Die Element-Versicherung steckt in einem vorläufigen Insolvenzverfahren. Unter den 410.000 Kunden sind auch Autofahrer – und die wissen meist nicht einmal, dass sie betroffen sind. Wir verraten, was die Insolvenz bedeutet und was zu tun ist.
Vor wenigen Tagen endete die alljährliche Versicherungswechsel-Saison und viele Autofahrer haben ihre Assekuranz auf den Prüfstand gestellt, Tarife verglichen, Services gegenübergestellt und sich oft auch für einen neuen Versicherungspartner entschieden.
Worauf die wenigsten Autofahrer aber achten, ist die Frage, wer im Schadenfall für das Risiko geradesteht und bezahlt. Denn vor allem viele kleine, vermeintlich innovative und günstige Versicherungen übernehmen das nicht mehr selbst. Sie bündeln das Risiko in einer übergeordneten Gesellschaft, bei einer White-Lable-Versicherung, die nicht direkt mit dem Versicherungsnehmer in Kontakt tritt. Eine solche Gesellschaft ist die Element Insurance AG, für die die zuständige Bundesbehörde BaFin im Dezember einen Insolvenzantrag gestellt hat. Seit dem 8. Januar 2025 ist das vorläufige Verfahren eröffnet – und damit beginnt das Bangen für mehr als 400.000 Versicherte.
Betroffen von der Element-Pleite
Denn die Element-Versicherung gilt unter anderem für Produkte folgender Versicherungen als Risikoträger – also die Instanz, die im Ernstfall zur Kasse gebeten wird.
- Auto Protect
- Asspario*
- Die Bayerische*
- direkt-AS
- Friday*
- hepster
- Manufaktur Augsburg *
- Panda*
- Schutzgarant
Quelle: Bund der Versicherten
*diese Versicherungen haben nach Anfrage von auto motor und sport angegeben, keine Kfz-Versicherungen oder Kfz-nahen Versicherungen wie Leasingversicherungen anzubieten
Versicherte bekommen keine Erstattung
Für Kunden der betroffenen Versicherungen heißt das, ihre Schadenansprüche werden möglicherweise nicht oder nur unvollständig bedient. Laut der Versicherungsaufsicht BaFin sind derzeit alle Zahlungen ausgesetzt. Gerade für Autofahrer wäre das ein großes Problem, wenn etwa die Haftpflichtversicherung nicht mehr bezahlt und der Autofahrer auf den Kosten sitzen bleibt. Denn bei einem Autounfall können die gern auch in die Millionenhöhe schnellen können, wenn es etwa um Personenschäden geht.
Laut dem Bund der Versicherten sind bisher nicht alle Betroffenen von der Insolvenz von Element und die Auswirkungen auf ihren Versicherungsschutz informiert worden. Allen Betroffenen wird daher geraten, sich direkt mit dem Versicherer in Verbindung zu setzen und in den Vertragsunterlagen zu schauen, ob die Element-Versicherung als sogenannter Riskoträger auftaucht.
Kfz-Haftpflichtversicherung nicht betroffen
Autofahrer müssen sich bezüglich ihrer Haftpflichtversicherung allerdings keine allzu großen Sorgen machen. Denn für die ist die sogenannte Verkehrsopferhilfe (VOH) zuständig und muss jeden Fall abwickeln, sobald ein Versicherer Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens ist, erklärt eine Sprecherin des Gesamtverband der Versicherer (GdV) gegenenüber auto motor und sport. Für die Element-Versicherung gilt das damit grundsätzlich auch.
Fraglich bleibt allerdings, was aus Ansprüchen wie einer Kaskoversicherung wird. Denn hier greift die VOH nicht. Kommt bei Autofahrern also die Vollkasko oder Teilkasko-Versicherung, etwa bei einem Steinschlag, zum Zug, kann es sein, dass der versicherte Autofahrer auf seinem Schaden sitzen bleibt.
Wie finde ich heraus, ob ich betroffen bin?
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz empfiehlt Autofahrern ihre Unterlagen zu prüfen, um herauszufinden, ob auch ihre Versicherung von der Element-Insolvenz betroffen ist. Die Element Insurance AG ist dort dann entweder als Kooperationspartner oder Risikoträger genannt.
Was muss ich als Betroffener tun?
Ist das der Fall, sollten sich die Versicherungsnehmer umgehend mit dem Versicherungsvermittler in Verbindung setzen und Optionen prüfen. Laut Philipp Wolf, Referent Versicherungen bei der Verbraucherzentrale RLP, "können Forderungen nur noch unter Vorbehalt des Insolvenzverwalters und nach Maßgabe des Sicherungsvermögens bedient werden." Im Ernstfall wird von der Element also nicht reguliert.
Darf ich noch am Straßenverkehr teilnehmen?
