Und den Jimny muss man nur regelmäßig waschen, dann rostet er auch nicht", sagt Fürst.
Günstiger Winterdienstler
Hinzu kommt natürlich der finanzielle Aspekt. Zu den niedrigen Unterhaltskosten gesellt sich ein vergleichsweise geringer Einstiegspreis. Marco-André Fürst rechnet vor: "Aktuell kostet ein Ford Ranger mit kompletter Winterdienst-Ausstattung bei uns mindestens rund 65.000 Euro netto. Der Jimny kommt mit vergleichbarem Equipment auf einen Einstiegspreis von 46.000 bis 50.000 Euro netto", sagt der Händler. Was übrigens etwa 10.000 Euro mehr ist als vor rund zwei Jahren. Wer unbedingt einen Pick-up haben möchte, kann übrigens ebenfalls einen Jimny wählen: Bei Schneefürst ist der Pritschen-Umbau der österreichischen Firma Lagermax mit Winterdienst-Ausstattung ab ungefähr 58.000 Euro erhältlich.
Doch obwohl die Nachfrage stets groß war, sich das Auto perfekt für den Winterdienst eignet und viele Anbieter von Schneeräum- und Streu-Ausrüstung wie The Boss, Hilltip und Lehner das passende Equipment anbieten, konnte Marco-André Fürst lange keine Jimnys verkaufen. Dafür gab es zwei zentrale Gründe. Erstens: Suzuki konnte nicht genug Autos produzieren und liefern, um die enorme Nachfrage zu befriedigen. Für gewerbliche Kunden kam erschwerend hinzu, dass vor allem bei privaten Käufern der Kultfaktor voll durchgeschlagen war. Manche Interessenten boten Summen von 10.000 Euro über dem Listenpreis, um sich den Jimny als Spaßauto zu sichern. Für Hausmeisterdienste schlicht nicht leistbar.
Rückkehr als Nutzfahrzeug
Eine weitere Ursache, warum der Jimny in Deutschland nicht erhältlich war, war sein Abgasverhalten. Der nicht sonderlich verbrauchsarme Offroader belastete Suzukis CO2-Flottenausstoß über Gebühr, weshalb sich die Japaner ursprünglich für einen Verkaufsstopp ab 2021 entschieden hatten. Doch für dieses Problem hatte Suzuki kurze Zeit später eine Lösung gefunden: Der Jimny kehrte als N1-Nutzfahrzeug ins Angebot zurück; für diese Klasse liegt der CO2-Grenzwert deutlich höher. Zwar darf der Offroader dann keine Fondsitze mehr haben, aber die gewerblichen Käufer wissen das dadurch gewonnene Kofferraumvolumen sicher zu schätzen. © auto motor und sport
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