Lassen sich Aufnahmen von im Auto installierten Kameras, sogenannten Dashcams, vor Gericht verwenden? Nein, sagt das Amtsgericht München. Konkret wollte eine Frau einen Parkrempler mit dem Videobeweismaterial zur Anzeige bringen – jetzt musste sie eine Strafe zahlen.
Es ist ärgerlich: Immer wieder wird der eigene Pkw von Kratzern und Beulen durch Parkrempler von anderen Autofahrern oder unvorsichtigen Radlern in Mitleidenschaft gezogen. Um das Verschulden von Dritten zu beweisen, bieten sich seit einigen Jahren kleine Dashcams an, die entweder nur an der Frontscheibe, oder gleich vorne und hinten im Auto installiert werden.
Sie nehmen während der Fahrt oder auch bei Stillstand des Fahrzeuges die Umgebung auf und können so potenzielle Übeltäter entlarven. Doch wer laufend den öffentlichen Verkehrsraum aufzeichnet, und diese Aufnahmen speichert, verstößt gegen den Datenschutz, entschied das Amtsgericht München.
Dashcams verstoßen gegen das Persönlichkeitsrecht
So geschehen im Raum München: Eine Autofahrerin wollte einen Schaden vor Gericht bringen, den ein anderer Autofahrer an ihrem Wagen verursacht hatte. Das Fahrzeug der Fahrerin war zu diesem Zeitpunkt auf einem Parkplatz am Fahrbahnrand geparkt. Die Dashcams, die die Frau in dem Fahrzeug aktiviert hatte, zeichneten den Vorgang auf. Mit den Aufnahmen ging sie anschließend zur örtlichen Polizei, um den Vorfall anzuzeigen und den Schaden von der Versicherung des Unfallgegners erstattet zu bekommen.
Doch die Reaktion der Beamten war nicht wie erhofft: Die Polizei leitete ein Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz ein, woraufhin die Autofahrerin wiederum Einspruch einlegte, da sie keine Daten erheben, sondern lediglich potenzielle Sachbeschädigungen an ihrem Fahrzeug aufklären wollte. Außerdem seien die Fahrer der aufgezeichneten Autos nicht erkennbar gewesen.
Doch das Amtsgericht in München kam zu der gleichen Entscheidung wie die Beamten: Das Recht der gefilmten Personen auf informationelle Selbstbestimmung überwiege hier das Interesse der Betroffenen an der Aufdeckung einer möglichen Straftat. Dem Gericht ging es um etwas Grundsätzliches: Eine permanente Überwachung durch Privatpersonen im öffentlichen Raum könne nicht hingenommen werden. Daher sei solches Material auch nicht bei Behörden als Beweismittel zu verwenden.
Autofahrerin muss für Dashcam-Aufnahme 150 Euro zahlen
Zwar hatte die Frau aufgrund eines Vorschadens an ihrem Fahrzeug, der auf ähnliche Art und Weise entstanden war, einen persönlichen Anlass für die Überwachung. Die von der Behörde festgesetzte Geldstrafe für den Verstoß gegen das Datenschutzgesetz in Höhe von 150 Euro blieb ihr dennoch nicht erspart.
Dashcam-Verwendung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt
Dass das Thema der Dashcam-Verwendung in Deutschland umstritten bleibt, zeigt ein anderes Urteil. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg entschied im vergangenen Jahr im Interesse des Beweisführers. Dieser hätte einen Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz und auf rechtliches Gehör, was das Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht insbesondere dann überwiege, wenn andere zuverlässige Beweismittel nicht zur Verfügung stünden.
Ein wesentlicher Unterschied zum Fall aus München bestand aber offenbar in der Konfiguration der Dashcam. Diese war so eingerichtet, dass sie nur bei starker Erschütterung ein insgesamt 30 Sekunden langes Aufzeichnungssegment aus dem Zwischenspeicher dauerhaft auf die eingesetzte SD-Karte speicherte, aber keine permanente Aufzeichnungsspeicherung erfolgte.
Selbst, wenn man das Interesse unbeteiligter Dritter miteinbeziehen würde, stünde aufgrund der lediglich theoretischen und unwahrscheinlichen Speicherung der Videosequenzen auch aus datenschutzrechtlicher Sicht einer Verwertung der Dashcam-Aufzeichnung nichts entgegen, so ein Teil der weiteren Begründung durch das OLG Nürnberg. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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