Laut Verbraucherzentrale laufen die Versicherungsverträge grundsätzlich weiter und für die Kfz-Haftpflichtversicherung besteht auch weiterhin der Sicherungsfonds nach § 12 des Pflichtversicherungsgesetzes. So werden Haftpflichtschäden weiterhin von der VOH (Verkehrsopferhilfe) übernommen. Kaskoschäden, zu denen auch Teilkasko und Leasingversicherungen gehören, fallen allerdings nicht unter den Sicherungsfonds.
Sollte ich mein Auto lieber stehen lassen?
Hier gibt es keine eindeutige Antwort vom Experten der Verbraucherzentrale. Es gebe zwar Sicherungsmechanismen für die Geschädigten, wie den VOH, im Falle eines Unfalls können aber komplizierte Fallkonstellationen entstehen, bei denen etwa gegen den Fahrzeughalter Schadenersatzforderungen geltend gemacht werden können. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass Schadenszahlungen durch die Versicherung im Insolvenzverfahren vorerst ausbleiben.
Was passiert im Schadenfall, wenn die Element nicht zahlt?
"Grundsätzlich besteht im Insolvenzverfahren lediglich ein anteiliger Anspruch am Sicherungsvermögen" so Wolf. Also dem Vermögen, das die Versicherung für derlei Fälle zur Begleichung von Haftplichtangelegenheiten zurücklegen müssen. "Andernfalls würde die Verkehrsopferhilfe e.V. für den Rest einstehen." Darüber hinaus besteht aber nur ein anteiliger Ausgleichsanspruch. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass in einigen Fällen Klagen gegen Fahrer oder Halter auf Schadenersatz erhoben werden. Diese sind dann nicht mehr gedeckt.
Habe ich durch die Insolvenz ein Sonderkündigungsrecht?
Gemäß § 314 BGB besteht bei Dauerschuldverhältnissen, zu denen auch Versicherungsverträge gehören, die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit eines Versicherungsunternehmens können in diesem Fall einen wichtigen Grund darstellen. Versicherte sollten daher prüfen, ob sie sich auf diese Weise aus dem Vertrag lösen können.
Sollte ich eine neue Versicherung suchen?
Eine klare Empfehlung kann an dieser Stelle des Insolvenzverfahrens keiner der angefragten Experten aussprechen. Allen Versicherten sollte aber klar sein, dass die Element Versicherung derzeit keine Schadenforderungen begleichen kann und daher vermutlich nicht den Leistungsumfang bietet, den ein Versicherungsnehmer erwartet. Entsprechend sollten Versicherte ihren Versicherungsmakler aufsuchen und mit ihm die Optionen besprechen.
Bekomme ich meine Versicherungsprämie zurück?
Laut dem Bund der Versicherten ist es möglich, seine Versicherungsprämie anteilig zurückzufordern. Allerdings zähle man damit zum selben Kreis an Gläubigern, die auch Forderungen gegenüber der Element haben. Im Zuge des Insolvenzverfahrens kann es daher sein, dass die Prämie nur anteilig erstattet wird.
Stellungnahmen der betroffenen Versicherungen
Die Element Insurance AG selbst hat sich auf auto-motor-und-sport.de-Anfrage bislang nicht gemeldet, Stellung bezogen oder erklärt, wie man mit betroffenen Kunden im Schadenfall verfahren will. Lediglich der vorläufige Insolvenzverwalter hat sich gemeldet und um Verständnis gebeten, dass man sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht zu Details äußern könne.
Wie aus Kreisen der betroffenen Versicherungen zu hören ist, arbeiten die Unternehmen aber bereits an einer Lösung, die auch zeitnah vorgestellt werden soll. So will die Bayerische Versicherung etwa allen Kunden ihrer betroffenen Fahrradversicherung ein Angebot machen, unkompliziert direkt zu ihr zu wechseln. Das geht, da die Bayerische bislang nur als Vermittler der Element aufgetreten ist. Andere, wie die Asspario-Versicherung gab an, bereits seit letztem Jahr keine neuen Versicherungen mit Element vertrieben zu haben. Lauf Friday seien lediglich bei den Unfallversicherungen, die von September 2022 bis Ende 2024 vermittelt wurden, von der Insolvenz der Element Insurance AG betroffen. Im Bereich der Autoversicherungen bestehe keine Auswirkung auf den Versicherungsschutz.
Versicherungen wie Auto Protect, die auto-motor-und-sport.de ebenfalls anfragte, haben sich bis zur Veröffentlichung des Artikels nicht geäußert, wie sie ihre Kundeninteressen durch die Insolvenz von Element weiter schützen möchten. Ebenso konnten wir nicht in Erfahrung bringen, welche Lösungen für die Versicherten seitens Auto Protect im Raum stehen. Zudem stehen zum Redaktionsschluss noch die Rückmeldungen von direkt AS und Schutzgarant aus. Hepster antwortete, möchte sich allerdings überhaupt nicht äußern und nicht einmal mitteilen, ob überhaupt Autofahrer betroffen sind. © auto motor und sport
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